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Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.

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II.
Das Gebiet der Gersprenz.
Der Rodenstein, Reichenberg, Lichtenberg, Otzberg.


Die Quelle der Gersprenz findet sich an der Schneeschmelze, welche die Scheidung zwischen den nördlichen und südlichen Wassergebieten macht. Sie fliesst, wie die Mimling, und eine ziemliche Strecke parallel mit derselben, gegen Norden. Unfern ihrer Quelle kommt sie an den beiden Dörfern Ober- und Unterostern vorbei, die wahrscheinlich zu den ältesten Ansiedelungen gehören. Nachdem sie an Rohrbach und Bochenroth vorüber gekommen, nimmt sie auf der rechten Seite einen gleich starken Bach auf, der seine Quelle zwar auf eben derselben Schneeschmelze, aber nordwestlich von der Gersprenzquelle nahe bei der Neunkircher Höhe hat.

Diese ist eine der bedeutendsten Höhen der genannten Wasserscheide, und erhebt sich 1624 Fuss über den Meeresspiegel. Der Reisende unterlasse es nicht, sie zu besteigen, denn er wird reichlich durch die Aussicht von ihrem Gipfel belohnt. Südöstlich davon liegt ein Bauernhof, die Freiheit genannt, und bei diesem liegt ein grosser Granitblock, wie deren auch auf dem nackten Gipfel der ganzen Höhe zu Tage liegen. Dieser aber hat den besondern Namen "Wildeweibchenstein" bei dem Volke. Man erzählt sich, es habe vor alten Zeiten ein wildes Weibchen hier gehaust, wahrscheinlich ein Berggeist, und sei selten hervorgekommen. Wenn aber der Bauer auf der Freiheit, oder ein anderer in der Nachbarschaft dringende Feldarbeit zu

II.
Das Gebiet der Gersprenz.
Der Rodenstein, Reichenberg, Lichtenberg, Otzberg.


Die Quelle der Gersprenz findet sich an der Schneeschmelze, welche die Scheidung zwischen den nördlichen und südlichen Wassergebieten macht. Sie fliesst, wie die Mimling, und eine ziemliche Strecke parallel mit derselben, gegen Norden. Unfern ihrer Quelle kommt sie an den beiden Dörfern Ober- und Unterostern vorbei, die wahrscheinlich zu den ältesten Ansiedelungen gehören. Nachdem sie an Rohrbach und Bochenroth vorüber gekommen, nimmt sie auf der rechten Seite einen gleich starken Bach auf, der seine Quelle zwar auf eben derselben Schneeschmelze, aber nordwestlich von der Gersprenzquelle nahe bei der Neunkircher Höhe hat.

Diese ist eine der bedeutendsten Höhen der genannten Wasserscheide, und erhebt sich 1624 Fuss über den Meeresspiegel. Der Reisende unterlasse es nicht, sie zu besteigen, denn er wird reichlich durch die Aussicht von ihrem Gipfel belohnt. Südöstlich davon liegt ein Bauernhof, die Freiheit genannt, und bei diesem liegt ein grosser Granitblock, wie deren auch auf dem nackten Gipfel der ganzen Höhe zu Tage liegen. Dieser aber hat den besondern Namen „Wildeweibchenstein“ bei dem Volke. Man erzählt sich, es habe vor alten Zeiten ein wildes Weibchen hier gehaust, wahrscheinlich ein Berggeist, und sei selten hervorgekommen. Wenn aber der Bauer auf der Freiheit, oder ein anderer in der Nachbarschaft dringende Feldarbeit zu

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[27/0027] II. Das Gebiet der Gersprenz. Der Rodenstein, Reichenberg, Lichtenberg, Otzberg. Die Quelle der Gersprenz findet sich an der Schneeschmelze, welche die Scheidung zwischen den nördlichen und südlichen Wassergebieten macht. Sie fliesst, wie die Mimling, und eine ziemliche Strecke parallel mit derselben, gegen Norden. Unfern ihrer Quelle kommt sie an den beiden Dörfern Ober- und Unterostern vorbei, die wahrscheinlich zu den ältesten Ansiedelungen gehören. Nachdem sie an Rohrbach und Bochenroth vorüber gekommen, nimmt sie auf der rechten Seite einen gleich starken Bach auf, der seine Quelle zwar auf eben derselben Schneeschmelze, aber nordwestlich von der Gersprenzquelle nahe bei der Neunkircher Höhe hat. Diese ist eine der bedeutendsten Höhen der genannten Wasserscheide, und erhebt sich 1624 Fuss über den Meeresspiegel. Der Reisende unterlasse es nicht, sie zu besteigen, denn er wird reichlich durch die Aussicht von ihrem Gipfel belohnt. Südöstlich davon liegt ein Bauernhof, die Freiheit genannt, und bei diesem liegt ein grosser Granitblock, wie deren auch auf dem nackten Gipfel der ganzen Höhe zu Tage liegen. Dieser aber hat den besondern Namen „Wildeweibchenstein“ bei dem Volke. Man erzählt sich, es habe vor alten Zeiten ein wildes Weibchen hier gehaust, wahrscheinlich ein Berggeist, und sei selten hervorgekommen. Wenn aber der Bauer auf der Freiheit, oder ein anderer in der Nachbarschaft dringende Feldarbeit zu

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Zitationshilfe: Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/27>, abgerufen am 29.03.2024.