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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Unter Kunden, Aoinödianten und wilden Tieren
Wieder bei fahrenden Volke

Vor Landshut war ich mit einem andern Kunden zusammengetroffen und
wanderte mit ihm zusammen in die Stadt ein. Schon ans der Ferne vernahmen
wir Musik. Wir gingen den Tönen nach und sahen auf einem Platze eine lange
mit "Tierschildern" geschmückte Bude, über der in riesigen Lettern zu lesen war:
Christian Bergs große Menagerie. Wir mischten uns unter das Publikum, das
vor der Bude stand und die Schilder anstaunte, und wohnten der sogenannten
Parade bei. Unter Parade versteht man die Aufstellung aller Mitwirkenden eines
Schangeschäfts vor der Bude, die dazu dienen soll, das Publikum anzulocken und
die Erwartungen auf das höchste zu spannen. Auch die Musikkapelle nahm an
der Parade teil und musizierte, wahrend in den Zwischenpausen der "Rekommcm-
deur" eine Ansprache hielt, die ungefähr folgenden Wortlaut hatte: "Hier gibt es
zu sehen Tiere, die zu Wasser, Tiere, die zu Laude leben, aus allen Zonen, aus
allen Gegenden der Erde. Die Vorstellung besteht aus drei Abteilungen. Erstens
die Explikation; hierbet werden alle Tiere namhaft gemacht, es wird erklärt, wo
sie wohnen, wie sie leben, und welche Nahrung sie zu sich nehmen. Zweitens die
Dressur; hierbei wird Miß Pora, die Löwenbraut, auftreten. Die junge Dame
hat schon viele Erfolge errungen, sie ist u. a. schon im Zirkus Nerz aufgetreten.
Zum Schluß wird die Fütterung sämtlicher Raubtiere stattfinden." Nach dieser Rede
des Rekommandeurs spielte die Musik noch einen Galopp und zog sich dann mit
den Angestellten des Geschäfts in das Innere der Bude zurück, wo sie ein neues
Stück begann. Das war das Zeichen zum Beginn der Vorstellung, und das
Publikum stieg die Treppe empor, um ein Billett zu lösen. Mein Kollege und ich
begaben uns ebenfalls an die Kasse, legitimierten uns als mittellose Reisende und
baten um freien Einlaß, der uns auch bereitwillig gewährt wurde. Der Inhalt
der Menagerie bestand aus sieben Löwen, darunter einem Paar aus Nubien, einem
bengalischen Tiger, einem braunen Bären, einem Eisbären, einem Leoparden, einem
Jaguar, einem Panther, einer gefleckten und einer gestreiften Hyäne, zwei Wölfen,
einem Kamel, einem Rehbock, einem Alligator, einem Pelikan, einer Riesenschlange
(Python), zwei schottischen Ponys, einer kleinen Kollektion Affen und einigen Papa¬
geien und andern exotischen Vögeln. Derselbe Mann, der draußen vor der Bude
die "Rekommnndcition" gemacht hatte, machte drinnen die "Explikation," d. h. er
hielt einen "allgemein-wissenschaftlichen" Vortrag, worin er über die Lebensweise,
Heimat, Nahrung der Tiere usw. sprach, und wobei ihm seine Berliner Zungen¬
fertigkeit zustatten kam. Danach gab es eine Dressurnummer mit einer "gemischten
Gruppe," die aus einem Löwen, einem Spitzhunde, einer gefleckten, einer gestreiften
Hyäne und einem braunen Bären bestand. Die Dame, die sich in dieser Nummer
produzierte, war die schon genannte "Miß Pora," in ihrem Zivilverhältnis das
Dienstmädchen des Menageriebesitzers. Darauf erschien der Explikateur wieder und
sagte zu dem Publikum: "Bevor wir mit der Fütterung beginnen, wird die junge
Dame so frei sein, sich den geehrten Herrschaften für ein Douceur oder Trinkgeld
zu rekommandieren; es ist niemand gezwungen, etwas zu geben, aber die kleinste
Gabe wird mit Dank angenommen." Natürlich öffneten sich viele Börsen, und
Miß Pora, die ihr Douceur in einer großen Seemuschel einheimste, zog sich mit
einem leidlichen Erlös zurück. Den Schluß der Vorstellung machte die Fütterung,
wobei die Raubtiere ihre Fleischrationcn erhielten, der Pelikan einige Fische.

