Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

bens/ nit allein mit Schiffen über Meer/ sonder
auch gar unter die Wellen in desselbigen Abgrund
hinunter/ ja sie müssen mir das innerste Eingeweid
der Erden durchwühlen/ und wann etwas im Lufft
zufischen wär/ so müsten sie mir auch fischen lerneu/
ich will nit sagen von den Kriegen die ich anstiffte/
noch von dem Ubel das darauß entstehet/ dann sol-
ches ist aller Welt bekandt! will auch nicht erzehlen/
wievil Wucherer Beutel schneider/ diß/ Rauber und
Mörder ich mache; weil ich mich dessen zum höchsten
rühme/ das sich alles was mir beygethan ist/ mit bit-
terer Sorg/ Angst/ Noth/ Mühe unnd Arbeit
schläppen muß; und gleich wie ich sie an Leib so greu-
lich martere/ daß sie keines andern Henckers be-
dörffen/ also peynige ich sie auch in ihrem Gemüth
das kein anderer höllischer Geist weiters vonnöthen/
sie den Vorgeschmack der Höllen empfinden zulassen/
geschweige in vnserer Andacht zubehalten; ich äng-
stige den Reichen! ich untertrucke den Armen! ich
verblände die Iustitiam, ich verjage die Christliche
Liebe/ ohne welche niemand seelig wird/ die Barm-
hertzigkeit findt bey mir keine statt!

Das V. Capitel.

JN dem der Geitz so daher plauterte sich selbst zu-
loben/ und der Verschwendung vorzuziehen/ kam
ein höllischer Gast daher gefladert/ der vor Alter
gleichsamb hinfällig/ außgemergelt/ lahm und buck-
let zu seyn schiene/ er schnauffte wie ein Beer/ oder
wann er ein Haasen erloffen hätte; weßwegen dann
alle Anwesende die Ohren spitzten/ zuvernehmen
was er Neus brächte oder vor ein Wildprät gefan-
gen hätte/ dann er hatte hierzu vor andern Geistern

den

bens/ nit allein mit Schiffen uͤber Meer/ ſonder
auch gar unter die Wellen in deſſelbigen Abgrund
hinunter/ ja ſie muͤſſen mir das innerſte Eingeweid
der Erden durchwuͤhlen/ und wann etwas im Lufft
zufiſchen waͤr/ ſo muͤſten ſie mir auch fiſchen lerneu/
ich will nit ſagen von den Kriegen die ich anſtiffte/
noch von dem Ubel das darauß entſtehet/ dann ſol-
ches iſt aller Welt bekandt! will auch nicht erzehlen/
wievil Wucherer Beutel ſchneider/ diß/ Rauber und
Moͤrder ich mache; weil ich mich deſſen zum hoͤchſten
ruͤhme/ das ſich alles was mir beygethan iſt/ mit bit-
terer Sorg/ Angſt/ Noth/ Muͤhe unnd Arbeit
ſchlaͤppen muß; und gleich wie ich ſie an Leib ſo greu-
lich martere/ daß ſie keines andern Henckers be-
doͤrffen/ alſo peynige ich ſie auch in ihrem Gemuͤth
das kein anderer hoͤlliſcher Geiſt weiters vonnoͤthen/
ſie den Vorgeſchmack der Hoͤllen empfinden zulaſſen/
geſchweige in vnſerer Andacht zubehalten; ich aͤng-
ſtige den Reichen! ich untertrucke den Armen! ich
verblaͤnde die Iuſtitiam, ich verjage die Chriſtliche
Liebe/ ohne welche niemand ſeelig wird/ die Barm-
hertzigkeit findt bey mir keine ſtatt!

Das V. Capitel.

JN dem der Geitz ſo daher plauterte ſich ſelbſt zu-
loben/ und der Verſchwendung vorzuziehen/ kam
ein hoͤlliſcher Gaſt daher gefladert/ der vor Alter
gleichſamb hinfaͤllig/ außgemergelt/ lahm und buck-
let zu ſeyn ſchiene/ er ſchnauffte wie ein Beer/ oder
wann er ein Haaſen erloffen haͤtte; weßwegen dann
alle Anweſende die Ohren ſpitzten/ zuvernehmen
was er Neus braͤchte oder vor ein Wildpraͤt gefan-
gen haͤtte/ dann er hatte hierzu vor andern Geiſtern

