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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Deß Weltberuffenen SIMPLICISSIMI Pralerey und Gepräng mit seinem Teutschen Michel. [Nürnberg], 1673.

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Menschen ihrer Zeit / die nur ihre eintzige Mutter-Sprach geredet? Ich gestehe es / man hat Ursach sich über sie und andere zu verwundern! hätten sie aber so heilig gelebt / und wären so selig gestorben als der heilige Kirchenlehrer Hieronymus / welcher Hebraisch / Chaldaeisch / Persisch / Medisch / Arabisch / Griechisch und Lateinisch gekönt / so hielte ichs vor kein Wunder / wann sich etliche Sprachkündige entblödeten den Unwissenden einzubilden / die Kündigkeit viler unterschidlicher Sprachen mache die Menschen nit allein vollkommen / gescheid / klug / und besser als andere / sonder sie sey auch nöthig zu dem höchsten Gut zu gelangen.

Der grosse berühmte Einsidel Antonius konte nicht allein sonst keine als seiner Mutter Sprach / sonder war auch gar deß Lesens und Schreibens ohnerfahren / und dannoch wuste er die gantze heilige Schrifft sambt ihrer Außlegung! Er war nit gereist /die Weißheit in der Frembde zusuchen / noch sie und sein Vollkommenheit in den Außländischen Sprachen zu ergreiffen / und gleichwol lieffe alle Welt: ja der Keyser

Menschen ihrer Zeit / die nur ihre eintzige Mutter-Sprach geredet? Ich gestehe es / man hat Ursach sich über sie und andere zu verwundern! hätten sie aber so heilig gelebt / und wären so selig gestorben als der heilige Kirchenlehrer Hieronymus / welcher Hebraisch / Chaldaeisch / Persisch / Medisch / Arabisch / Griechisch und Lateinisch gekönt / so hielte ichs vor kein Wunder / wann sich etliche Sprachkündige entblödeten den Unwissenden einzubilden / die Kündigkeit viler unterschidlicher Sprachen mache die Menschen nit allein vollkommen / gescheid / klug / und besser als andere / sonder sie sey auch nöthig zu dem höchsten Gut zu gelangen.

Der grosse berühmte Einsidel Antonius konte nicht allein sonst keine als seiner Mutter Sprach / sonder war auch gar deß Lesens und Schreibens ohnerfahren / und dannoch wuste er die gantze heilige Schrifft sambt ihrer Außlegung! Er war nit gereist /die Weißheit in der Frembde zusuchen / noch sie und sein Vollkommenheit in den Außländischen Sprachen zu ergreiffen / und gleichwol lieffe alle Welt: ja der Keyser

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[16/0026] Menschen ihrer Zeit / die nur ihre eintzige Mutter-Sprach geredet? Ich gestehe es / man hat Ursach sich über sie und andere zu verwundern! hätten sie aber so heilig gelebt / und wären so selig gestorben als der heilige Kirchenlehrer Hieronymus / welcher Hebraisch / Chaldaeisch / Persisch / Medisch / Arabisch / Griechisch und Lateinisch gekönt / so hielte ichs vor kein Wunder / wann sich etliche Sprachkündige entblödeten den Unwissenden einzubilden / die Kündigkeit viler unterschidlicher Sprachen mache die Menschen nit allein vollkommen / gescheid / klug / und besser als andere / sonder sie sey auch nöthig zu dem höchsten Gut zu gelangen. Der grosse berühmte Einsidel Antonius konte nicht allein sonst keine als seiner Mutter Sprach / sonder war auch gar deß Lesens und Schreibens ohnerfahren / und dannoch wuste er die gantze heilige Schrifft sambt ihrer Außlegung! Er war nit gereist /die Weißheit in der Frembde zusuchen / noch sie und sein Vollkommenheit in den Außländischen Sprachen zu ergreiffen / und gleichwol lieffe alle Welt: ja der Keyser

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Deß Weltberuffenen SIMPLICISSIMI Pralerey und Gepräng mit seinem Teutschen Michel. [Nürnberg], 1673, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_michel_1673/26>, abgerufen am 18.04.2024.