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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Je mehr sich unser Verhältnis zu England verdunkelte, zum wesentlichen Teile
gerade um Chinas willen, desto mehr haben wir uns Amerika politisch genähert
und bei Roosevelt und seinem großen Verständnis für das Deutschtum ein sehr
freundliches Entgegenkommen gefunden, dessen Einzelheiten erst später einmal klar
werden dürften. Ein gutes Einvernehmen zwischen Deutschland und Amerika ist
vielleicht das einzige sichere und zuverlässige Mittel, England die Notwendigkeit
eines freundlichern Verhältnisses zu Deutschland nahezulegen. Wenn jüngst ein
französischer Admiral in völliger Verkennung der Situation nussprach, die englisch¬
französische Entente vervierfache nicht nur Frankreichs Seemacht, indem sie ihr alle
englischen Häfen und Kohlenstativnen auf der ganzen Erde öffne, sondern sie ge¬
währe endlich auch die Möglichkeit, die Nordsee völlig abzusperren, so muß
man sich in Deutschland klar machen, was das für uns bedeuten würde, da siebzig
Prozent unsers Handels in Ein- und Ausfuhr zur See gehn, Seehandel sind.
Wenn solchen Plänen gegenüber Amerika den Standpunkt einnähme, daß eine
Sperrung der Nordsee seinen Interessen zuwiderlaufe, so wäre das für uns die
wertvollste politische Kombination und eine ganz neue Betätigung des vielfach ange-
fochtnen und doch einzig richtigen Wortes, "daß unsre Zukunft auf dem Wasser liegt."


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IKo Naumburg'b Rsvikw über Chamberlains "Grundlagen."

Die
auf eine mehr als hundertjährige kritisch-wissenschaftliche Tätigkeit vornehmster Art
zurückschallende englische Vierteljahrsschrift Ins ^äinbuiKb Rovion bringt in ihrer
Nummer 410 einen in England Aufsehen erregenden und für Deutschland inter¬
essanten Aufsah: int<zik6olu"l Oonciiticm ok Romsn Latnolieism in AorwAn?.,
Der Aufsatz ist, wie es ja in den englischen kritischen Journalen Sitte ist, nicht
gezeichnet: lebte Lord Acton noch, so würden wir auf ihn als Verfasser raten; ist
er in Deutschland geschrieben, so spricht der Geist eines Döllinger und Franz Xaver
Kraus aus ihm. Wir wollen uns aber hier nicht mit Raten nach dem Verfasser
abgeben, auch nicht den weitern Inhalt des bemerkenswerten Essays wiederholen,
der vor allem auch den abnormen geistigen Tiefstand des bayrischen Zentrumskatholi¬
zismus bei Abgeordneten, Wählern und im Journalismus sowie des ländlichen
bayrischen Klerus mit außerordentlicher Vertrautheit mit den Verhältnissen schildert;
sondern ohne uns mit den Erörterungen des Katholicus im einzelnen zu identi¬
fizieren, nur das wiederholen, was der Verfasser des Aufsatzes in seiner im geistigen
Interesse seines Glaubens geschriebnen Kritik über Chamberlains "Grundlagen des
neunzehnten Jahrhunderts" vom wissenschaftlich-katholischen Standpunkt aus schreibt:
Je geringer an Zahl die deutschen katholischen Schriftsteller sind, die in der Tat
ein gutes Buch zu schreiben imstande wären, desto größer ist der Einfluß litera¬
rischen Verdienstes auf das gebildete deutsche katholische Publikum. Man hat dieses
dahin gebracht, daß es beständig auf der Hut vor mögliche" Irrtümern in der
katholischen Doktrin bei Theologen und solche sofort als heterodox anzuschauen ge¬
wohnt ist. Bis jetzt hat sich die Majorität der Katholiken dies willig gefallen
lassen. Bei "Outsiders," über deren Schriften die Kirche nichts zu sagen hat, sind
sie aber weniger ängstlich. Hier glauben die Katholiken auf sicherm Grund zu
wandeln und zeigen einen außerordentlichen Mangel an kritischen Eigenschaften.
Ein Beispiel dafür ist der von Houston Stewart Chamberlains "Grundlagen des
neunzehnten Jahrhunderts" nicht allein auf das große Publikum, sondern auch auf
wahrhaft gläubige Gemüter -- allerdings nicht auf geistig geschulte Denker --
gemachte Eindruck, während sich doch die Gläubigen durch viele Behauptungen des
Autors hätten gewarnt fühlen sollen. Chamberlain haßt die Juden, und diese
Antipathie hat ihm die Sympathie der Antisemiten erworben; dann aber tritt er
für eine germanische Religion ein, weil er an die exklusive Superiorität der ger¬
manischen Nasse glaubt. Und er beweist diese Superiorität damit, daß er die hervor¬
ragendsten Geister, die man bis jetzt als zu andern Rassen gehörend betrachtet hat,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Je mehr sich unser Verhältnis zu England verdunkelte, zum wesentlichen Teile
gerade um Chinas willen, desto mehr haben wir uns Amerika politisch genähert
und bei Roosevelt und seinem großen Verständnis für das Deutschtum ein sehr
freundliches Entgegenkommen gefunden, dessen Einzelheiten erst später einmal klar
werden dürften. Ein gutes Einvernehmen zwischen Deutschland und Amerika ist
vielleicht das einzige sichere und zuverlässige Mittel, England die Notwendigkeit
eines freundlichern Verhältnisses zu Deutschland nahezulegen. Wenn jüngst ein
französischer Admiral in völliger Verkennung der Situation nussprach, die englisch¬
französische Entente vervierfache nicht nur Frankreichs Seemacht, indem sie ihr alle
englischen Häfen und Kohlenstativnen auf der ganzen Erde öffne, sondern sie ge¬
währe endlich auch die Möglichkeit, die Nordsee völlig abzusperren, so muß
man sich in Deutschland klar machen, was das für uns bedeuten würde, da siebzig
Prozent unsers Handels in Ein- und Ausfuhr zur See gehn, Seehandel sind.
Wenn solchen Plänen gegenüber Amerika den Standpunkt einnähme, daß eine
Sperrung der Nordsee seinen Interessen zuwiderlaufe, so wäre das für uns die
wertvollste politische Kombination und eine ganz neue Betätigung des vielfach ange-
fochtnen und doch einzig richtigen Wortes, „daß unsre Zukunft auf dem Wasser liegt."


