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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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weinen, und weinte immer lauter, und konnte sich gar nicht trösten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu 'was hast du vor, Königstochter, du schreist ja daß sich ein Stein erbarmen möchte.' Sie sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken häßlichen Kopf aus dem Wasser streckte. 'Ach, du bists, alter Wasserpatscher,' sagte sie, 'ich weine über meine goldne Kugel, die mir in den Brunnen hinab gefallen ist.' 'Gib dich zufrieden,' antwortete der Frosch, 'ich kann wohl Rath schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?' 'Was du willst, lieber Frosch,' sagte sie, 'meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, dazu die goldne Krone, die ich trage.' Der Frosch antwortete 'deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine, deine goldne Krone, die mag ich nicht: aber wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad seyn, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldnen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich dir die goldne Kugel wieder aus dem Grunde hervor holen.' 'Ach ja,' sagte sie, 'ich verspreche dir alles, wenn du mir nur die Kugel wieder bringst.' Sie dachte aber 'was der einfältige Frosch schwätzt, der sitzt im Wasser bei seines Gleichen, und quackt, und kann keines Menschen Geselle sein.'

Der Frosch, als er die Zusage erhalten hatte, tauchte seinen Kopf unter, sank hinab, und über ein Weilchen kam er wieder herauf gerudert, hatte die Kugel im Maul, und warf sie ins

weinen, und weinte immer lauter, und konnte sich gar nicht troͤsten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu ‘was hast du vor, Koͤnigstochter, du schreist ja daß sich ein Stein erbarmen moͤchte.’ Sie sah sich um, woher die Stimme kaͤme, da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken haͤßlichen Kopf aus dem Wasser streckte. ‘Ach, du bists, alter Wasserpatscher,’ sagte sie, ‘ich weine uͤber meine goldne Kugel, die mir in den Brunnen hinab gefallen ist.’ ‘Gib dich zufrieden,’ antwortete der Frosch, ‘ich kann wohl Rath schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?’ ‘Was du willst, lieber Frosch,’ sagte sie, ‘meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, dazu die goldne Krone, die ich trage.’ Der Frosch antwortete ‘deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine, deine goldne Krone, die mag ich nicht: aber wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad seyn, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldnen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich dir die goldne Kugel wieder aus dem Grunde hervor holen.’ ‘Ach ja,’ sagte sie, ‘ich verspreche dir alles, wenn du mir nur die Kugel wieder bringst.’ Sie dachte aber ‘was der einfaͤltige Frosch schwaͤtzt, der sitzt im Wasser bei seines Gleichen, und quackt, und kann keines Menschen Geselle sein.’

Der Frosch, als er die Zusage erhalten hatte, tauchte seinen Kopf unter, sank hinab, und uͤber ein Weilchen kam er wieder herauf gerudert, hatte die Kugel im Maul, und warf sie ins

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[2/0033] weinen, und weinte immer lauter, und konnte sich gar nicht troͤsten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu ‘was hast du vor, Koͤnigstochter, du schreist ja daß sich ein Stein erbarmen moͤchte.’ Sie sah sich um, woher die Stimme kaͤme, da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken haͤßlichen Kopf aus dem Wasser streckte. ‘Ach, du bists, alter Wasserpatscher,’ sagte sie, ‘ich weine uͤber meine goldne Kugel, die mir in den Brunnen hinab gefallen ist.’ ‘Gib dich zufrieden,’ antwortete der Frosch, ‘ich kann wohl Rath schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?’ ‘Was du willst, lieber Frosch,’ sagte sie, ‘meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, dazu die goldne Krone, die ich trage.’ Der Frosch antwortete ‘deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine, deine goldne Krone, die mag ich nicht: aber wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad seyn, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldnen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich dir die goldne Kugel wieder aus dem Grunde hervor holen.’ ‘Ach ja,’ sagte sie, ‘ich verspreche dir alles, wenn du mir nur die Kugel wieder bringst.’ Sie dachte aber ‘was der einfaͤltige Frosch schwaͤtzt, der sitzt im Wasser bei seines Gleichen, und quackt, und kann keines Menschen Geselle sein.’ Der Frosch, als er die Zusage erhalten hatte, tauchte seinen Kopf unter, sank hinab, und uͤber ein Weilchen kam er wieder herauf gerudert, hatte die Kugel im Maul, und warf sie ins

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/33>, abgerufen am 29.03.2024.