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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

von ihm beschlossenen Gesetze eigentlich verfassungsmäßig rechtsungiltig ist. Die Tat¬
sache, daß Regierungen und Reichstag stillschweigend eine solche Gesetzgebung zu¬
lassen müssen, ist eine der moralischen Schwächen unsrer durch die Verfassung nicht
hinreichend ausgebauten parlamentarischen Einrichtungen. Aber um so zurückhaltender
sollte man mit der Forderung einer Einberufung des Reichstags wegen angeblicher
Neuaufstellung von fünftausend Maun sein, jeder einzelne Abgeordnete wäre sicherlich
zornig über die Zumutung, deshalb im Monat August eine Woche in Berlin zu¬
zubringen. Dazu kommt, daß der gesamte Behördenapparat der Zentralstellen in
seiner Urlaubszeit beeinträchtigt würde. Wollte sich der Reichskanzler revanchieren
und den Reichstag wirklich wegen der in Aussicht genommnen geringen Transporte nach
Südwestnfrika einberufen, die Abgeordneten würden ihm wahrscheinlich wenig Dank
wissen. Zudem darf Fürst Bülow wohl für sich in Anspruch nehmen, daß die
verfassungsmäßigen Befugnisse des Reichstags von ihm mit Peinlichkeit gewahrt
werden, und daß ihm jedwede verfassungsgegnerische Tendenz sicherlich völlig fern
liegt. Vergegenwärtigt man sich dazu die Tatsache, daß von dreihundert Abge¬
ordneten (ohne Sozialdemokraten) nur mit Not und Mühe einige Herren zu der
Fahrt nach Kamerun zu haben waren, so sind doch die gesamten Räsonnements über
die Nichteiuberufung des Reichstags hinfällig! Was die Bahn von Lüderitzbucht
ins Innere anlangt, die in Zukunft sowohl für die materielle Entwicklung wie für
die militärische Sicherheit des Landes unerläßlich ist oder in der letzten Hinsicht
dnrch starke militärische Kräfte notdürftig ersetzt werden muß, so würde eine eng¬
lische Regierung die Bahn längst als ein Kriegsmittel in Angriff genommen und
energisch gefördert haben, mit der vollen Sicherheit, daß kein Parlament die Aus¬
gabe hinterher ablehnen würde. Bei uns freilich rechtfertigt der "Segen" des all¬
gemeinen Stimmrechts alle Bedenken.

Unter den japanischen Friedensbedingungen ist eine, die die andern Nationen
indirekt berührt, weil sie einen eigentümlichen Präzedenzfall im Seekriegsrecht schaffen
würde. Es ist das Verlangen der Auslieferung der in neutrale Häfen geflüchteten
russischen Schiffe. Ein solches Verlangen ist noch niemals gestellt worden, und
Rußland wäre im vollen Recht, wenn es darauf nicht einginge, auch wären die
in Betracht kommenden Mächte gar nicht in der Lage, diese Rußland gehörenden
Schiffe ohne ausdrückliche Ermächtigung an Japan zu übergeben. Hat dieses sich
der Schiffe im Kriege nicht bemächtigen können, so kann es doch nicht den Anspruch
erheben, sie durch den Friedensschluß erobern zu wollen. Eine solche Bestimmung
im russisch-japanischen Friedenstraktat würde das gesamte internationale Seerecht
b eeinflussen und könnte von keiner Seemacht gebilligt werden.




Die "Rettung" von Kiautschou.

Die im letzten Heft (Ur. 32) von einem
besorgten Freunde vorgeschlagnen Maßnahmen zur "Rettung" Kiautschous dürften
schwerlich auf Zustimmung in den Marine- und Armeekreisen zu rechnen haben.
Erstens brauchen wir uns wirklich wegen der Absichten der Japaner auf Kiautschou
keine grauen Haare wachsen zu lassen. Wären aber Ursachen zu ernsten Bedenken
vorhanden, so würde es gerade diesem rührigen Volke gegenüber recht verkehrt sein,
diese Bedenken öffentlich zu diskutieren. Alles, was geschrieben würde, würde
doch nur für die Japaner geschrieben; unsre Behörden bedürfen in dieser Hinsicht
keiner Belehrung. Noch weniger würden sie es aber für richtig erachten, an die
große Glocke zu hängen, was sie in dem einen Falle tun, in dem andern lassen
wollten. Außerdem hat sich der Herr Einsender die Sache aber sehr leicht gemacht.
15000 Tonnen-Linienschiffe kosten nicht 20, sondern 30 Millionen Mark, sodann
ist es nicht mit dem Schiffbau allein getan. Ob die Flotte, die er für Kiautschou
vorschlägt, in dem Hafen von Tsingtau überhaupt untergebracht werden könnte,
wollen wir hier nicht erörtern; er verlangt ja nicht weniger als 8 Linienschiffe,
8 Panzerkreuzer, 20 geschützte Kreuzer, 20 Torpedobootszerstörer und 100 Torpedo-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

