Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

ließ sie einen starken Schlaftrunk kommen, Abschied mit ihm zu trinken: der König that einen großen Zug, sie aber trank nur ein wenig. Da gerieth er bald in einen tiefen Schlaf und als sie das sah, rief sie einen Bedienten und nahm ein schönes weißes Linnentuch und schlug ihn da hinein, und die Bedienten mußten ihn in einen Wagen vor die Thüre tragen, und fuhr sie ihn heim in ihr Häuschen. Da legte sie ihn in ihr Bettchen, und er schlief Tag und Nacht in einem fort, und als er aufwachte, sah er sich um, und sagte 'ach Gott, wo bin ich denn?' rief seinen Bedienten, aber es war keiner da. Endlich kam seine Frau vors Bett und sagte 'lieber Herr König, ihr habt mir befohlen ich sollte das Liebste und Beste aus dem Schloß mitnehmen, nun hab ich nichts Besseres und Lieberes als dich, da hab ich dich mitgenommen.' Dem König stiegen die Thränen in die Augen, und er sagte 'liebe Frau, du sollst mein sein und ich dein,' und nahm sie wieder mit ins königliche Schloß und ließ sich aufs neue mit ihr vermählen; und werden sie ja wohl noch auf den heutigen Tag leben.



ließ sie einen starken Schlaftrunk kommen, Abschied mit ihm zu trinken: der König that einen großen Zug, sie aber trank nur ein wenig. Da gerieth er bald in einen tiefen Schlaf und als sie das sah, rief sie einen Bedienten und nahm ein schönes weißes Linnentuch und schlug ihn da hinein, und die Bedienten mußten ihn in einen Wagen vor die Thüre tragen, und fuhr sie ihn heim in ihr Häuschen. Da legte sie ihn in ihr Bettchen, und er schlief Tag und Nacht in einem fort, und als er aufwachte, sah er sich um, und sagte ‘ach Gott, wo bin ich denn?’ rief seinen Bedienten, aber es war keiner da. Endlich kam seine Frau vors Bett und sagte ‘lieber Herr König, ihr habt mir befohlen ich sollte das Liebste und Beste aus dem Schloß mitnehmen, nun hab ich nichts Besseres und Lieberes als dich, da hab ich dich mitgenommen.’ Dem König stiegen die Thränen in die Augen, und er sagte ‘liebe Frau, du sollst mein sein und ich dein,’ und nahm sie wieder mit ins königliche Schloß und ließ sich aufs neue mit ihr vermählen; und werden sie ja wohl noch auf den heutigen Tag leben.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0071" n="59"/>
ließ sie einen starken Schlaftrunk kommen, Abschied mit ihm zu trinken: der König that einen großen Zug, sie aber trank nur ein wenig. Da gerieth er bald in einen tiefen Schlaf und als sie das sah, rief sie einen Bedienten und nahm ein schönes weißes Linnentuch und schlug ihn da hinein, und die Bedienten mußten ihn in einen Wagen vor die Thüre tragen, und fuhr sie ihn heim in ihr Häuschen. Da legte sie ihn in ihr Bettchen, und er schlief Tag und Nacht in einem fort, und als er aufwachte, sah er sich um, und sagte &#x2018;ach Gott, wo bin ich denn?&#x2019; rief seinen Bedienten, aber es war keiner da. Endlich kam seine Frau vors Bett und sagte &#x2018;lieber Herr König, ihr habt mir befohlen ich sollte das Liebste und Beste aus dem Schloß mitnehmen, nun hab ich nichts Besseres und Lieberes als dich, da hab ich dich mitgenommen.&#x2019; Dem König stiegen die Thränen in die Augen, und er sagte &#x2018;liebe Frau, du sollst mein sein und ich dein,&#x2019; und nahm sie wieder mit ins königliche Schloß und ließ sich aufs neue mit ihr vermählen; und werden sie ja wohl noch auf den heutigen Tag leben.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0071] ließ sie einen starken Schlaftrunk kommen, Abschied mit ihm zu trinken: der König that einen großen Zug, sie aber trank nur ein wenig. Da gerieth er bald in einen tiefen Schlaf und als sie das sah, rief sie einen Bedienten und nahm ein schönes weißes Linnentuch und schlug ihn da hinein, und die Bedienten mußten ihn in einen Wagen vor die Thüre tragen, und fuhr sie ihn heim in ihr Häuschen. Da legte sie ihn in ihr Bettchen, und er schlief Tag und Nacht in einem fort, und als er aufwachte, sah er sich um, und sagte ‘ach Gott, wo bin ich denn?’ rief seinen Bedienten, aber es war keiner da. Endlich kam seine Frau vors Bett und sagte ‘lieber Herr König, ihr habt mir befohlen ich sollte das Liebste und Beste aus dem Schloß mitnehmen, nun hab ich nichts Besseres und Lieberes als dich, da hab ich dich mitgenommen.’ Dem König stiegen die Thränen in die Augen, und er sagte ‘liebe Frau, du sollst mein sein und ich dein,’ und nahm sie wieder mit ins königliche Schloß und ließ sich aufs neue mit ihr vermählen; und werden sie ja wohl noch auf den heutigen Tag leben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-03T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/71
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/71>, abgerufen am 28.03.2024.