Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.Der Zusammenhang von äußerer und innerer Politik haben, während zwischen den beiden christlichen Bekenntnissen ein Unterschied Der Zusammenhang von äußerer und innerer Politik (Schluß) se das Lehnskriegswesen die feudalistische Form der Kriegsein- Der Zusammenhang von äußerer und innerer Politik haben, während zwischen den beiden christlichen Bekenntnissen ein Unterschied Der Zusammenhang von äußerer und innerer Politik (Schluß) se das Lehnskriegswesen die feudalistische Form der Kriegsein- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0631" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224877"/> <fw type="header" place="top"> Der Zusammenhang von äußerer und innerer Politik</fw><lb/> <p xml:id="ID_2095" prev="#ID_2094"> haben, während zwischen den beiden christlichen Bekenntnissen ein Unterschied<lb/> der Lebens- und Daseinsverhältnisse nicht bestanden hat. Jedenfalls tragen<lb/> bloße Beschwerden über angeblich ungerechtfertigte Zurücksetzungen der Katho¬<lb/> liken zur Aufklärung der Gründe des Mißverhältnisses nichts bei.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der Zusammenhang von äußerer und innerer Politik<lb/> (Schluß) </head><lb/> <p xml:id="ID_2096"> se das Lehnskriegswesen die feudalistische Form der Kriegsein-<lb/> so kann man das Söldncrtum als kapitalistisch-plutv-<lb/> bezeichnen: es zeigt in der That, je länger je mehr,<lb/> alle Eigentümlichkeiten, Schattenseiten und Auswüchse kapita-<lb/> Betriebsweise. Es herrscht die freie internationale<lb/> Konkurrenz, die Kapitalkraft des Unternehmers und sein rücksichtsloser Jnter-<lb/> essenegoismus sind die Bedingungen des Erfolges. Nur reiche Leute können<lb/> die Söldner zusammenbringen und durch das oft nötige Vorschießen des<lb/> Soldes für den Kriegsherrn zusammenhalten. Ihrem Auftraggeber liefern sie<lb/> das billigste, was sie haben konnten, d. h. oft Schund, mit Zahl und Qualität<lb/> suchen sie ihn übers Ohr zu hauen, wo sie können, auch ihre Arbeiter sind ge¬<lb/> wohnt, um einen Teil ihres Soldes wieder betrogen zu werden; natürlich leben<lb/> sie mit ihnen gewvhnheitsnüißig auf dem Kriegsfuß. Dafür drücken die Unter¬<lb/> nehmer beide Augen zu, wenn die Arbeiter, die Söldner, sich an der Bevölkerung<lb/> des Landes schadlos halten. nationalökonomisch gesprochen, wird ein großer<lb/> Teil des Arbeitslohns ans das Land und seine Bewohner „abgewälzt." Die Un-<lb/> erträglichkeit der kapitalistischen Betriebsweise ans diesem wichtigsten aller staat¬<lb/> lichen Gebiete, dem der Existenzsicherung des Ganzen wie des Einzelnen gegen<lb/> Vergewaltigung, veranlaßt nun zuerst in Brandenburg-Preußen die allmähliche,<lb/> aber konsequent durchgeführte Verstaatlichung des Heerwesens. Das ist der<lb/> Sinn der Reformen von 1640 bis 1740. Ob diese Reformen konservativ, ob<lb/> sie liberal oder sozialistisch waren, darum haben sich die Herrscher glücklicher¬<lb/> weise nicht bekümmert, sondern nur darum, ob sie notwendig und heilsam<lb/> waren. Die dringendste, aber anch höchst schwierige Aufgabe war, die Unter¬<lb/> nehmer, deren Vorteil mit dem seitherigen Zustande der Dinge verknüpft war,<lb/> der staatlichen Autorität zu unterwerfen, sie zu Beamten des Staats zu<lb/> machen. Erst nach einem Menschenalter war man so weit, daß der Kurfürst<lb/> den Obersten — bisher reinen Spekulanten — ein Regiment „konferirte."</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0631]
Der Zusammenhang von äußerer und innerer Politik
haben, während zwischen den beiden christlichen Bekenntnissen ein Unterschied
der Lebens- und Daseinsverhältnisse nicht bestanden hat. Jedenfalls tragen
bloße Beschwerden über angeblich ungerechtfertigte Zurücksetzungen der Katho¬
liken zur Aufklärung der Gründe des Mißverhältnisses nichts bei.
Der Zusammenhang von äußerer und innerer Politik
(Schluß)
se das Lehnskriegswesen die feudalistische Form der Kriegsein-
so kann man das Söldncrtum als kapitalistisch-plutv-
bezeichnen: es zeigt in der That, je länger je mehr,
alle Eigentümlichkeiten, Schattenseiten und Auswüchse kapita-
Betriebsweise. Es herrscht die freie internationale
Konkurrenz, die Kapitalkraft des Unternehmers und sein rücksichtsloser Jnter-
essenegoismus sind die Bedingungen des Erfolges. Nur reiche Leute können
die Söldner zusammenbringen und durch das oft nötige Vorschießen des
Soldes für den Kriegsherrn zusammenhalten. Ihrem Auftraggeber liefern sie
das billigste, was sie haben konnten, d. h. oft Schund, mit Zahl und Qualität
suchen sie ihn übers Ohr zu hauen, wo sie können, auch ihre Arbeiter sind ge¬
wohnt, um einen Teil ihres Soldes wieder betrogen zu werden; natürlich leben
sie mit ihnen gewvhnheitsnüißig auf dem Kriegsfuß. Dafür drücken die Unter¬
nehmer beide Augen zu, wenn die Arbeiter, die Söldner, sich an der Bevölkerung
des Landes schadlos halten. nationalökonomisch gesprochen, wird ein großer
Teil des Arbeitslohns ans das Land und seine Bewohner „abgewälzt." Die Un-
erträglichkeit der kapitalistischen Betriebsweise ans diesem wichtigsten aller staat¬
lichen Gebiete, dem der Existenzsicherung des Ganzen wie des Einzelnen gegen
Vergewaltigung, veranlaßt nun zuerst in Brandenburg-Preußen die allmähliche,
aber konsequent durchgeführte Verstaatlichung des Heerwesens. Das ist der
Sinn der Reformen von 1640 bis 1740. Ob diese Reformen konservativ, ob
sie liberal oder sozialistisch waren, darum haben sich die Herrscher glücklicher¬
weise nicht bekümmert, sondern nur darum, ob sie notwendig und heilsam
waren. Die dringendste, aber anch höchst schwierige Aufgabe war, die Unter¬
nehmer, deren Vorteil mit dem seitherigen Zustande der Dinge verknüpft war,
der staatlichen Autorität zu unterwerfen, sie zu Beamten des Staats zu
machen. Erst nach einem Menschenalter war man so weit, daß der Kurfürst
den Obersten — bisher reinen Spekulanten — ein Regiment „konferirte."
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