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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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gefährliche Retten gar nicht im Verhältniß steht zu dem Lohn für das unge¬
fährliche Bergen, wird nur gar zu leicht mit der Rettung gezögert, so lange
keine Concurrenz wegen das Bergen" zu befürchten ist. --

Recapituliren wir kurz unsere Vorschläge: Aufhebung der Bergepflicht und
des Bergerechts und Herabsehung des Lohns für die nur auf Anordnung des
Eigenthümers vorzunehmende Bergung im Falle der richterlichen Feststellung
auf ein dem Werthe der geleisteten Arbeit entsprechendes Maß, -- Handhabung
des Nettungswesens durch freie Vereinsthätigkeit unter einheitlicher Controlver-
waltung und reichlicher Belohnung der Rettungsmannschaft.

Schließlich noch eine Bemerkung. Die Mittel der Rettungsvereine müssen
vermehrt werden. In Holland hatten sich schon gegen Ende der dreißiger
Jahre die bedeutendsten Rheder freiwillig verpflichtet, bei jeder Befrachtung
eines Schiffes gleich durch den Schiffsmakler 1 Cent pro Ton als Beitrag für
den Nettungsverein zu überweisen. Sollten nicht auch unsere deutschen Reeber
bereit sein, in ähnlicher Weise durch ein dem Einzelnen nicht fühlbares, in der
Gesammtheit äußerst wirksames Opfer für Sicherung von Leib und Leben ihrer
braven Schiffsleute beizusteuern?




Die nordschleslmgsche Frage.

Jetzt sind es nun reichlich vier Jahre, daß die Bevölkerung des nördlichen
Schleswig abwechselnd in Furcht und Hoffnung wegen ihres definitiven poli¬
tischen Schicksals schwebt. Zuerst wurden die Dänen aus ihrer Ruhe aufge¬
schreckt, die Deutschen von einem ersten Lichtstrahl der Aussicht in eine bessere
Zukunft berührt, als am Is. November 1863 der letzte Königherzog, Frederit VII.
starb. Dann folgte die tiefaufregende Zeit der Ermannung des deutschen Na¬
tionalsgefühls, des preußisch-östreichischen Feldzugs gegen Dänemark, der diplo¬
matischen Unterhandlungen von der londoner Conferenz bis zum wiener Frieden.
Von Dänemark kam man damit los, im übrigen aber blieb noch alles im Un¬
gewissen. Die Attachirung an den früher entweder unbekannten oder verhaßten
Augustenburger machte auch hier Fortschritte, weil man mit dem übrigen
deutschen Volke in seinem Erbrecht die Garantie der nationalen Absonderung von
Dänemark zu sehen gewohnt war, und aus demselben Grunde waren die dänisch¬
gesinnten Nordschleswiger in jener Zeit leidenschaftlichere Feinde des Hauses
Augustenburg, als des Hauses Hohenzollern. Dieses Verhältniß drehte sich
um. nachdem der gasteiner Vertrag Preußen allein in die Verwaltung des
national gemischten Grenzlandes eingesetzt hatte und der Gouverneur von


gefährliche Retten gar nicht im Verhältniß steht zu dem Lohn für das unge¬
fährliche Bergen, wird nur gar zu leicht mit der Rettung gezögert, so lange
keine Concurrenz wegen das Bergen« zu befürchten ist. —

Recapituliren wir kurz unsere Vorschläge: Aufhebung der Bergepflicht und
des Bergerechts und Herabsehung des Lohns für die nur auf Anordnung des
Eigenthümers vorzunehmende Bergung im Falle der richterlichen Feststellung
auf ein dem Werthe der geleisteten Arbeit entsprechendes Maß, — Handhabung
des Nettungswesens durch freie Vereinsthätigkeit unter einheitlicher Controlver-
waltung und reichlicher Belohnung der Rettungsmannschaft.

Schließlich noch eine Bemerkung. Die Mittel der Rettungsvereine müssen
vermehrt werden. In Holland hatten sich schon gegen Ende der dreißiger
Jahre die bedeutendsten Rheder freiwillig verpflichtet, bei jeder Befrachtung
eines Schiffes gleich durch den Schiffsmakler 1 Cent pro Ton als Beitrag für
den Nettungsverein zu überweisen. Sollten nicht auch unsere deutschen Reeber
bereit sein, in ähnlicher Weise durch ein dem Einzelnen nicht fühlbares, in der
Gesammtheit äußerst wirksames Opfer für Sicherung von Leib und Leben ihrer
braven Schiffsleute beizusteuern?




Die nordschleslmgsche Frage.

Jetzt sind es nun reichlich vier Jahre, daß die Bevölkerung des nördlichen
Schleswig abwechselnd in Furcht und Hoffnung wegen ihres definitiven poli¬
tischen Schicksals schwebt. Zuerst wurden die Dänen aus ihrer Ruhe aufge¬
schreckt, die Deutschen von einem ersten Lichtstrahl der Aussicht in eine bessere
Zukunft berührt, als am Is. November 1863 der letzte Königherzog, Frederit VII.
starb. Dann folgte die tiefaufregende Zeit der Ermannung des deutschen Na¬
tionalsgefühls, des preußisch-östreichischen Feldzugs gegen Dänemark, der diplo¬
matischen Unterhandlungen von der londoner Conferenz bis zum wiener Frieden.
Von Dänemark kam man damit los, im übrigen aber blieb noch alles im Un¬
gewissen. Die Attachirung an den früher entweder unbekannten oder verhaßten
Augustenburger machte auch hier Fortschritte, weil man mit dem übrigen
deutschen Volke in seinem Erbrecht die Garantie der nationalen Absonderung von
Dänemark zu sehen gewohnt war, und aus demselben Grunde waren die dänisch¬
gesinnten Nordschleswiger in jener Zeit leidenschaftlichere Feinde des Hauses
Augustenburg, als des Hauses Hohenzollern. Dieses Verhältniß drehte sich
um. nachdem der gasteiner Vertrag Preußen allein in die Verwaltung des
national gemischten Grenzlandes eingesetzt hatte und der Gouverneur von


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/431>, abgerufen am 27.09.2024.