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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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Eben damal bekam Iulus von seinem Vatter
Briefe/ und in denselbigen einen scharpffen Ver-
weiß/ daß er so ärgerlich lebe und so schrecklich viel
Gelds verschwende; dann er hatte von dem Engli-
schen Kauffherrn die mit ihm Correspondirten/ und
den Iulo jeweils seine Wechsel entrichteten/ alles deß
Iuli und seines Avari Thun erfahren/ ohne das die-
ser seinen Herrn bestohle/ jener aber solches nicht
merckte; weßwegen er sich dann solcher Gestalt beküm-
merte/ daß er darüber in ein schwere Kranckheit fiel;
er schriebe bemeldten Kauffherrn daß sie forthin sei-
nem Sohn mehrers nicht geben solten/ als die blosse
Nothdurfft/ die ein gemeiner Edelmann haben mü-
ste/ sich in Paris zubehelffen; mit dem Anhang/ wo-
fern sie ihm mehr reichen würden/ daß er ihnen sol-
ches nicht wieder gut machen wolte: Den Iulum
aber betrohet er/ wofern er sich nicht bessern und ein
ander Leben anstellen würde/ daß er ihn alsdann gar
enterben und nimmermehr vor keinen Sohn halten
wolte.

Iulus wurde zwar darüber trefflich bestürtzt/ faste
aber drumb keinen Vorsatz gesparsamer zuleben;
und wann er gleich seinem Vattern zubenügen vor
den gewöhnlichen grossen Ausgaben hätte seyn wollen/
so wäre es ihm vor dismal doch ohnmüglich gewe-
sen/ weil er schon allbereit viel zu tieff in den Schul-
den stacke; er hätte dann seinen Credit erstlich bey
seinen Creditoren: und consequenter auch bey je-
dermann verliehren wollen/ welches ihm aber die
Hoffart mächtig widerriehte/ weil es wider sein
Reputation war/ die er mit vielen spendiren erwor-
ben; derowegen redet er seine Lands-Leute an und
sagte: Jhr Herren wist/ daß mein Herr Vatter an

vielen

Eben damal bekam Iulus von ſeinem Vatter
Briefe/ und in denſelbigen einen ſcharpffen Ver-
weiß/ daß er ſo aͤrgerlich lebe und ſo ſchrecklich viel
Gelds verſchwende; dann er hatte von dem Engli-
ſchen Kauffherꝛn die mit ihm Correſpondirten/ und
den Iulo jeweils ſeine Wechſel entrichteten/ alles deß
Iuli und ſeines Avari Thun erfahren/ ohne das die-
ſer ſeinen Herꝛn beſtohle/ jener aber ſolches nicht
merckte; weßwegẽ er ſich dann ſolcher Geſtalt bekuͤm-
merte/ daß er daruͤber in ein ſchwere Kranckheit fiel;
er ſchriebe bemeldten Kauffherꝛn daß ſie forthin ſei-
nem Sohn mehrers nicht geben ſolten/ als die bloſſe
Nothdurfft/ die ein gemeiner Edelmann haben muͤ-
ſte/ ſich in Paris zubehelffen; mit dem Anhang/ wo-
fern ſie ihm mehr reichen wuͤrden/ daß er ihnen ſol-
ches nicht wieder gut machen wolte: Den Iulum
aber betrohet er/ wofern er ſich nicht beſſern und ein
ander Leben anſtellen wuͤrde/ daß er ihn alsdann gar
enterben und nimmermehr vor keinen Sohn halten
wolte.

Iulus wurde zwar daruͤber trefflich beſtuͤrtzt/ faſte
aber drumb keinen Vorſatz geſparſamer zuleben;
und wann er gleich ſeinem Vattern zubenuͤgen vor
den gewoͤhnlichẽ groſſen Ausgabẽ haͤtte ſeyn wollen/
ſo waͤre es ihm vor dismal doch ohnmuͤglich gewe-
ſen/ weil er ſchon allbereit viel zu tieff in den Schul-
den ſtacke; er haͤtte dann ſeinen Credit erſtlich bey
ſeinen Creditoren: und conſequenter auch bey je-
dermann verliehren wollen/ welches ihm aber die
Hoffart maͤchtig widerꝛiehte/ weil es wider ſein
Reputation war/ die er mit vielen ſpendiren erwor-
ben; derowegen redet er ſeine Lands-Leute an und
ſagte: Jhr Herꝛen wiſt/ daß mein Herꝛ Vatter an

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[0045] Eben damal bekam Iulus von ſeinem Vatter Briefe/ und in denſelbigen einen ſcharpffen Ver- weiß/ daß er ſo aͤrgerlich lebe und ſo ſchrecklich viel Gelds verſchwende; dann er hatte von dem Engli- ſchen Kauffherꝛn die mit ihm Correſpondirten/ und den Iulo jeweils ſeine Wechſel entrichteten/ alles deß Iuli und ſeines Avari Thun erfahren/ ohne das die- ſer ſeinen Herꝛn beſtohle/ jener aber ſolches nicht merckte; weßwegẽ er ſich dann ſolcher Geſtalt bekuͤm- merte/ daß er daruͤber in ein ſchwere Kranckheit fiel; er ſchriebe bemeldten Kauffherꝛn daß ſie forthin ſei- nem Sohn mehrers nicht geben ſolten/ als die bloſſe Nothdurfft/ die ein gemeiner Edelmann haben muͤ- ſte/ ſich in Paris zubehelffen; mit dem Anhang/ wo- fern ſie ihm mehr reichen wuͤrden/ daß er ihnen ſol- ches nicht wieder gut machen wolte: Den Iulum aber betrohet er/ wofern er ſich nicht beſſern und ein ander Leben anſtellen wuͤrde/ daß er ihn alsdann gar enterben und nimmermehr vor keinen Sohn halten wolte. Iulus wurde zwar daruͤber trefflich beſtuͤrtzt/ faſte aber drumb keinen Vorſatz geſparſamer zuleben; und wann er gleich ſeinem Vattern zubenuͤgen vor den gewoͤhnlichẽ groſſen Ausgabẽ haͤtte ſeyn wollen/ ſo waͤre es ihm vor dismal doch ohnmuͤglich gewe- ſen/ weil er ſchon allbereit viel zu tieff in den Schul- den ſtacke; er haͤtte dann ſeinen Credit erſtlich bey ſeinen Creditoren: und conſequenter auch bey je- dermann verliehren wollen/ welches ihm aber die Hoffart maͤchtig widerꝛiehte/ weil es wider ſein Reputation war/ die er mit vielen ſpendiren erwor- ben; derowegen redet er ſeine Lands-Leute an und ſagte: Jhr Herꝛen wiſt/ daß mein Herꝛ Vatter an vielen

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/45>, abgerufen am 24.04.2024.