Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.Aus Dantes "Göttlicher Komödie" ist, denn bestütigtermaßen bin ich selber einer. Ein Dichter ist, kurz gesagt, ein Mir kann es recht sein; ich habe den Nutzen davon. Aber es ist nicht in A Oantes "Göttlicher Aomödie" us
Aus Dantes „Göttlicher Komödie" ist, denn bestütigtermaßen bin ich selber einer. Ein Dichter ist, kurz gesagt, ein Mir kann es recht sein; ich habe den Nutzen davon. Aber es ist nicht in A Oantes „Göttlicher Aomödie" us
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0320" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339869"/> <fw type="header" place="top"> Aus Dantes „Göttlicher Komödie"</fw><lb/> <p xml:id="ID_1293" prev="#ID_1292"> ist, denn bestütigtermaßen bin ich selber einer. Ein Dichter ist, kurz gesagt, ein<lb/> auf allen Gebieten ernsthafter Tätigkeit unbedingt unbrauchbarer, einzig auf Allotria<lb/> bedachter, dem Staate nicht nur nicht nützlicher, sondern sogar aufsässig gesinnter<lb/> Kumpan, der nicht einmal sonderliche Verstandesgaben zu besitzen braucht, sondern<lb/> so langsamen und unscharfen Geistes sein mag, wie ich es immer gewesen bin, —<lb/> übrigens ein innerlich kindischer, zur Ausschweifung geneigter und in jedem Betrachts<lb/> anrüchiger Scharlatan, der von der Gesellschaft nichts anderes sollte zu gewärtigen<lb/> haben — und im Grunde auch nichts anderes gewärtigt — als stille Verachtung.<lb/> Tatsache aber ist, daß die Gesellschaft diesem Menschenschlage die Möglichkeit<lb/> gewährt, es in ihrer Mitte zu Ansetzn und höchstem Wohlleben zu bringen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1294"> Mir kann es recht sein; ich habe den Nutzen davon. Aber es ist nicht in<lb/> der Ordnung. Es muß das Laster ermutigen und der Tugend ein Ärger sein.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> A<note type="bibl"> Oantes „Göttlicher Aomödie"</note> us </head><lb/> <quote> <p xml:id="ID_1295"> Kein Schmerz erträgt sich schwerer als sich erinnern an die Zeit des Glückes<lb/> im Elend.</p> <p xml:id="ID_1296"> Je vollkommener ist ein Wesen</p> <p xml:id="ID_1297"> Es Lust und Schmerz fühlt mit je größerer Schwere.</p> <p xml:id="ID_1298"> Drum, wo man sieht den engsten Kreis sich breiten,<lb/> Im Mittelpunkt der Welt an Dites Sitze,<lb/> Wird, wer verrät, verzehrt für Ewigkeiten.<lb/> Überfremdung und die plötzlichen Gewinne<lb/> Erzeugten Übermut in dir lind Hoffart,<lb/> Florenz, wie du schon weinend wurdest inne.<lb/> Aus Gold und Silber «ueru Gott ihr machtet?<lb/> Und trennt euch andres denn von Götzendienern,<lb/> Als daß ihr e i n Idol verhundertfachtet?<lb/> Ach Konstantin, welch großes Unheil streute<lb/> Nicht deine Taufe, sondern jene Schenkung,<lb/> Die einst den ersten reichen Papst erfreute!</p> <p xml:id="ID_1299"> Und all die andern, die du siehst umher (im 9. Teil des 8. HöllenkreiseH<lb/> Aussäer waren es von Zwist und Spaltung<lb/> Im Leben und sind drum zerfetzt so sehr.</p> </quote><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0320]
Aus Dantes „Göttlicher Komödie"
ist, denn bestütigtermaßen bin ich selber einer. Ein Dichter ist, kurz gesagt, ein
auf allen Gebieten ernsthafter Tätigkeit unbedingt unbrauchbarer, einzig auf Allotria
bedachter, dem Staate nicht nur nicht nützlicher, sondern sogar aufsässig gesinnter
Kumpan, der nicht einmal sonderliche Verstandesgaben zu besitzen braucht, sondern
so langsamen und unscharfen Geistes sein mag, wie ich es immer gewesen bin, —
übrigens ein innerlich kindischer, zur Ausschweifung geneigter und in jedem Betrachts
anrüchiger Scharlatan, der von der Gesellschaft nichts anderes sollte zu gewärtigen
haben — und im Grunde auch nichts anderes gewärtigt — als stille Verachtung.
Tatsache aber ist, daß die Gesellschaft diesem Menschenschlage die Möglichkeit
gewährt, es in ihrer Mitte zu Ansetzn und höchstem Wohlleben zu bringen.
Mir kann es recht sein; ich habe den Nutzen davon. Aber es ist nicht in
der Ordnung. Es muß das Laster ermutigen und der Tugend ein Ärger sein.
A Oantes „Göttlicher Aomödie" us
Kein Schmerz erträgt sich schwerer als sich erinnern an die Zeit des Glückes
im Elend.
Je vollkommener ist ein Wesen
Es Lust und Schmerz fühlt mit je größerer Schwere.
Drum, wo man sieht den engsten Kreis sich breiten,
Im Mittelpunkt der Welt an Dites Sitze,
Wird, wer verrät, verzehrt für Ewigkeiten.
Überfremdung und die plötzlichen Gewinne
Erzeugten Übermut in dir lind Hoffart,
Florenz, wie du schon weinend wurdest inne.
Aus Gold und Silber «ueru Gott ihr machtet?
Und trennt euch andres denn von Götzendienern,
Als daß ihr e i n Idol verhundertfachtet?
Ach Konstantin, welch großes Unheil streute
Nicht deine Taufe, sondern jene Schenkung,
Die einst den ersten reichen Papst erfreute!
Und all die andern, die du siehst umher (im 9. Teil des 8. HöllenkreiseH
Aussäer waren es von Zwist und Spaltung
Im Leben und sind drum zerfetzt so sehr.
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