Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.Abriß meiner Haager Berichterstattung Abriß meiner Haager Berichterstattung Ein Beitrag zur Geschichte des letzten Ariegsjahres Wilhelm von Schweinitz von (vom herbst ^? bis Ariegsschluß Militär-Attachö im Haag) (Fortsetzung aus Heft 47) n einem Mllitärbericht vom 24. Oktober 1917 versuchte ich die Das Kriegsziel Englands ist die Vernichtung des preußischen Militarismus. Meine Unterlagen für Beurteilung unserer Unterseebootswirkung sind unzu¬ Abriß meiner Haager Berichterstattung Abriß meiner Haager Berichterstattung Ein Beitrag zur Geschichte des letzten Ariegsjahres Wilhelm von Schweinitz von (vom herbst ^? bis Ariegsschluß Militär-Attachö im Haag) (Fortsetzung aus Heft 47) n einem Mllitärbericht vom 24. Oktober 1917 versuchte ich die Das Kriegsziel Englands ist die Vernichtung des preußischen Militarismus. Meine Unterlagen für Beurteilung unserer Unterseebootswirkung sind unzu¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0269" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339818"/> <fw type="header" place="top"> Abriß meiner Haager Berichterstattung</fw><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Abriß meiner Haager Berichterstattung<lb/> Ein Beitrag zur Geschichte des letzten Ariegsjahres<lb/><note type="byline"> Wilhelm von Schweinitz</note> von<lb/> (vom herbst ^? bis Ariegsschluß Militär-Attachö im Haag)<lb/> (Fortsetzung aus Heft 47)</head><lb/> <p xml:id="ID_1091"> n einem Mllitärbericht vom 24. Oktober 1917 versuchte ich die<lb/> Frage zu beantworten: Wie denkt die britische Kricgsleitung über<lb/> ihre Siegesanssichten? „Die britische Kricgsleitung ist mit dem<lb/> Kriegsausschuß des Kabinetts identisch. Sie besteht aus Lloyd<lb/> George, Lord Curzon, Bonar Law, Lord Milner, Barres<lb/> und Carson. General Smuts ist ihr als Vertreter der Kolonien halbamtlich an¬<lb/> gegliedert. Ihr militärischer Berater ist der Reichsgencralstabschef Robertson.<lb/> Der Arbeitervertreter Barres spielt keine Rolle. Die übrigen Mitglieder des<lb/> Ausschusses sind extreme Imperialisten und verkörpern den Willen zum ganzen<lb/> Sieg. Nach dieser Richtung hin läßt sich der Ausschuß uicht überbieten. Er ist<lb/> sicher bemüht, die englischen Siegesanssichten nüchtern zu prüfen, wird es aber in<lb/> der Sachlichkeit nicht weit bringen, weil ihm der Sieg Glaubensartikel ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1092"> Das Kriegsziel Englands ist die Vernichtung des preußischen Militarismus.<lb/> Auf deutsch: man will uns als wirtschaftlichen Nebenbuhler endgültig ausschalten.<lb/> Zur Zeit der Dichter und Denker waren wir wirtschaftlich ungefährlich. Es<lb/> fehlte die Organisation von Oben. Unter Bismarck und erst recht unter Kaiser<lb/> Wilhelm II. wurde das anders. Der gegebene Gegenstand des englischen Angrifffs<lb/> ist deshalb die organisierende Zentralstelle des neuen Deutschlands: das preußisch-<lb/> deutsche Kaisertum. Dessen materielle und moralische Kraft muß so gebrochen<lb/> werden, daß es als Organisator ausscheidet. Man will also nicht nur die Symp¬<lb/> tome, sondern auch den Herd der Krankheit, die angeblich an Englands Welt-<lb/> stellung zehrt, beseitigen. Ein Druck, der nicht durchdringt, würde einen verbarg<lb/> nisvollen Gegendruck erzeugen. Deutschlands Heer und Flotte, Welthandel und<lb/> Kolonien würden wie ein Phönix aus der Asche neu erstehen, wenn das Kräfte<lb/> Zentrum, das sie ausstrahlte, den Friedensschluß überdauert. Ein „freies Deutsch¬<lb/> land" würde sich durch seine Erbfehler paralysieren. Man will mithin nicht nur<lb/> unsere Organisation mit ihren säncklichen Errungenschaften zerstören, sondern auch<lb/> unsere Reorganisation für immer unmöglich machen. Das versteht England nnter<lb/> Vernichtung des preußischen Militarismus. Es läßt sich nur durch einen ganzen<lb/> Sieg erreichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1093" next="#ID_1094"> Meine Unterlagen für Beurteilung unserer Unterseebootswirkung sind unzu¬<lb/> länglich. Es ist erwünscht, daß meine einschlägigen Berechnungen (die dem Be¬<lb/> richt benagen) von orientierter Seite nachgeprüft werden. (Dieser Bitte, die<lb/> weitergeleitet wurde, ist übrigens nie in ausreichendem Maße entsprochen worden.)