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Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.

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des Geldes keineswegs mit unsern Zeiten vergleichen dürfen, der Amtmann Grünroth zu Lichtenberg die Saatfrucht an die armen Leute aus. Die Erndte fiel aber schlecht aus, und erst gegen das Jahr 1640 war dem allgemeinen Hunger und Mangel wieder abgeholfen.



In den ältesten Zeiten soll die Burg Lichtenberg in runder Form erbaut gewesen sein. Doch davon ist keine Spur mehr vorhanden, seit sie Landgraf Georg I. in einem Viereck erbauen liess. Dieser legte auch einen Thiergarten dabei an, und sonst verdankte ihm noch manche Verbesserung im Innern ihr Dasein. Im Jahre 1570 wurde auch eine Schlosskapelle von ihm errichtet. Da diese aber in spätern Zeiten zu klein war, verlegte sie Landgraf Georg V. in ein geräumiges Zimmer der Burg, und da auch dieses in der Folge nicht genügte, wurde es im Jahre 1712 mit einem noch geräumigeren verwechselt.

Die untere Burg, welche die mit einer Mauer umschlossenen Wohnungen der Burgmänner enthielt, ist beinahe völlig verschwunden.

Ein romantisches Interesse gewinnt die Burg durch den Umstand, dass hier ein Vehmgericht seinen Sitz hatte, dergleichen man ausser Sachsen doch selten fand. Das einzige, von welchem wir in diesen Gegenden noch Kunde haben, bestand in Walldorf bei Heidelberg, wo es aber von Friedrich dem Siegreichen von der Pfalz im Jahre 1461 aufgehoben wurde. Wir finden den Lichtenberger "freien Stuhl Westfäligscher Gerichte" in Urkunden vom Jahre 1482 noch erwähnt.

In den Jahren 1673 und 1679 schlug das Wetter, zuletzt sogar an drei verschiedenen Stellen in das Schloss, doch ohne Schaden zu thun, da der Blitz nirgend zündete.

Noch heutiges Tages ist das Schloss Lichtenberg in völlig bewohnbarem Stande. Es hat als der Sitz des Beamten einem Amte den Namen gegeben.

Interessant ist noch der zu dem Schlosse gehörige dicke Thurm, der an dem Umfang seiner dicken Mauern dem dicken Thurme der Heidelberger Schlossruine beinahe gleichkommen dürfte.



des Geldes keineswegs mit unsern Zeiten vergleichen dürfen, der Amtmann Grünroth zu Lichtenberg die Saatfrucht an die armen Leute aus. Die Erndte fiel aber schlecht aus, und erst gegen das Jahr 1640 war dem allgemeinen Hunger und Mangel wieder abgeholfen.



In den ältesten Zeiten soll die Burg Lichtenberg in runder Form erbaut gewesen sein. Doch davon ist keine Spur mehr vorhanden, seit sie Landgraf Georg I. in einem Viereck erbauen liess. Dieser legte auch einen Thiergarten dabei an, und sonst verdankte ihm noch manche Verbesserung im Innern ihr Dasein. Im Jahre 1570 wurde auch eine Schlosskapelle von ihm errichtet. Da diese aber in spätern Zeiten zu klein war, verlegte sie Landgraf Georg V. in ein geräumiges Zimmer der Burg, und da auch dieses in der Folge nicht genügte, wurde es im Jahre 1712 mit einem noch geräumigeren verwechselt.

Die untere Burg, welche die mit einer Mauer umschlossenen Wohnungen der Burgmänner enthielt, ist beinahe völlig verschwunden.

Ein romantisches Interesse gewinnt die Burg durch den Umstand, dass hier ein Vehmgericht seinen Sitz hatte, dergleichen man ausser Sachsen doch selten fand. Das einzige, von welchem wir in diesen Gegenden noch Kunde haben, bestand in Walldorf bei Heidelberg, wo es aber von Friedrich dem Siegreichen von der Pfalz im Jahre 1461 aufgehoben wurde. Wir finden den Lichtenberger „freien Stuhl Westfäligscher Gerichte“ in Urkunden vom Jahre 1482 noch erwähnt.

In den Jahren 1673 und 1679 schlug das Wetter, zuletzt sogar an drei verschiedenen Stellen in das Schloss, doch ohne Schaden zu thun, da der Blitz nirgend zündete.

Noch heutiges Tages ist das Schloss Lichtenberg in völlig bewohnbarem Stande. Es hat als der Sitz des Beamten einem Amte den Namen gegeben.

Interessant ist noch der zu dem Schlosse gehörige dicke Thurm, der an dem Umfang seiner dicken Mauern dem dicken Thurme der Heidelberger Schlossruine beinahe gleichkommen dürfte.



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[39/0039] des Geldes keineswegs mit unsern Zeiten vergleichen dürfen, der Amtmann Grünroth zu Lichtenberg die Saatfrucht an die armen Leute aus. Die Erndte fiel aber schlecht aus, und erst gegen das Jahr 1640 war dem allgemeinen Hunger und Mangel wieder abgeholfen. In den ältesten Zeiten soll die Burg Lichtenberg in runder Form erbaut gewesen sein. Doch davon ist keine Spur mehr vorhanden, seit sie Landgraf Georg I. in einem Viereck erbauen liess. Dieser legte auch einen Thiergarten dabei an, und sonst verdankte ihm noch manche Verbesserung im Innern ihr Dasein. Im Jahre 1570 wurde auch eine Schlosskapelle von ihm errichtet. Da diese aber in spätern Zeiten zu klein war, verlegte sie Landgraf Georg V. in ein geräumiges Zimmer der Burg, und da auch dieses in der Folge nicht genügte, wurde es im Jahre 1712 mit einem noch geräumigeren verwechselt. Die untere Burg, welche die mit einer Mauer umschlossenen Wohnungen der Burgmänner enthielt, ist beinahe völlig verschwunden. Ein romantisches Interesse gewinnt die Burg durch den Umstand, dass hier ein Vehmgericht seinen Sitz hatte, dergleichen man ausser Sachsen doch selten fand. Das einzige, von welchem wir in diesen Gegenden noch Kunde haben, bestand in Walldorf bei Heidelberg, wo es aber von Friedrich dem Siegreichen von der Pfalz im Jahre 1461 aufgehoben wurde. Wir finden den Lichtenberger „freien Stuhl Westfäligscher Gerichte“ in Urkunden vom Jahre 1482 noch erwähnt. In den Jahren 1673 und 1679 schlug das Wetter, zuletzt sogar an drei verschiedenen Stellen in das Schloss, doch ohne Schaden zu thun, da der Blitz nirgend zündete. Noch heutiges Tages ist das Schloss Lichtenberg in völlig bewohnbarem Stande. Es hat als der Sitz des Beamten einem Amte den Namen gegeben. Interessant ist noch der zu dem Schlosse gehörige dicke Thurm, der an dem Umfang seiner dicken Mauern dem dicken Thurme der Heidelberger Schlossruine beinahe gleichkommen dürfte.

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Zitationshilfe: Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/39>, abgerufen am 20.04.2024.