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IKo Naumburg'b Rsvikw über Chamberlains „Grundlagen."

Die
auf eine mehr als hundertjährige kritisch-wissenschaftliche Tätigkeit vornehmster Art
zurückschallende englische Vierteljahrsschrift Ins ^äinbuiKb Rovion bringt in ihrer
Nummer 410 einen in England Aufsehen erregenden und für Deutschland inter¬
essanten Aufsah: int<zik6olu»l Oonciiticm ok Romsn Latnolieism in AorwAn?.,
Der Aufsatz ist, wie es ja in den englischen kritischen Journalen Sitte ist, nicht
gezeichnet: lebte Lord Acton noch, so würden wir auf ihn als Verfasser raten; ist
er in Deutschland geschrieben, so spricht der Geist eines Döllinger und Franz Xaver
Kraus aus ihm. Wir wollen uns aber hier nicht mit Raten nach dem Verfasser
abgeben, auch nicht den weitern Inhalt des bemerkenswerten Essays wiederholen,
der vor allem auch den abnormen geistigen Tiefstand des bayrischen Zentrumskatholi¬
zismus bei Abgeordneten, Wählern und im Journalismus sowie des ländlichen
bayrischen Klerus mit außerordentlicher Vertrautheit mit den Verhältnissen schildert;
sondern ohne uns mit den Erörterungen des Katholicus im einzelnen zu identi¬
fizieren, nur das wiederholen, was der Verfasser des Aufsatzes in seiner im geistigen
Interesse seines Glaubens geschriebnen Kritik über Chamberlains „Grundlagen des
neunzehnten Jahrhunderts" vom wissenschaftlich-katholischen Standpunkt aus schreibt:
Je geringer an Zahl die deutschen katholischen Schriftsteller sind, die in der Tat
ein gutes Buch zu schreiben imstande wären, desto größer ist der Einfluß litera¬
rischen Verdienstes auf das gebildete deutsche katholische Publikum. Man hat dieses
dahin gebracht, daß es beständig auf der Hut vor mögliche» Irrtümern in der
katholischen Doktrin bei Theologen und solche sofort als heterodox anzuschauen ge¬
wohnt ist. Bis jetzt hat sich die Majorität der Katholiken dies willig gefallen
lassen. Bei „Outsiders," über deren Schriften die Kirche nichts zu sagen hat, sind
sie aber weniger ängstlich. Hier glauben die Katholiken auf sicherm Grund zu
wandeln und zeigen einen außerordentlichen Mangel an kritischen Eigenschaften.
Ein Beispiel dafür ist der von Houston Stewart Chamberlains „Grundlagen des
neunzehnten Jahrhunderts" nicht allein auf das große Publikum, sondern auch auf
wahrhaft gläubige Gemüter — allerdings nicht auf geistig geschulte Denker —
gemachte Eindruck, während sich doch die Gläubigen durch viele Behauptungen des
Autors hätten gewarnt fühlen sollen. Chamberlain haßt die Juden, und diese
Antipathie hat ihm die Sympathie der Antisemiten erworben; dann aber tritt er
für eine germanische Religion ein, weil er an die exklusive Superiorität der ger¬
manischen Nasse glaubt. Und er beweist diese Superiorität damit, daß er die hervor¬
ragendsten Geister, die man bis jetzt als zu andern Rassen gehörend betrachtet hat,