<lb/> Admiral Jellieoe hat gestanden, daß England den Krieg zu Lande gewinnen muß,<lb/> die Flotte könne der Armee nur sekundieren. Robertson äußerte neulich, Eng¬<lb/> land werde den Krieg bestimmt gewinnen, aber - es sei em ganz großes aber. —<lb/> "ur, wenn jedermann in der Heimat seine Pflicht ente. Wie wurde er wohl die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0269]
Abriß meiner Haager Berichterstattung
Abriß meiner Haager Berichterstattung
Ein Beitrag zur Geschichte des letzten Ariegsjahres
Wilhelm von Schweinitz von
(vom herbst ^? bis Ariegsschluß Militär-Attachö im Haag)
(Fortsetzung aus Heft 47)
n einem Mllitärbericht vom 24. Oktober 1917 versuchte ich die
Frage zu beantworten: Wie denkt die britische Kricgsleitung über
ihre Siegesanssichten? „Die britische Kricgsleitung ist mit dem
Kriegsausschuß des Kabinetts identisch. Sie besteht aus Lloyd
George, Lord Curzon, Bonar Law, Lord Milner, Barres
und Carson. General Smuts ist ihr als Vertreter der Kolonien halbamtlich an¬
gegliedert. Ihr militärischer Berater ist der Reichsgencralstabschef Robertson.
Der Arbeitervertreter Barres spielt keine Rolle. Die übrigen Mitglieder des
Ausschusses sind extreme Imperialisten und verkörpern den Willen zum ganzen
Sieg. Nach dieser Richtung hin läßt sich der Ausschuß uicht überbieten. Er ist
sicher bemüht, die englischen Siegesanssichten nüchtern zu prüfen, wird es aber in
der Sachlichkeit nicht weit bringen, weil ihm der Sieg Glaubensartikel ist.
Das Kriegsziel Englands ist die Vernichtung des preußischen Militarismus.
Auf deutsch: man will uns als wirtschaftlichen Nebenbuhler endgültig ausschalten.
Zur Zeit der Dichter und Denker waren wir wirtschaftlich ungefährlich. Es
fehlte die Organisation von Oben. Unter Bismarck und erst recht unter Kaiser
Wilhelm II. wurde das anders. Der gegebene Gegenstand des englischen Angrifffs
ist deshalb die organisierende Zentralstelle des neuen Deutschlands: das preußisch-
deutsche Kaisertum. Dessen materielle und moralische Kraft muß so gebrochen
werden, daß es als Organisator ausscheidet. Man will also nicht nur die Symp¬
tome, sondern auch den Herd der Krankheit, die angeblich an Englands Welt-
stellung zehrt, beseitigen. Ein Druck, der nicht durchdringt, würde einen verbarg
nisvollen Gegendruck erzeugen. Deutschlands Heer und Flotte, Welthandel und
Kolonien würden wie ein Phönix aus der Asche neu erstehen, wenn das Kräfte
Zentrum, das sie ausstrahlte, den Friedensschluß überdauert. Ein „freies Deutsch¬
land" würde sich durch seine Erbfehler paralysieren. Man will mithin nicht nur
unsere Organisation mit ihren säncklichen Errungenschaften zerstören, sondern auch
unsere Reorganisation für immer unmöglich machen. Das versteht England nnter
Vernichtung des preußischen Militarismus. Es läßt sich nur durch einen ganzen
Sieg erreichen.
Meine Unterlagen für Beurteilung unserer Unterseebootswirkung sind unzu¬
länglich. Es ist erwünscht, daß meine einschlägigen Berechnungen (die dem Be¬
richt benagen) von orientierter Seite nachgeprüft werden. (Dieser Bitte, die
weitergeleitet wurde, ist übrigens nie in ausreichendem Maße entsprochen worden.)
Admiral Jellieoe hat gestanden, daß England den Krieg zu Lande gewinnen muß,
die Flotte könne der Armee nur sekundieren. Robertson äußerte neulich, Eng¬
land werde den Krieg bestimmt gewinnen, aber - es sei em ganz großes aber. —
"ur, wenn jedermann in der Heimat seine Pflicht ente. Wie wurde er wohl die
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