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0030"/>
bens/ nit allein mit Schiffen u&#x0364;ber Meer/ &#x017F;onder<lb/>
auch gar unter die Wellen in de&#x017F;&#x017F;elbigen Abgrund<lb/>
hinunter/ ja &#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en mir das inner&#x017F;te Eingeweid<lb/>
der Erden durchwu&#x0364;hlen/ und wann etwas im Lufft<lb/>
zufi&#x017F;chen wa&#x0364;r/ &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;ten &#x017F;ie mir auch fi&#x017F;chen lerneu/<lb/>
ich will nit &#x017F;agen von den Kriegen die ich an&#x017F;tiffte/<lb/>
noch von dem Ubel das darauß ent&#x017F;tehet/ dann &#x017F;ol-<lb/>
ches i&#x017F;t aller Welt bekandt! will auch nicht erzehlen/<lb/>
wievil Wucherer Beutel &#x017F;chneider/ diß/ Rauber und<lb/>
Mo&#x0364;rder ich mache; weil ich mich de&#x017F;&#x017F;en zum ho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
ru&#x0364;hme/ das &#x017F;ich alles was mir beygethan i&#x017F;t/ mit bit-<lb/>
terer Sorg/ Ang&#x017F;t/ Noth/ Mu&#x0364;he unnd Arbeit<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;ppen muß; und gleich wie ich &#x017F;ie an Leib &#x017F;o greu-<lb/>
lich martere/ daß &#x017F;ie keines andern Henckers be-<lb/>
do&#x0364;rffen/ al&#x017F;o peynige ich &#x017F;ie auch in ihrem Gemu&#x0364;th<lb/>
das kein anderer ho&#x0364;lli&#x017F;cher Gei&#x017F;t weiters vonno&#x0364;then/<lb/>
&#x017F;ie den Vorge&#x017F;chmack der Ho&#x0364;llen empfinden zula&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
ge&#x017F;chweige in vn&#x017F;erer Andacht zubehalten; ich a&#x0364;ng-<lb/>
&#x017F;tige den Reichen! ich untertrucke den Armen! ich<lb/>
verbla&#x0364;nde die <hi rendition="#aq">Iu&#x017F;titiam,</hi> ich verjage die Chri&#x017F;tliche<lb/>
Liebe/ ohne welche niemand &#x017F;eelig wird/ die Barm-<lb/>
hertzigkeit findt bey mir keine &#x017F;tatt!</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Das</hi> <hi rendition="#aq">V.</hi> <hi rendition="#fr">Capitel.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">J</hi>N dem der Geitz &#x017F;o daher plauterte &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu-<lb/>
loben/ und der Ver&#x017F;chwendung vorzuziehen/ kam<lb/>
ein ho&#x0364;lli&#x017F;cher Ga&#x017F;t daher gefladert/ der vor Alter<lb/>
gleich&#x017F;amb hinfa&#x0364;llig/ außgemergelt/ lahm und buck-<lb/>
let zu &#x017F;eyn &#x017F;chiene/ er &#x017F;chnauffte wie ein Beer/ oder<lb/>
wann er ein Haa&#x017F;en erloffen ha&#x0364;tte; weßwegen dann<lb/>
alle Anwe&#x017F;ende die Ohren &#x017F;pitzten/ zuvernehmen<lb/>
was er Neus bra&#x0364;chte oder vor ein Wildpra&#x0364;t gefan-<lb/>
gen ha&#x0364;tte/ dann er hatte hierzu vor andern Gei&#x017F;tern<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0030] bens/ nit allein mit Schiffen uͤber Meer/ ſonder auch gar unter die Wellen in deſſelbigen Abgrund hinunter/ ja ſie muͤſſen mir das innerſte Eingeweid der Erden durchwuͤhlen/ und wann etwas im Lufft zufiſchen waͤr/ ſo muͤſten ſie mir auch fiſchen lerneu/ ich will nit ſagen von den Kriegen die ich anſtiffte/ noch von dem Ubel das darauß entſtehet/ dann ſol- ches iſt aller Welt bekandt! will auch nicht erzehlen/ wievil Wucherer Beutel ſchneider/ diß/ Rauber und Moͤrder ich mache; weil ich mich deſſen zum hoͤchſten ruͤhme/ das ſich alles was mir beygethan iſt/ mit bit- terer Sorg/ Angſt/ Noth/ Muͤhe unnd Arbeit ſchlaͤppen muß; und gleich wie ich ſie an Leib ſo greu- lich martere/ daß ſie keines andern Henckers be- doͤrffen/ alſo peynige ich ſie auch in ihrem Gemuͤth das kein anderer hoͤlliſcher Geiſt weiters vonnoͤthen/ ſie den Vorgeſchmack der Hoͤllen empfinden zulaſſen/ geſchweige in vnſerer Andacht zubehalten; ich aͤng- ſtige den Reichen! ich untertrucke den Armen! ich verblaͤnde die Iuſtitiam, ich verjage die Chriſtliche Liebe/ ohne welche niemand ſeelig wird/ die Barm- hertzigkeit findt bey mir keine ſtatt! Das V. Capitel. JN dem der Geitz ſo daher plauterte ſich ſelbſt zu- loben/ und der Verſchwendung vorzuziehen/ kam ein hoͤlliſcher Gaſt daher gefladert/ der vor Alter gleichſamb hinfaͤllig/ außgemergelt/ lahm und buck- let zu ſeyn ſchiene/ er ſchnauffte wie ein Beer/ oder wann er ein Haaſen erloffen haͤtte; weßwegen dann alle Anweſende die Ohren ſpitzten/ zuvernehmen was er Neus braͤchte oder vor ein Wildpraͤt gefan- gen haͤtte/ dann er hatte hierzu vor andern Geiſtern den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/30
Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/30>, abgerufen am 29.03.2024.