Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Also hat ich das Glück im Schlaff viel schöne
Stätt zubeschauen/ die unter tausenden kaum einem
wachent ins Gesicht kommen/ oder zusehen werden;
die Raiß gieng glücklich ab/ und wann schon gefähr-
liche Ungelegenheiten sich eraigneten/ so überwünde
jedoch des Iulij schwerer Säckel solche all; weil er
sich kein Geld tauren liesse/ und sich umb solches
(weil wir durch unterschiedliche wiederwertige
Guarnisonen raysen musten) aller Orten mit noth-
wendigen Convoyen und Paß-Brieffen versehen
lieste; ich achtet der jenigen Sachen so sonst in die-
sen Landen sehens würdig seyn/ nicht sonderlich/
sonder betrachtet nur/ wie beyde Jüngling nach und
nach von den obgemeldten Lastern je mehr und mehr
eingenommen wurden/ zu welchen sich je länger
je mehr sambleten; da sahe ich wie Iulus auch von
dem Vorwitz und der Unkeuschheit (welche darvor
gehalten wird/ das sie eine Sünd sey/ damit die Hof-
fart gestrafft werde) angerennet und eingenom-
men wurde/ weßwegen wie dann offt an den Oer-
tern da sich leichte Dirnen befanden/ länger still lie-
gen musten und mehr Gelds verthäten als sonst
wol die Nothdurfft erforderte; andern theils quelte
sich Avarus Geld zusammen zuschrappen wie er
mochte/ er bezwackte nicht allein seinen Herren son-
der auch die Wirth und Gastgeber wo er zukommen
mochte; gab mithin einen trefflichen Cuppler ab/
und scheute sich nicht hie und da unterwegs unsere
Herberger zu bestehlen/ und hätte es auch nur ein
silberner Leffel seyn sollen/ solcher Gestalt passirten
wir durch Flandern/ Brabant/ Hennegau/ Holland/
Seeland/ Zütphen/ Geltern/ Mecheln/ und folgends
an die Frantzösische Gräntz/ endlich gar auff Paris/

allwo
B 5

Alſo hat ich das Gluͤck im Schlaff viel ſchoͤne
Staͤtt zubeſchauen/ die unter tauſenden kaum einem
wachent ins Geſicht kommen/ oder zuſehen werden;
die Raiß gieng gluͤcklich ab/ und wann ſchon gefaͤhr-
liche Ungelegenheiten ſich eraigneten/ ſo uͤberwuͤnde
jedoch des Iulij ſchwerer Saͤckel ſolche all; weil er
ſich kein Geld tauren lieſſe/ und ſich umb ſolches
(weil wir durch unterſchiedliche wiederwertige
Guarniſonen rayſen muſten) aller Orten mit noth-
wendigen Convoyen und Paß-Brieffen verſehen
lieſte; ich achtet der jenigen Sachen ſo ſonſt in die-
ſen Landen ſehens wuͤrdig ſeyn/ nicht ſonderlich/
ſonder betrachtet nur/ wie beyde Juͤngling nach und
nach von den obgemeldten Laſtern je mehr und mehr
eingenommen wurden/ zu welchen ſich je laͤnger
je mehr ſambleten; da ſahe ich wie Iulus auch von
dem Vorwitz und der Unkeuſchheit (welche darvor
gehalten wird/ das ſie eine Suͤnd ſey/ damit die Hof-
fart geſtrafft werde) angerennet und eingenom-
men wurde/ weßwegen wie dann offt an den Oer-
tern da ſich leichte Dirnen befanden/ laͤnger ſtill lie-
gen muſten und mehr Gelds verthaͤten als ſonſt
wol die Nothdurfft erforderte; andern theils quelte
ſich Avarus Geld zuſammen zuſchrappen wie er
mochte/ er bezwackte nicht allein ſeinen Herꝛen ſon-
der auch die Wirth und Gaſtgeber wo er zukommen
mochte; gab mithin einen trefflichen Cuppler ab/
und ſcheute ſich nicht hie und da unterwegs unſere
Herberger zu beſtehlen/ und haͤtte es auch nur ein
ſilberner Leffel ſeyn ſollen/ ſolcher Geſtalt paſſirten
wir durch Flandern/ Brabant/ Hennegau/ Holland/
Seeland/ Zuͤtphen/ Geltern/ Mecheln/ und folgends
an die Frantzoͤſiſche Graͤntz/ endlich gar auff Paris/

