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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
übrige Haußgesind/ allein auff Erden seye/ weil mir
sonst kein Mensch/ noch einige andere menschliche
Wohnung bekant war/ als die jenige/ darinn ich
täglich auß und ein gieng: Aber bald hernach erfuhr
ich die Herkunfft der Menschen in diese Welt/ und
daß sie wieder darauß müsten; ich war nur mit der
Gestalt ein Mensch/ und mit dem Nahmen ein Chri-
stenkind/ im übrigen aber nur ein Bestia! Aber der
Allerhöchste sahe meine Unschuld mit barmhertzigen
Augen an/ und wolte mich beydes zu seiner und mei-
ner Erkantnus bringen: Und wiewol er tausender-
ley Weg hierzu hatte/ wolte er sich doch ohn zweiffel
nur deß jenigen bedienen/ in welchem mein Knan und
Meüder/ andern zum Exempel/ wegen ihrer lieder-
lichen Aufferziehung gestrafft würden.

Das erste/ das diese Reuter thäten/ war/ daß sie
ihre Pferd einstelleten/ hernach hatte jeglicher seine
sonderbare Arbeit zu verrichten/ deren jede lauter
Untergang und Verderben anzeigte/ dann ob zwar
entliche anfiengen zu metzgen/ zu sieden und zu braten/
daß es sahe/ als solte ein lustig Panquet gehalten
werden/ so waren hingegen andere/ die durch-stürm-
ten das Hauß unden und oben/ ja das heimlich Ge-
mach war nicht sicher/ gleichsam ob wäre das gül-
den Fell von Colchis darinnen verborgen; Andere
machten von Tuch/ Kleidungen und allerley Hauß-
rath/ grosse Päck zusammen/ als ob sie irgends ein
Krempelmarckt anrichten wolten/ was sie aber nicht
mit zu nehmen gedachten/ wurde zerschlagen/ etliche
durchstachen Heu und Stroh mit ihren Degen/ als
ob sie nicht Schaf und Schwein genug zu stechen
gehabt hätten/ etliche schütteten die Federn auß den

Betten

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
uͤbrige Haußgeſind/ allein auff Erden ſeye/ weil mir
ſonſt kein Menſch/ noch einige andere menſchliche
Wohnung bekant war/ als die jenige/ darinn ich
taͤglich auß und ein gieng: Aber bald hernach erfuhr
ich die Herkunfft der Menſchen in dieſe Welt/ und
daß ſie wieder darauß muͤſten; ich war nur mit der
Geſtalt ein Menſch/ und mit dem Nahmen ein Chri-
ſtenkind/ im uͤbrigen aber nur ein Beſtia! Aber der
Allerhoͤchſte ſahe meine Unſchuld mit barmhertzigen
Augen an/ und wolte mich beydes zu ſeiner und mei-
ner Erkantnus bringen: Und wiewol er tauſender-
ley Weg hierzu hatte/ wolte er ſich doch ohn zweiffel
nur deß jenigen bedienen/ in welchem mein Knan und
Meuͤder/ andern zum Exempel/ wegen ihrer lieder-
lichen Aufferziehung geſtrafft wuͤrden.

Das erſte/ das dieſe Reuter thaͤten/ war/ daß ſie
ihre Pferd einſtelleten/ hernach hatte jeglicher ſeine
ſonderbare Arbeit zu verꝛichten/ deren jede lauter
Untergang und Verderben anzeigte/ dann ob zwar
ẽtliche anfiengen zu metzgen/ zu ſieden und zu braten/
daß es ſahe/ als ſolte ein luſtig Panquet gehalten
werden/ ſo waren hingegen andere/ die durch-ſtuͤrm-
ten das Hauß unden und oben/ ja das heimlich Ge-
mach war nicht ſicher/ gleichſam ob waͤre das guͤl-
den Fell von Colchis darinnen verborgen; Andere
machten von Tuch/ Kleidungen und allerley Hauß-
rath/ groſſe Paͤck zuſammen/ als ob ſie irgends ein
Krempelmarckt anrichten wolten/ was ſie aber nicht
mit zu nehmen gedachten/ wurde zerſchlagen/ etliche
durchſtachen Heu und Stroh mit ihren Degen/ als
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[18/0024] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi uͤbrige Haußgeſind/ allein auff Erden ſeye/ weil mir ſonſt kein Menſch/ noch einige andere menſchliche Wohnung bekant war/ als die jenige/ darinn ich taͤglich auß und ein gieng: Aber bald hernach erfuhr ich die Herkunfft der Menſchen in dieſe Welt/ und daß ſie wieder darauß muͤſten; ich war nur mit der Geſtalt ein Menſch/ und mit dem Nahmen ein Chri- ſtenkind/ im uͤbrigen aber nur ein Beſtia! Aber der Allerhoͤchſte ſahe meine Unſchuld mit barmhertzigen Augen an/ und wolte mich beydes zu ſeiner und mei- ner Erkantnus bringen: Und wiewol er tauſender- ley Weg hierzu hatte/ wolte er ſich doch ohn zweiffel nur deß jenigen bedienen/ in welchem mein Knan und Meuͤder/ andern zum Exempel/ wegen ihrer lieder- lichen Aufferziehung geſtrafft wuͤrden. Das erſte/ das dieſe Reuter thaͤten/ war/ daß ſie ihre Pferd einſtelleten/ hernach hatte jeglicher ſeine ſonderbare Arbeit zu verꝛichten/ deren jede lauter Untergang und Verderben anzeigte/ dann ob zwar ẽtliche anfiengen zu metzgen/ zu ſieden und zu braten/ daß es ſahe/ als ſolte ein luſtig Panquet gehalten werden/ ſo waren hingegen andere/ die durch-ſtuͤrm- ten das Hauß unden und oben/ ja das heimlich Ge- mach war nicht ſicher/ gleichſam ob waͤre das guͤl- den Fell von Colchis darinnen verborgen; Andere machten von Tuch/ Kleidungen und allerley Hauß- rath/ groſſe Paͤck zuſammen/ als ob ſie irgends ein Krempelmarckt anrichten wolten/ was ſie aber nicht mit zu nehmen gedachten/ wurde zerſchlagen/ etliche durchſtachen Heu und Stroh mit ihren Degen/ als ob ſie nicht Schaf und Schwein genug zu ſtechen gehabt haͤtten/ etliche ſchuͤtteten die Federn auß den Betten

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/24>, abgerufen am 28.03.2024.