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Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.

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die Minerva gezeigt hätten. Man habe vermuthet, dass dieser Stein viereckig sei, und auf den beiden eingemauerten Flächen auch noch solche Abbildungen trage, was sich auch, als er ausgebrochen worden, bestätigt habe, indem man darauf eine Fortuna und einen Merkur erkennen konnte. Einer Sage nach sollte dieser Stein, offenbar ein Römischer Altar, von Bullau hierher gekommen sein. Es scheint diess nur aus dem Umstande geschlossen, weil in Bullau allerdings Römerspuren entdeckt wurden. Uns will aber wahrscheinlicher dünken, dass dieser Stein hier gefunden worden, und dass eben, weil hier ein Römischer Altar gestanden, wie diess sonst häufig geschah, zum Zeichen des Sieges des Christenthums über den heidnischen Götzendienst, an derselben Stelle eine christliche Kirche erbaut wurde.

Die in der Sakristei der Kirche verwahrten Bücher rühren von einer Bibliothek her, welche Niklas Matz, der freien Künste und heil. Schrift Doctor und Sechspfründner zu Speier, im Jahre 1499 hierher geschenkt hat, ohne dass man die Veranlassung hierzu kennt Sie bestand ursprünglich aus 117 angeketteten Büchern, die Jedermann an Ort und Stelle lesen, deren keines aber mit nach Hause nehmen durfte. Später wurde diese Bibliothek durch Geschenke der Familie der Schenke von Erbach bedeutend vermehrt. Es befinden sich jetzt noch mitunter einige seltene alte Drucke darunter, die wohl von jener ersten Schenkung herrührten.

Michelstadt scheint grösser als Erbach, und man sieht hier manche ganz stattliche Häuser, auch verräth dieses Städtchen viele Betriebsamkeit und Gewerbsthätigkeit. In der Nähe steht ein grosser, gutbetriebener Eisenhammer.

Bei Michelstadt erhebt sich auf der östlichen Seite ein bewaldeter Berg 1380 Fuss hoch über die Meeresfläche, auf dessen Gipfel wir ein artiges gräflich Erbachisches Jagdschloss und Försterhaus sammt Nebengebäuden finden. Sein Name ist Eulbach. Schon im Anfange des neunten Jahrhunderts stand hier ein Dorf, welches in der angeführten Schenkungsurkunde Eginhards von 820 Ulenbuch genannt wird. Später hiess es Eulenbuch und Eulenbach. Da auf dieser Höhe kein Bach zu finden ist, scheint der Name von den in dem umgebenden Buchwalde nistenden Eulen eigentlich Ulenbuch oder Eulenbuch zu sein. Noch im dreissigjährigen

die Minerva gezeigt hätten. Man habe vermuthet, dass dieser Stein viereckig sei, und auf den beiden eingemauerten Flächen auch noch solche Abbildungen trage, was sich auch, als er ausgebrochen worden, bestätigt habe, indem man darauf eine Fortuna und einen Merkur erkennen konnte. Einer Sage nach sollte dieser Stein, offenbar ein Römischer Altar, von Bullau hierher gekommen sein. Es scheint diess nur aus dem Umstande geschlossen, weil in Bullau allerdings Römerspuren entdeckt wurden. Uns will aber wahrscheinlicher dünken, dass dieser Stein hier gefunden worden, und dass eben, weil hier ein Römischer Altar gestanden, wie diess sonst häufig geschah, zum Zeichen des Sieges des Christenthums über den heidnischen Götzendienst, an derselben Stelle eine christliche Kirche erbaut wurde.

Die in der Sakristei der Kirche verwahrten Bücher rühren von einer Bibliothek her, welche Niklas Matz, der freien Künste und heil. Schrift Doctor und Sechspfründner zu Speier, im Jahre 1499 hierher geschenkt hat, ohne dass man die Veranlassung hierzu kennt Sie bestand ursprünglich aus 117 angeketteten Büchern, die Jedermann an Ort und Stelle lesen, deren keines aber mit nach Hause nehmen durfte. Später wurde diese Bibliothek durch Geschenke der Familie der Schenke von Erbach bedeutend vermehrt. Es befinden sich jetzt noch mitunter einige seltene alte Drucke darunter, die wohl von jener ersten Schenkung herrührten.

Michelstadt scheint grösser als Erbach, und man sieht hier manche ganz stattliche Häuser, auch verräth dieses Städtchen viele Betriebsamkeit und Gewerbsthätigkeit. In der Nähe steht ein grosser, gutbetriebener Eisenhammer.

