Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Trutz Simplex. Utopia [i. e. Nürnberg], 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

Als sich nun der Hertzog aus Bäyern
vom Bucquoy separirte, gieng der Bäy-
er vor Budweiß/ dieser aber vor Bra-
goditz; Budweiß ergab sich bey Zeiten/
und thät sehr weißlich/ Bragoditz aber
erwartet und erfuhr den Gewalt der
Käiserlichen Waffen/ welche auch mit
den Halsstarrigen grausam umbgien-
gen; da nun meine Kostfrau schmeckte/
wo die Sach hinaus wolte/ sagte sie
zeitlich zu mir/ Jungfrau Libuschka/
wann ihr eine Jungfrau bleiben wolt/
so müst ihr euch scheeren lassen/ und
Manns-Kleider anlegen/ wo nicht/ so
wolte ich euch keine Schnalle umb euer
Ehre geben/ die mir doch so hoch befoh-
len worden zu beobachten; ich dachte/
was vor frembde Reden seyn mir das?
Sie aber kriegte eine Scheer/ und schnit-
te mir mein goldfarbes Haar auf der
rechten Seiten hinweg/ das auf der Lin-
cken aber liesse sie stehen/ in aller Maß
und Form/ wie es die vornembste Manns-
Personen damals trugen; so/ mein
Tochter! sagte sie/ wann ihr diesem

Strudel
B

Als ſich nun der Hertzog aus Baͤyern
vom Bucquoy ſeparirte, gieng der Baͤy-
er vor Budweiß/ dieſer aber vor Bra-
goditz; Budweiß ergab ſich bey Zeiten/
und thaͤt ſehr weißlich/ Bragoditz aber
erwartet und erfuhr den Gewalt der
Kaͤiſerlichen Waffen/ welche auch mit
den Halsſtarrigen grauſam umbgien-
gen; da nun meine Koſtfrau ſchmeckte/
wo die Sach hinaus wolte/ ſagte ſie
zeitlich zu mir/ Jungfrau Libuſchka/
wann ihr eine Jungfrau bleiben wolt/
ſo muͤſt ihr euch ſcheeren laſſen/ und
Manns-Kleider anlegen/ wo nicht/ ſo
wolte ich euch keine Schnalle umb euer
Ehre geben/ die mir doch ſo hoch befoh-
len worden zu beobachten; ich dachte/
was vor frembde Reden ſeyn mir das?
Sie aber kriegte eine Scheer/ und ſchnit-
te mir mein goldfarbes Haar auf der
rechten Seiten hinweg/ das auf der Lin-
cken aber lieſſe ſie ſtehen/ in aller Maß
und Form/ wie es die vornembſte Mañs-
Perſonen damals trugen; ſo/ mein
Tochter! ſagte ſie/ wann ihr dieſem

Strudel
B
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0023" n="21"/>
        <p>Als &#x017F;ich nun der Hertzog aus Ba&#x0364;yern<lb/>
vom Bucquoy <hi rendition="#aq">&#x017F;eparirte,</hi> gieng der Ba&#x0364;y-<lb/>
er vor Budweiß/ die&#x017F;er aber vor Bra-<lb/>
goditz; Budweiß ergab &#x017F;ich bey Zeiten/<lb/>
und tha&#x0364;t &#x017F;ehr weißlich/ Bragoditz aber<lb/>
erwartet und erfuhr den Gewalt der<lb/>
Ka&#x0364;i&#x017F;erlichen Waffen/ welche auch mit<lb/>
den Hals&#x017F;tarrigen grau&#x017F;am umbgien-<lb/>
gen; da nun meine Ko&#x017F;tfrau &#x017F;chmeckte/<lb/>
wo die Sach hinaus wolte/ &#x017F;agte &#x017F;ie<lb/>
zeitlich zu mir/ Jungfrau Libu&#x017F;chka/<lb/>
wann ihr eine Jungfrau bleiben wolt/<lb/>
&#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;t ihr euch &#x017F;cheeren la&#x017F;&#x017F;en/ und<lb/>
Manns-Kleider anlegen/ wo nicht/ &#x017F;o<lb/>
wolte ich euch keine Schnalle umb euer<lb/>
Ehre geben/ die mir doch &#x017F;o hoch befoh-<lb/>
len worden zu beobachten; ich dachte/<lb/>
was vor frembde Reden &#x017F;eyn mir das?<lb/>
Sie aber kriegte eine Scheer/ und &#x017F;chnit-<lb/>
te mir mein goldfarbes Haar auf der<lb/>
rechten Seiten hinweg/ das auf der Lin-<lb/>
cken aber lie&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie &#x017F;tehen/ in aller Maß<lb/>
und Form/ wie es die vornemb&#x017F;te Man&#x0303;s-<lb/>
Per&#x017F;onen damals trugen; &#x017F;o/ mein<lb/>
Tochter! &#x017F;agte &#x017F;ie/ wann ihr die&#x017F;em<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B</fw><fw place="bottom" type="catch">Strudel</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0023] Als ſich nun der Hertzog aus Baͤyern vom Bucquoy ſeparirte, gieng der Baͤy- er vor Budweiß/ dieſer aber vor Bra- goditz; Budweiß ergab ſich bey Zeiten/ und thaͤt ſehr weißlich/ Bragoditz aber erwartet und erfuhr den Gewalt der Kaͤiſerlichen Waffen/ welche auch mit den Halsſtarrigen grauſam umbgien- gen; da nun meine Koſtfrau ſchmeckte/ wo die Sach hinaus wolte/ ſagte ſie zeitlich zu mir/ Jungfrau Libuſchka/ wann ihr eine Jungfrau bleiben wolt/ ſo muͤſt ihr euch ſcheeren laſſen/ und Manns-Kleider anlegen/ wo nicht/ ſo wolte ich euch keine Schnalle umb euer Ehre geben/ die mir doch ſo hoch befoh- len worden zu beobachten; ich dachte/ was vor frembde Reden ſeyn mir das? Sie aber kriegte eine Scheer/ und ſchnit- te mir mein goldfarbes Haar auf der rechten Seiten hinweg/ das auf der Lin- cken aber lieſſe ſie ſtehen/ in aller Maß und Form/ wie es die vornembſte Mañs- Perſonen damals trugen; ſo/ mein Tochter! ſagte ſie/ wann ihr dieſem Strudel B

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670/23
Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Trutz Simplex. Utopia [i. e. Nürnberg], 1670, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670/23>, abgerufen am 18.04.2024.