von ihm beschlossenen Gesetze eigentlich verfassungsmäßig rechtsungiltig ist. Die Tat¬
sache, daß Regierungen und Reichstag stillschweigend eine solche Gesetzgebung zu¬
lassen müssen, ist eine der moralischen Schwächen unsrer durch die Verfassung nicht
hinreichend ausgebauten parlamentarischen Einrichtungen. Aber um so zurückhaltender
sollte man mit der Forderung einer Einberufung des Reichstags wegen angeblicher
Neuaufstellung von fünftausend Maun sein, jeder einzelne Abgeordnete wäre sicherlich
zornig über die Zumutung, deshalb im Monat August eine Woche in Berlin zu¬
zubringen. Dazu kommt, daß der gesamte Behördenapparat der Zentralstellen in
seiner Urlaubszeit beeinträchtigt würde. Wollte sich der Reichskanzler revanchieren
und den Reichstag wirklich wegen der in Aussicht genommnen geringen Transporte nach
Südwestnfrika einberufen, die Abgeordneten würden ihm wahrscheinlich wenig Dank
wissen. Zudem darf Fürst Bülow wohl für sich in Anspruch nehmen, daß die
verfassungsmäßigen Befugnisse des Reichstags von ihm mit Peinlichkeit gewahrt
werden, und daß ihm jedwede verfassungsgegnerische Tendenz sicherlich völlig fern
liegt. Vergegenwärtigt man sich dazu die Tatsache, daß von dreihundert Abge¬
ordneten (ohne Sozialdemokraten) nur mit Not und Mühe einige Herren zu der
Fahrt nach Kamerun zu haben waren, so sind doch die gesamten Räsonnements über
die Nichteiuberufung des Reichstags hinfällig! Was die Bahn von Lüderitzbucht
ins Innere anlangt, die in Zukunft sowohl für die materielle Entwicklung wie für
die militärische Sicherheit des Landes unerläßlich ist oder in der letzten Hinsicht
dnrch starke militärische Kräfte notdürftig ersetzt werden muß, so würde eine eng¬
lische Regierung die Bahn längst als ein Kriegsmittel in Angriff genommen und
energisch gefördert haben, mit der vollen Sicherheit, daß kein Parlament die Aus¬
gabe hinterher ablehnen würde. Bei uns freilich rechtfertigt der „Segen" des all¬
gemeinen Stimmrechts alle Bedenken.

Unter den japanischen Friedensbedingungen ist eine, die die andern Nationen
indirekt berührt, weil sie einen eigentümlichen Präzedenzfall im Seekriegsrecht schaffen
würde. Es ist das Verlangen der Auslieferung der in neutrale Häfen geflüchteten
russischen Schiffe. Ein solches Verlangen ist noch niemals gestellt worden, und
Rußland wäre im vollen Recht, wenn es darauf nicht einginge, auch wären die
in Betracht kommenden Mächte gar nicht in der Lage, diese Rußland gehörenden
Schiffe ohne ausdrückliche Ermächtigung an Japan zu übergeben. Hat dieses sich
der Schiffe im Kriege nicht bemächtigen können, so kann es doch nicht den Anspruch
erheben, sie durch den Friedensschluß erobern zu wollen. Eine solche Bestimmung
im russisch-japanischen Friedenstraktat würde das gesamte internationale Seerecht
b eeinflussen und könnte von keiner Seemacht gebilligt werden.




Die „Rettung" von Kiautschou.

Die im letzten Heft (Ur. 32) von einem
besorgten Freunde vorgeschlagnen Maßnahmen zur „Rettung" Kiautschous dürften
schwerlich auf Zustimmung in den Marine- und Armeekreisen zu rechnen haben.
Erstens brauchen wir uns wirklich wegen der Absichten der Japaner auf Kiautschou
keine grauen Haare wachsen zu lassen. Wären aber Ursachen zu ernsten Bedenken
vorhanden, so würde es gerade diesem rührigen Volke gegenüber recht verkehrt sein,
diese Bedenken öffentlich zu diskutieren. Alles, was geschrieben würde, würde
doch nur für die Japaner geschrieben; unsre Behörden bedürfen in dieser Hinsicht
keiner Belehrung. Noch weniger würden sie es aber für richtig erachten, an die
große Glocke zu hängen, was sie in dem einen Falle tun, in dem andern lassen
wollten. Außerdem hat sich der Herr Einsender die Sache aber sehr leicht gemacht.
15000 Tonnen-Linienschiffe kosten nicht 20, sondern 30 Millionen Mark, sodann
ist es nicht mit dem Schiffbau allein getan. Ob die Flotte, die er für Kiautschou
vorschlägt, in dem Hafen von Tsingtau überhaupt untergebracht werden könnte,
wollen wir hier nicht erörtern; er verlangt ja nicht weniger als 8 Linienschiffe,
8 Panzerkreuzer, 20 geschützte Kreuzer, 20 Torpedobootszerstörer und 100 Torpedo-