Nach der Vorstellung begab ich mich kurz entschlossen an die Kasse und fragte,
ob man in der Menagerie Arbeit für mich habe. Frau Berg sah mich mit prü¬
fenden Blicken an und bestellte mich für den andern Tag, wo ich Auskunft erhalten
sollte. Ich ging um mit meinem Kollegen auf die Herberge, besuchte noch an
demselben Nachmittag die vierzehn Klöster der Stadt und fand mich am Montag
früh in der Menagerie ein, wo man meine Papiere prüfte und mir sagte, ich
könnte anfangen, wenn ich mit einem Monatslohn von zwölf Mark und einem
Teil des Trinkgeldes zufrieden sei. Dieses Angebot war alles andre als glänzend;


Unter Kunden, Aoinödianten und wilden Tieren
Wieder bei fahrenden Volke

Vor Landshut war ich mit einem andern Kunden zusammengetroffen und
wanderte mit ihm zusammen in die Stadt ein. Schon ans der Ferne vernahmen
wir Musik. Wir gingen den Tönen nach und sahen auf einem Platze eine lange
mit „Tierschildern" geschmückte Bude, über der in riesigen Lettern zu lesen war:
Christian Bergs große Menagerie. Wir mischten uns unter das Publikum, das
vor der Bude stand und die Schilder anstaunte, und wohnten der sogenannten
Parade bei. Unter Parade versteht man die Aufstellung aller Mitwirkenden eines
Schangeschäfts vor der Bude, die dazu dienen soll, das Publikum anzulocken und
die Erwartungen auf das höchste zu spannen. Auch die Musikkapelle nahm an
der Parade teil und musizierte, wahrend in den Zwischenpausen der „Rekommcm-
deur" eine Ansprache hielt, die ungefähr folgenden Wortlaut hatte: „Hier gibt es
zu sehen Tiere, die zu Wasser, Tiere, die zu Laude leben, aus allen Zonen, aus
allen Gegenden der Erde. Die Vorstellung besteht aus drei Abteilungen. Erstens
die Explikation; hierbet werden alle Tiere namhaft gemacht, es wird erklärt, wo
sie wohnen, wie sie leben, und welche Nahrung sie zu sich nehmen. Zweitens die
Dressur; hierbei wird Miß Pora, die Löwenbraut, auftreten. Die junge Dame
hat schon viele Erfolge errungen, sie ist u. a. schon im Zirkus Nerz aufgetreten.
Zum Schluß wird die Fütterung sämtlicher Raubtiere stattfinden." Nach dieser Rede
des Rekommandeurs spielte die Musik noch einen Galopp und zog sich dann mit
den Angestellten des Geschäfts in das Innere der Bude zurück, wo sie ein neues
Stück begann. Das war das Zeichen zum Beginn der Vorstellung, und das
Publikum stieg die Treppe empor, um ein Billett zu lösen. Mein Kollege und ich
begaben uns ebenfalls an die Kasse, legitimierten uns als mittellose Reisende und
baten um freien Einlaß, der uns auch bereitwillig gewährt wurde. Der Inhalt
der Menagerie bestand aus sieben Löwen, darunter einem Paar aus Nubien, einem
bengalischen Tiger, einem braunen Bären, einem Eisbären, einem Leoparden, einem
Jaguar, einem Panther, einer gefleckten und einer gestreiften Hyäne, zwei Wölfen,
einem Kamel, einem Rehbock, einem Alligator, einem Pelikan, einer Riesenschlange
(Python), zwei schottischen Ponys, einer kleinen Kollektion Affen und einigen Papa¬
geien und andern exotischen Vögeln. Derselbe Mann, der draußen vor der Bude
die „Rekommnndcition" gemacht hatte, machte drinnen die „Explikation," d. h. er
hielt einen „allgemein-wissenschaftlichen" Vortrag, worin er über die Lebensweise,
Heimat, Nahrung der Tiere usw. sprach, und wobei ihm seine Berliner Zungen¬
fertigkeit zustatten kam. Danach gab es eine Dressurnummer mit einer „gemischten
Gruppe," die aus einem Löwen, einem Spitzhunde, einer gefleckten, einer gestreiften
Hyäne und einem braunen Bären bestand. Die Dame, die sich in dieser Nummer
produzierte, war die schon genannte „Miß Pora," in ihrem Zivilverhältnis das
Dienstmädchen des Menageriebesitzers. Darauf erschien der Explikateur wieder und
sagte zu dem Publikum: „Bevor wir mit der Fütterung beginnen, wird die junge
Dame so frei sein, sich den geehrten Herrschaften für ein Douceur oder Trinkgeld
zu rekommandieren; es ist niemand gezwungen, etwas zu geben, aber die kleinste
Gabe wird mit Dank angenommen." Natürlich öffneten sich viele Börsen, und
Miß Pora, die ihr Douceur in einer großen Seemuschel einheimste, zog sich mit
einem leidlichen Erlös zurück. Den Schluß der Vorstellung machte die Fütterung,
wobei die Raubtiere ihre Fleischrationcn erhielten, der Pelikan einige Fische.

