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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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4.
Gut Kegel- und Kartenspiel.

Es war einmal ein alter König, der hatte
eine Tochter, die war die schönste Jungfrau auf
der Welt. Da ließ er bekannt machen: "wer
drei Nächte in meinem alten Schloß wacht, soll
die Prinzessin zur Gemahlin haben." Nun war
ein junger Bursch, arm von Haus aus, der ge-
dacht: ich will mein Leben daran wagen, nichts
zu verlieren, viel zu gewinnen, was ist da lang
zu besinnen! Also stellt' er sich vor den König
und bot sich an, drei Nächte in dem Schloß zu
wachen. "Du darfst Dir noch etwas ausbitten,
das Du mitnimmst in das Schloß, aber von
leblosen Dingen," sagte der König. -- "So
bitt' ich mir eine Schnitzbank mit dem Schnitz-
messer aus, eine Drehbank und ein Feuer."

Das wird ihm alles in das alte Schloß
getragen; darauf, wie es anfängt dunkel zu
werden, geht er selbst hinein. Anfangs ist alles
still darin, er macht sich sein Feuer an, stellt die
Schnitzbank mit dem Messer daneben und setzt
sich auf die Drehbank. Wie es aber gegen Mit-
ternacht geht, fängt ein Gerümpel an, erst sach-
te, dann stärker, bif! baf! hehe! holla ho! im-
mer ärger, dann ists ein klein bischen still, end-
lich kommt ein Bein den Schornstein herunter

4.
Gut Kegel- und Kartenſpiel.

Es war einmal ein alter Koͤnig, der hatte
eine Tochter, die war die ſchoͤnſte Jungfrau auf
der Welt. Da ließ er bekannt machen: „wer
drei Naͤchte in meinem alten Schloß wacht, ſoll
die Prinzeſſin zur Gemahlin haben.“ Nun war
ein junger Burſch, arm von Haus aus, der ge-
dacht: ich will mein Leben daran wagen, nichts
zu verlieren, viel zu gewinnen, was iſt da lang
zu beſinnen! Alſo ſtellt' er ſich vor den Koͤnig
und bot ſich an, drei Naͤchte in dem Schloß zu
wachen. „Du darfſt Dir noch etwas ausbitten,
das Du mitnimmſt in das Schloß, aber von
lebloſen Dingen,“ ſagte der Koͤnig. — „So
bitt' ich mir eine Schnitzbank mit dem Schnitz-
meſſer aus, eine Drehbank und ein Feuer.“

Das wird ihm alles in das alte Schloß
getragen; darauf, wie es anfaͤngt dunkel zu
werden, geht er ſelbſt hinein. Anfangs iſt alles
ſtill darin, er macht ſich ſein Feuer an, ſtellt die
Schnitzbank mit dem Meſſer daneben und ſetzt
ſich auf die Drehbank. Wie es aber gegen Mit-
ternacht geht, faͤngt ein Geruͤmpel an, erſt ſach-
te, dann ſtaͤrker, bif! baf! hehe! holla ho! im-
mer aͤrger, dann iſts ein klein bischen ſtill, end-
lich kommt ein Bein den Schornſtein herunter

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[14/0048] 4. Gut Kegel- und Kartenſpiel. Es war einmal ein alter Koͤnig, der hatte eine Tochter, die war die ſchoͤnſte Jungfrau auf der Welt. Da ließ er bekannt machen: „wer drei Naͤchte in meinem alten Schloß wacht, ſoll die Prinzeſſin zur Gemahlin haben.“ Nun war ein junger Burſch, arm von Haus aus, der ge- dacht: ich will mein Leben daran wagen, nichts zu verlieren, viel zu gewinnen, was iſt da lang zu beſinnen! Alſo ſtellt' er ſich vor den Koͤnig und bot ſich an, drei Naͤchte in dem Schloß zu wachen. „Du darfſt Dir noch etwas ausbitten, das Du mitnimmſt in das Schloß, aber von lebloſen Dingen,“ ſagte der Koͤnig. — „So bitt' ich mir eine Schnitzbank mit dem Schnitz- meſſer aus, eine Drehbank und ein Feuer.“ Das wird ihm alles in das alte Schloß getragen; darauf, wie es anfaͤngt dunkel zu werden, geht er ſelbſt hinein. Anfangs iſt alles ſtill darin, er macht ſich ſein Feuer an, ſtellt die Schnitzbank mit dem Meſſer daneben und ſetzt ſich auf die Drehbank. Wie es aber gegen Mit- ternacht geht, faͤngt ein Geruͤmpel an, erſt ſach- te, dann ſtaͤrker, bif! baf! hehe! holla ho! im- mer aͤrger, dann iſts ein klein bischen ſtill, end- lich kommt ein Bein den Schornſtein herunter

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/48>, abgerufen am 29.03.2024.