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[0395] Maßgebliches und Unmaßgebliches von ihm beschlossenen Gesetze eigentlich verfassungsmäßig rechtsungiltig ist. Die Tat¬ sache, daß Regierungen und Reichstag stillschweigend eine solche Gesetzgebung zu¬ lassen müssen, ist eine der moralischen Schwächen unsrer durch die Verfassung nicht hinreichend ausgebauten parlamentarischen Einrichtungen. Aber um so zurückhaltender sollte man mit der Forderung einer Einberufung des Reichstags wegen angeblicher Neuaufstellung von fünftausend Maun sein, jeder einzelne Abgeordnete wäre sicherlich zornig über die Zumutung, deshalb im Monat August eine Woche in Berlin zu¬ zubringen. Dazu kommt, daß der gesamte Behördenapparat der Zentralstellen in seiner Urlaubszeit beeinträchtigt würde. Wollte sich der Reichskanzler revanchieren und den Reichstag wirklich wegen der in Aussicht genommnen geringen Transporte nach Südwestnfrika einberufen, die Abgeordneten würden ihm wahrscheinlich wenig Dank wissen. Zudem darf Fürst Bülow wohl für sich in Anspruch nehmen, daß die verfassungsmäßigen Befugnisse des Reichstags von ihm mit Peinlichkeit gewahrt werden, und daß ihm jedwede verfassungsgegnerische Tendenz sicherlich völlig fern liegt. Vergegenwärtigt man sich dazu die Tatsache, daß von dreihundert Abge¬ ordneten (ohne Sozialdemokraten) nur mit Not und Mühe einige Herren zu der Fahrt nach Kamerun zu haben waren, so sind doch die gesamten Räsonnements über die Nichteiuberufung des Reichstags hinfällig! Was die Bahn von Lüderitzbucht ins Innere anlangt, die in Zukunft sowohl für die materielle Entwicklung wie für die militärische Sicherheit des Landes unerläßlich ist oder in der letzten Hinsicht dnrch starke militärische Kräfte notdürftig ersetzt werden muß, so würde eine eng¬ lische Regierung die Bahn längst als ein Kriegsmittel in Angriff genommen und energisch gefördert haben, mit der vollen Sicherheit, daß kein Parlament die Aus¬ gabe hinterher ablehnen würde. Bei uns freilich rechtfertigt der „Segen" des all¬ gemeinen Stimmrechts alle Bedenken. Unter den japanischen Friedensbedingungen ist eine, die die andern Nationen indirekt berührt, weil sie einen eigentümlichen Präzedenzfall im Seekriegsrecht schaffen würde. Es ist das Verlangen der Auslieferung der in neutrale Häfen geflüchteten russischen Schiffe. Ein solches Verlangen ist noch niemals gestellt worden, und Rußland wäre im vollen Recht, wenn es darauf nicht einginge, auch wären die in Betracht kommenden Mächte gar nicht in der Lage, diese Rußland gehörenden Schiffe ohne ausdrückliche Ermächtigung an Japan zu übergeben. Hat dieses sich der Schiffe im Kriege nicht bemächtigen können, so kann es doch nicht den Anspruch erheben, sie durch den Friedensschluß erobern zu wollen. Eine solche Bestimmung im russisch-japanischen Friedenstraktat würde das gesamte internationale Seerecht b eeinflussen und könnte von keiner Seemacht gebilligt werden. Die „Rettung" von Kiautschou. Die im letzten Heft (Ur. 32) von einem besorgten Freunde vorgeschlagnen Maßnahmen zur „Rettung" Kiautschous dürften schwerlich auf Zustimmung in den Marine- und Armeekreisen zu rechnen haben. Erstens brauchen wir uns wirklich wegen der Absichten der Japaner auf Kiautschou keine grauen Haare wachsen zu lassen. Wären aber Ursachen zu ernsten Bedenken vorhanden, so würde es gerade diesem rührigen Volke gegenüber recht verkehrt sein, diese Bedenken öffentlich zu diskutieren. Alles, was geschrieben würde, würde doch nur für die Japaner geschrieben; unsre Behörden bedürfen in dieser Hinsicht keiner Belehrung. Noch weniger würden sie es aber für richtig erachten, an die große Glocke zu hängen, was sie in dem einen Falle tun, in dem andern lassen wollten. Außerdem hat sich der Herr Einsender die Sache aber sehr leicht gemacht. 15000 Tonnen-Linienschiffe kosten nicht 20, sondern 30 Millionen Mark, sodann ist es nicht mit dem Schiffbau allein getan. Ob die Flotte, die er für Kiautschou vorschlägt, in dem Hafen von Tsingtau überhaupt untergebracht werden könnte, wollen wir hier nicht erörtern; er verlangt ja nicht weniger als 8 Linienschiffe, 8 Panzerkreuzer, 20 geschützte Kreuzer, 20 Torpedobootszerstörer und 100 Torpedo-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/395>, abgerufen am 27.09.2024.