Nach der Vorstellung begab ich mich kurz entschlossen an die Kasse und fragte,
ob man in der Menagerie Arbeit für mich habe. Frau Berg sah mich mit prü¬
fenden Blicken an und bestellte mich für den andern Tag, wo ich Auskunft erhalten
sollte. Ich ging um mit meinem Kollegen auf die Herberge, besuchte noch an
demselben Nachmittag die vierzehn Klöster der Stadt und fand mich am Montag
früh in der Menagerie ein, wo man meine Papiere prüfte und mir sagte, ich
könnte anfangen, wenn ich mit einem Monatslohn von zwölf Mark und einem
Teil des Trinkgeldes zufrieden sei. Dieses Angebot war alles andre als glänzend;


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[0159] Unter Kunden, Aoinödianten und wilden Tieren Wieder bei fahrenden Volke Vor Landshut war ich mit einem andern Kunden zusammengetroffen und wanderte mit ihm zusammen in die Stadt ein. Schon ans der Ferne vernahmen wir Musik. Wir gingen den Tönen nach und sahen auf einem Platze eine lange mit „Tierschildern" geschmückte Bude, über der in riesigen Lettern zu lesen war: Christian Bergs große Menagerie. Wir mischten uns unter das Publikum, das vor der Bude stand und die Schilder anstaunte, und wohnten der sogenannten Parade bei. Unter Parade versteht man die Aufstellung aller Mitwirkenden eines Schangeschäfts vor der Bude, die dazu dienen soll, das Publikum anzulocken und die Erwartungen auf das höchste zu spannen. Auch die Musikkapelle nahm an der Parade teil und musizierte, wahrend in den Zwischenpausen der „Rekommcm- deur" eine Ansprache hielt, die ungefähr folgenden Wortlaut hatte: „Hier gibt es zu sehen Tiere, die zu Wasser, Tiere, die zu Laude leben, aus allen Zonen, aus allen Gegenden der Erde. Die Vorstellung besteht aus drei Abteilungen. Erstens die Explikation; hierbet werden alle Tiere namhaft gemacht, es wird erklärt, wo sie wohnen, wie sie leben, und welche Nahrung sie zu sich nehmen. Zweitens die Dressur; hierbei wird Miß Pora, die Löwenbraut, auftreten. Die junge Dame hat schon viele Erfolge errungen, sie ist u. a. schon im Zirkus Nerz aufgetreten. Zum Schluß wird die Fütterung sämtlicher Raubtiere stattfinden." Nach dieser Rede des Rekommandeurs spielte die Musik noch einen Galopp und zog sich dann mit den Angestellten des Geschäfts in das Innere der Bude zurück, wo sie ein neues Stück begann. Das war das Zeichen zum Beginn der Vorstellung, und das Publikum stieg die Treppe empor, um ein Billett zu lösen. Mein Kollege und ich begaben uns ebenfalls an die Kasse, legitimierten uns als mittellose Reisende und baten um freien Einlaß, der uns auch bereitwillig gewährt wurde. Der Inhalt der Menagerie bestand aus sieben Löwen, darunter einem Paar aus Nubien, einem bengalischen Tiger, einem braunen Bären, einem Eisbären, einem Leoparden, einem Jaguar, einem Panther, einer gefleckten und einer gestreiften Hyäne, zwei Wölfen, einem Kamel, einem Rehbock, einem Alligator, einem Pelikan, einer Riesenschlange (Python), zwei schottischen Ponys, einer kleinen Kollektion Affen und einigen Papa¬ geien und andern exotischen Vögeln. Derselbe Mann, der draußen vor der Bude die „Rekommnndcition" gemacht hatte, machte drinnen die „Explikation," d. h. er hielt einen „allgemein-wissenschaftlichen" Vortrag, worin er über die Lebensweise, Heimat, Nahrung der Tiere usw. sprach, und wobei ihm seine Berliner Zungen¬ fertigkeit zustatten kam. Danach gab es eine Dressurnummer mit einer „gemischten Gruppe," die aus einem Löwen, einem Spitzhunde, einer gefleckten, einer gestreiften Hyäne und einem braunen Bären bestand. Die Dame, die sich in dieser Nummer produzierte, war die schon genannte „Miß Pora," in ihrem Zivilverhältnis das Dienstmädchen des Menageriebesitzers. Darauf erschien der Explikateur wieder und sagte zu dem Publikum: „Bevor wir mit der Fütterung beginnen, wird die junge Dame so frei sein, sich den geehrten Herrschaften für ein Douceur oder Trinkgeld zu rekommandieren; es ist niemand gezwungen, etwas zu geben, aber die kleinste Gabe wird mit Dank angenommen." Natürlich öffneten sich viele Börsen, und Miß Pora, die ihr Douceur in einer großen Seemuschel einheimste, zog sich mit einem leidlichen Erlös zurück. Den Schluß der Vorstellung machte die Fütterung, wobei die Raubtiere ihre Fleischrationcn erhielten, der Pelikan einige Fische. Nach der Vorstellung begab ich mich kurz entschlossen an die Kasse und fragte, ob man in der Menagerie Arbeit für mich habe. Frau Berg sah mich mit prü¬ fenden Blicken an und bestellte mich für den andern Tag, wo ich Auskunft erhalten sollte. Ich ging um mit meinem Kollegen auf die Herberge, besuchte noch an demselben Nachmittag die vierzehn Klöster der Stadt und fand mich am Montag früh in der Menagerie ein, wo man meine Papiere prüfte und mir sagte, ich könnte anfangen, wenn ich mit einem Monatslohn von zwölf Mark und einem Teil des Trinkgeldes zufrieden sei. Dieses Angebot war alles andre als glänzend;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/159>, abgerufen am 27.09.2024.