Bei Michelstadt erhebt sich auf der östlichen Seite ein bewaldeter Berg 1380 Fuss hoch über die Meeresfläche, auf dessen Gipfel wir ein artiges gräflich Erbachisches Jagdschloss und Försterhaus sammt Nebengebäuden finden. Sein Name ist Eulbach. Schon im Anfange des neunten Jahrhunderts stand hier ein Dorf, welches in der angeführten Schenkungsurkunde Eginhards von 820 Ulenbuch genannt wird. Später hiess es Eulenbuch und Eulenbach. Da auf dieser Höhe kein Bach zu finden ist, scheint der Name von den in dem umgebenden Buchwalde nistenden Eulen eigentlich Ulenbuch oder Eulenbuch zu sein. Noch im dreissigjährigen

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die Minerva gezeigt hätten. Man habe vermuthet, dass dieser Stein viereckig sei, und auf den beiden eingemauerten Flächen auch noch solche Abbildungen trage, was sich auch, als er ausgebrochen worden, bestätigt habe, indem man darauf eine Fortuna und einen Merkur erkennen konnte. Einer Sage nach sollte dieser Stein, offenbar ein Römischer Altar, von Bullau hierher gekommen sein. Es scheint diess nur aus dem Umstande geschlossen, weil in Bullau allerdings Römerspuren entdeckt wurden. Uns will aber wahrscheinlicher dünken, dass dieser Stein hier gefunden worden, und dass eben, weil hier ein Römischer Altar gestanden, wie diess sonst häufig geschah, zum Zeichen des Sieges des Christenthums über den heidnischen Götzendienst, an derselben Stelle eine christliche Kirche erbaut wurde.</p>
          <p>Die in der Sakristei der Kirche verwahrten Bücher rühren von einer Bibliothek her, welche Niklas Matz, der freien Künste und heil. Schrift Doctor und Sechspfründner zu Speier, im Jahre 1499 hierher geschenkt hat, ohne dass man die Veranlassung hierzu kennt Sie bestand ursprünglich aus 117 angeketteten Büchern, die Jedermann an Ort und Stelle lesen, deren keines aber mit nach Hause nehmen durfte. Später wurde diese Bibliothek durch Geschenke der Familie der Schenke von Erbach bedeutend vermehrt. Es befinden sich jetzt noch mitunter einige seltene alte Drucke darunter, die wohl von jener ersten Schenkung herrührten.</p>
          <p>Michelstadt scheint grösser als Erbach, und man sieht hier manche ganz stattliche Häuser, auch verräth dieses Städtchen viele Betriebsamkeit und Gewerbsthätigkeit. In der Nähe steht ein grosser, gutbetriebener Eisenhammer.</p>
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[20/0020] die Minerva gezeigt hätten. Man habe vermuthet, dass dieser Stein viereckig sei, und auf den beiden eingemauerten Flächen auch noch solche Abbildungen trage, was sich auch, als er ausgebrochen worden, bestätigt habe, indem man darauf eine Fortuna und einen Merkur erkennen konnte. Einer Sage nach sollte dieser Stein, offenbar ein Römischer Altar, von Bullau hierher gekommen sein. Es scheint diess nur aus dem Umstande geschlossen, weil in Bullau allerdings Römerspuren entdeckt wurden. Uns will aber wahrscheinlicher dünken, dass dieser Stein hier gefunden worden, und dass eben, weil hier ein Römischer Altar gestanden, wie diess sonst häufig geschah, zum Zeichen des Sieges des Christenthums über den heidnischen Götzendienst, an derselben Stelle eine christliche Kirche erbaut wurde. Die in der Sakristei der Kirche verwahrten Bücher rühren von einer Bibliothek her, welche Niklas Matz, der freien Künste und heil. Schrift Doctor und Sechspfründner zu Speier, im Jahre 1499 hierher geschenkt hat, ohne dass man die Veranlassung hierzu kennt Sie bestand ursprünglich aus 117 angeketteten Büchern, die Jedermann an Ort und Stelle lesen, deren keines aber mit nach Hause nehmen durfte. Später wurde diese Bibliothek durch Geschenke der Familie der Schenke von Erbach bedeutend vermehrt. Es befinden sich jetzt noch mitunter einige seltene alte Drucke darunter, die wohl von jener ersten Schenkung herrührten. Michelstadt scheint grösser als Erbach, und man sieht hier manche ganz stattliche Häuser, auch verräth dieses Städtchen viele Betriebsamkeit und Gewerbsthätigkeit. In der Nähe steht ein grosser, gutbetriebener Eisenhammer. Bei Michelstadt erhebt sich auf der östlichen Seite ein bewaldeter Berg 1380 Fuss hoch über die Meeresfläche, auf dessen Gipfel wir ein artiges gräflich Erbachisches Jagdschloss und Försterhaus sammt Nebengebäuden finden. Sein Name ist Eulbach. Schon im Anfange des neunten Jahrhunderts stand hier ein Dorf, welches in der angeführten Schenkungsurkunde Eginhards von 820 Ulenbuch genannt wird. Später hiess es Eulenbuch und Eulenbach. Da auf dieser Höhe kein Bach zu finden ist, scheint der Name von den in dem umgebenden Buchwalde nistenden Eulen eigentlich Ulenbuch oder Eulenbuch zu sein. Noch im dreissigjährigen

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Zitationshilfe: Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/20>, abgerufen am 18.04.2024.