allwo
B 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0037"/>
        <p>Al&#x017F;o hat ich das Glu&#x0364;ck im Schlaff viel &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
Sta&#x0364;tt zube&#x017F;chauen/ die unter tau&#x017F;enden kaum einem<lb/>
wachent ins Ge&#x017F;icht kommen/ oder zu&#x017F;ehen werden;<lb/>
die Raiß gieng glu&#x0364;cklich ab/ und wann &#x017F;chon gefa&#x0364;hr-<lb/>
liche Ungelegenheiten &#x017F;ich eraigneten/ &#x017F;o u&#x0364;berwu&#x0364;nde<lb/>
jedoch des <hi rendition="#aq">Iulij</hi> &#x017F;chwerer Sa&#x0364;ckel &#x017F;olche all; weil er<lb/>
&#x017F;ich kein Geld tauren lie&#x017F;&#x017F;e/ und &#x017F;ich umb &#x017F;olches<lb/>
(weil wir durch unter&#x017F;chiedliche wiederwertige<lb/>
Guarni&#x017F;onen ray&#x017F;en mu&#x017F;ten) aller Orten mit noth-<lb/>
wendigen <hi rendition="#aq">Convoyen</hi> und Paß-Brieffen ver&#x017F;ehen<lb/>
lie&#x017F;te; ich achtet der jenigen Sachen &#x017F;o &#x017F;on&#x017F;t in die-<lb/>
&#x017F;en Landen &#x017F;ehens wu&#x0364;rdig &#x017F;eyn/ nicht &#x017F;onderlich/<lb/>
&#x017F;onder betrachtet nur/ wie beyde Ju&#x0364;ngling nach und<lb/>
nach von den obgemeldten La&#x017F;tern je mehr und mehr<lb/>
eingenommen wurden/ zu welchen &#x017F;ich je la&#x0364;nger<lb/>
je mehr &#x017F;ambleten; da &#x017F;ahe ich wie <hi rendition="#aq">Iulus</hi> auch von<lb/>
dem Vorwitz und der Unkeu&#x017F;chheit (welche darvor<lb/>
gehalten wird/ das &#x017F;ie eine Su&#x0364;nd &#x017F;ey/ damit die Hof-<lb/>
fart ge&#x017F;trafft werde) angerennet und eingenom-<lb/>
men wurde/ weßwegen wie dann offt an den Oer-<lb/>
tern da &#x017F;ich leichte Dirnen befanden/ la&#x0364;nger &#x017F;till lie-<lb/>
gen mu&#x017F;ten und mehr Gelds vertha&#x0364;ten als &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
wol die Nothdurfft erforderte; andern theils quelte<lb/>
&#x017F;ich <hi rendition="#aq">Avarus</hi> Geld zu&#x017F;ammen zu&#x017F;chrappen wie er<lb/>
mochte/ er bezwackte nicht allein &#x017F;einen Her&#xA75B;en &#x017F;on-<lb/>
der auch die Wirth und Ga&#x017F;tgeber wo er zukommen<lb/>
mochte; gab mithin einen trefflichen Cuppler ab/<lb/>
und &#x017F;cheute &#x017F;ich nicht hie und da unterwegs un&#x017F;ere<lb/>
Herberger zu be&#x017F;tehlen/ und ha&#x0364;tte es auch nur ein<lb/>
&#x017F;ilberner Leffel &#x017F;eyn &#x017F;ollen/ &#x017F;olcher Ge&#x017F;talt pa&#x017F;&#x017F;irten<lb/>
wir durch Flandern/ Brabant/ Hennegau/ Holland/<lb/>
Seeland/ Zu&#x0364;tphen/ Geltern/ Mecheln/ und folgends<lb/>
an die Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Gra&#x0364;ntz/ endlich gar auff Paris/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 5</fw><fw place="bottom" type="catch">allwo</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0037] Alſo hat ich das Gluͤck im Schlaff viel ſchoͤne Staͤtt zubeſchauen/ die unter tauſenden kaum einem wachent ins Geſicht kommen/ oder zuſehen werden; die Raiß gieng gluͤcklich ab/ und wann ſchon gefaͤhr- liche Ungelegenheiten ſich eraigneten/ ſo uͤberwuͤnde jedoch des Iulij ſchwerer Saͤckel ſolche all; weil er ſich kein Geld tauren lieſſe/ und ſich umb ſolches (weil wir durch unterſchiedliche wiederwertige Guarniſonen rayſen muſten) aller Orten mit noth- wendigen Convoyen und Paß-Brieffen verſehen lieſte; ich achtet der jenigen Sachen ſo ſonſt in die- ſen Landen ſehens wuͤrdig ſeyn/ nicht ſonderlich/ ſonder betrachtet nur/ wie beyde Juͤngling nach und nach von den obgemeldten Laſtern je mehr und mehr eingenommen wurden/ zu welchen ſich je laͤnger je mehr ſambleten; da ſahe ich wie Iulus auch von dem Vorwitz und der Unkeuſchheit (welche darvor gehalten wird/ das ſie eine Suͤnd ſey/ damit die Hof- fart geſtrafft werde) angerennet und eingenom- men wurde/ weßwegen wie dann offt an den Oer- tern da ſich leichte Dirnen befanden/ laͤnger ſtill lie- gen muſten und mehr Gelds verthaͤten als ſonſt wol die Nothdurfft erforderte; andern theils quelte ſich Avarus Geld zuſammen zuſchrappen wie er mochte/ er bezwackte nicht allein ſeinen Herꝛen ſon- der auch die Wirth und Gaſtgeber wo er zukommen mochte; gab mithin einen trefflichen Cuppler ab/ und ſcheute ſich nicht hie und da unterwegs unſere Herberger zu beſtehlen/ und haͤtte es auch nur ein ſilberner Leffel ſeyn ſollen/ ſolcher Geſtalt paſſirten wir durch Flandern/ Brabant/ Hennegau/ Holland/ Seeland/ Zuͤtphen/ Geltern/ Mecheln/ und folgends an die Frantzoͤſiſche Graͤntz/ endlich gar auff Paris/ allwo B 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/37
Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/37>, abgerufen am 25.04.2024.