Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

beiden ältesten auf, liefen in ihre Kammer und wollten prächtige Kleider anziehen, denn eine jede bildete sich ein sie wäre die Auserwählte. Der Fremde, sobald er mit seiner Braut allein war, holte den halben Ring hervor und warf ihn in einen Becher mit Wein, den er ihr über den Tisch reichte. Sie nahm ihn an, aber als sie getrunken hatte und den halben Ring auf dem Grund liegen fand, so schlug ihr das Herz. Sie holte die andere Hälfte, die sie an einem Band um den Hals trug, hielt sie daran, und es zeigte sich daß beide Theile vollkommen zu einander paßten. Da sprach er 'ich bin dein verlobter Bräutigam, den du als Bärenhäuter gesehen hast, aber durch Gottes Gnade habe ich meine menschliche Gestalt wieder erhalten, und bin wieder rein geworden.' Er gieng auf sie zu, umarmte sie und gab ihr einen Kuß. Jndem kamen die beiden Schwestern in vollem Putz herein, und als sie sahen daß der schöne Mann der jüngsten zu Theil geworden war, und hörten daß das der Bärenhäuter war, liefen sie voll Zorn und Wuth hinaus; die eine ersäufte sich im Brunnen, die andere erhenkte sich an einem Baum. Am Abend klopfte jemand an der Thüre, und als der Bräutigam öffnete, so wars der Teufel im grünen Rock, der sprach 'siehst du, nun habe ich zwei Seelen für deine eine.'



beiden ältesten auf, liefen in ihre Kammer und wollten prächtige Kleider anziehen, denn eine jede bildete sich ein sie wäre die Auserwählte. Der Fremde, sobald er mit seiner Braut allein war, holte den halben Ring hervor und warf ihn in einen Becher mit Wein, den er ihr über den Tisch reichte. Sie nahm ihn an, aber als sie getrunken hatte und den halben Ring auf dem Grund liegen fand, so schlug ihr das Herz. Sie holte die andere Hälfte, die sie an einem Band um den Hals trug, hielt sie daran, und es zeigte sich daß beide Theile vollkommen zu einander paßten. Da sprach er ‘ich bin dein verlobter Bräutigam, den du als Bärenhäuter gesehen hast, aber durch Gottes Gnade habe ich meine menschliche Gestalt wieder erhalten, und bin wieder rein geworden.’ Er gieng auf sie zu, umarmte sie und gab ihr einen Kuß. Jndem kamen die beiden Schwestern in vollem Putz herein, und als sie sahen daß der schöne Mann der jüngsten zu Theil geworden war, und hörten daß das der Bärenhäuter war, liefen sie voll Zorn und Wuth hinaus; die eine ersäufte sich im Brunnen, die andere erhenkte sich an einem Baum. Am Abend klopfte jemand an der Thüre, und als der Bräutigam öffnete, so wars der Teufel im grünen Rock, der sprach ‘siehst du, nun habe ich zwei Seelen für deine eine.’



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0111" n="99"/>
beiden ältesten auf, liefen in ihre Kammer und wollten prächtige Kleider anziehen, denn eine jede bildete sich ein sie wäre die Auserwählte. Der Fremde, sobald er mit seiner Braut allein war, holte den halben Ring hervor und warf ihn in einen Becher mit Wein, den er ihr über den Tisch reichte. Sie nahm ihn an, aber als sie getrunken hatte und den halben Ring auf dem Grund liegen fand, so schlug ihr das Herz. Sie holte die andere Hälfte, die sie an einem Band um den Hals trug, hielt sie daran, und es zeigte sich daß beide Theile vollkommen zu einander paßten. Da sprach er &#x2018;ich bin dein verlobter Bräutigam, den du als Bärenhäuter gesehen hast, aber durch Gottes Gnade habe ich meine menschliche Gestalt wieder erhalten, und bin wieder rein geworden.&#x2019; Er gieng auf sie zu, umarmte sie und gab ihr einen Kuß. Jndem kamen die beiden Schwestern in vollem Putz herein, und als sie sahen daß der schöne Mann der jüngsten zu Theil geworden war, und hörten daß das der Bärenhäuter war, liefen sie voll Zorn und Wuth hinaus; die eine ersäufte sich im Brunnen, die andere erhenkte sich an einem Baum. Am Abend klopfte jemand an der Thüre, und als der Bräutigam öffnete, so wars der Teufel im grünen Rock, der sprach &#x2018;siehst du, nun habe ich zwei Seelen für deine eine.&#x2019;</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0111] beiden ältesten auf, liefen in ihre Kammer und wollten prächtige Kleider anziehen, denn eine jede bildete sich ein sie wäre die Auserwählte. Der Fremde, sobald er mit seiner Braut allein war, holte den halben Ring hervor und warf ihn in einen Becher mit Wein, den er ihr über den Tisch reichte. Sie nahm ihn an, aber als sie getrunken hatte und den halben Ring auf dem Grund liegen fand, so schlug ihr das Herz. Sie holte die andere Hälfte, die sie an einem Band um den Hals trug, hielt sie daran, und es zeigte sich daß beide Theile vollkommen zu einander paßten. Da sprach er ‘ich bin dein verlobter Bräutigam, den du als Bärenhäuter gesehen hast, aber durch Gottes Gnade habe ich meine menschliche Gestalt wieder erhalten, und bin wieder rein geworden.’ Er gieng auf sie zu, umarmte sie und gab ihr einen Kuß. Jndem kamen die beiden Schwestern in vollem Putz herein, und als sie sahen daß der schöne Mann der jüngsten zu Theil geworden war, und hörten daß das der Bärenhäuter war, liefen sie voll Zorn und Wuth hinaus; die eine ersäufte sich im Brunnen, die andere erhenkte sich an einem Baum. Am Abend klopfte jemand an der Thüre, und als der Bräutigam öffnete, so wars der Teufel im grünen Rock, der sprach ‘siehst du, nun habe ich zwei Seelen für deine eine.’

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-03T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/111
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/111>, abgerufen am 28.03.2024.