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[0230] Maßgebliches und Unmaßgebliches Je mehr sich unser Verhältnis zu England verdunkelte, zum wesentlichen Teile gerade um Chinas willen, desto mehr haben wir uns Amerika politisch genähert und bei Roosevelt und seinem großen Verständnis für das Deutschtum ein sehr freundliches Entgegenkommen gefunden, dessen Einzelheiten erst später einmal klar werden dürften. Ein gutes Einvernehmen zwischen Deutschland und Amerika ist vielleicht das einzige sichere und zuverlässige Mittel, England die Notwendigkeit eines freundlichern Verhältnisses zu Deutschland nahezulegen. Wenn jüngst ein französischer Admiral in völliger Verkennung der Situation nussprach, die englisch¬ französische Entente vervierfache nicht nur Frankreichs Seemacht, indem sie ihr alle englischen Häfen und Kohlenstativnen auf der ganzen Erde öffne, sondern sie ge¬ währe endlich auch die Möglichkeit, die Nordsee völlig abzusperren, so muß man sich in Deutschland klar machen, was das für uns bedeuten würde, da siebzig Prozent unsers Handels in Ein- und Ausfuhr zur See gehn, Seehandel sind. Wenn solchen Plänen gegenüber Amerika den Standpunkt einnähme, daß eine Sperrung der Nordsee seinen Interessen zuwiderlaufe, so wäre das für uns die wertvollste politische Kombination und eine ganz neue Betätigung des vielfach ange- fochtnen und doch einzig richtigen Wortes, „daß unsre Zukunft auf dem Wasser liegt." »g>>- IKo Naumburg'b Rsvikw über Chamberlains „Grundlagen." Die auf eine mehr als hundertjährige kritisch-wissenschaftliche Tätigkeit vornehmster Art zurückschallende englische Vierteljahrsschrift Ins ^äinbuiKb Rovion bringt in ihrer Nummer 410 einen in England Aufsehen erregenden und für Deutschland inter¬ essanten Aufsah: int<zik6olu»l Oonciiticm ok Romsn Latnolieism in AorwAn?., Der Aufsatz ist, wie es ja in den englischen kritischen Journalen Sitte ist, nicht gezeichnet: lebte Lord Acton noch, so würden wir auf ihn als Verfasser raten; ist er in Deutschland geschrieben, so spricht der Geist eines Döllinger und Franz Xaver Kraus aus ihm. Wir wollen uns aber hier nicht mit Raten nach dem Verfasser abgeben, auch nicht den weitern Inhalt des bemerkenswerten Essays wiederholen, der vor allem auch den abnormen geistigen Tiefstand des bayrischen Zentrumskatholi¬ zismus bei Abgeordneten, Wählern und im Journalismus sowie des ländlichen bayrischen Klerus mit außerordentlicher Vertrautheit mit den Verhältnissen schildert; sondern ohne uns mit den Erörterungen des Katholicus im einzelnen zu identi¬ fizieren, nur das wiederholen, was der Verfasser des Aufsatzes in seiner im geistigen Interesse seines Glaubens geschriebnen Kritik über Chamberlains „Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts" vom wissenschaftlich-katholischen Standpunkt aus schreibt: Je geringer an Zahl die deutschen katholischen Schriftsteller sind, die in der Tat ein gutes Buch zu schreiben imstande wären, desto größer ist der Einfluß litera¬ rischen Verdienstes auf das gebildete deutsche katholische Publikum. Man hat dieses dahin gebracht, daß es beständig auf der Hut vor mögliche» Irrtümern in der katholischen Doktrin bei Theologen und solche sofort als heterodox anzuschauen ge¬ wohnt ist. Bis jetzt hat sich die Majorität der Katholiken dies willig gefallen lassen. Bei „Outsiders," über deren Schriften die Kirche nichts zu sagen hat, sind sie aber weniger ängstlich. Hier glauben die Katholiken auf sicherm Grund zu wandeln und zeigen einen außerordentlichen Mangel an kritischen Eigenschaften. Ein Beispiel dafür ist der von Houston Stewart Chamberlains „Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts" nicht allein auf das große Publikum, sondern auch auf wahrhaft gläubige Gemüter — allerdings nicht auf geistig geschulte Denker — gemachte Eindruck, während sich doch die Gläubigen durch viele Behauptungen des Autors hätten gewarnt fühlen sollen. Chamberlain haßt die Juden, und diese Antipathie hat ihm die Sympathie der Antisemiten erworben; dann aber tritt er für eine germanische Religion ein, weil er an die exklusive Superiorität der ger¬ manischen Nasse glaubt. Und er beweist diese Superiorität damit, daß er die hervor¬ ragendsten Geister, die man bis jetzt als zu andern Rassen gehörend betrachtet hat,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/230>, abgerufen am 27.09.2024.