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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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einem Säbel die Ehre zu geben, als ein Fremder des Wegs vorüberzog, wel¬
cher den Knaben dadurch aus seiner Gefahr befreite, daß er ihn die Nüsse
fallen lassen und dann die Hand herausziehen hieß.

Diese Auswahl aus der Chronik von Chelbun wird hinreichen, zu zeigen,
weß Geistes Kinder die Leute dort sind. Die Geschichte von der Knabenhand im
Kruge beruht auf derselben Anschauung, wie die von den Ulmern, die den
Ballen durchaus nicht durch das Stadtthor bringen konnten, weil sie ihn nicht
anders als der Breite nach hindurchtragen zu können meinten, und die sich,
wie die Cbeibunier durch einen Fremden, durch einen Sperling belehren lassen
mußten, der einen Strohhalm zu Neste trug. Der Mudebbir wird bei den
deutschen Schildbürgern Bürgermeister genannt. Die Geschichte von der Wieder-
eroberung des Mondes hat ihr Seitenstück in den kiebinger Mondfängern.
Alle andern könnten sich auch in den Orten zugetragen haben, wo sie den
Ochsen mit einem Strick um den Hals auf die Stadtmauer winden, daß er
das dort wachsende Gras abweide, oder wo sie versuchen, die unbequem ge¬
legene Kirche ein Stück fortzuschieben, und das Werk für gelungen halten, als
ein Spaßvogel die Jacke, die er sie zum Zeichen, wieweit, hat hinlegen lassen,
heimlich weggeschafft hat. Andrerseits könnten sich in Chelbun der Kauf des
Kürbisses als Eselseis und die Ausbrütung desselben durch den Mudebbir, die
schöne Historie von der Sonnenuhr, die gegen den Regen mit einem Dach ver¬
sehen wird, und die schlaue Brunnenmessung, wo der Bürgermeister, an den
die Andern sich anhängen, losläßt, um in die Hände zu spucken, recht wohl
ereignet haben, ohne daß Damaskus sich darüber allzusehr verwundern würde.
Der Tenor der Schwänke ist hier wie dort der gleiche, und wenn man in
Damaskus genauer nachfragte, möchten sich auch Wohl Anekdoten von den.
Chelbuniern finden lassen, die noch mehr mit denen zusammenfallen, welche
der Bolksmund von unsern Lalenbürgern erzählt.




Vermischte Literatur.
Anno 1724. Zur Charakteristik der polnischen Herrschaft von Fr. Clar-
Bromberg, Verlag von C. M. Roskowski 1863.

Eine Novelle, welche die Vorgänge schildert, die zu dem bekannten blutige"
7. December in Thorn führten, nicht übel erzählt und vorzüglich denen zur Lee"


einem Säbel die Ehre zu geben, als ein Fremder des Wegs vorüberzog, wel¬
cher den Knaben dadurch aus seiner Gefahr befreite, daß er ihn die Nüsse
fallen lassen und dann die Hand herausziehen hieß.

Diese Auswahl aus der Chronik von Chelbun wird hinreichen, zu zeigen,
weß Geistes Kinder die Leute dort sind. Die Geschichte von der Knabenhand im
Kruge beruht auf derselben Anschauung, wie die von den Ulmern, die den
Ballen durchaus nicht durch das Stadtthor bringen konnten, weil sie ihn nicht
anders als der Breite nach hindurchtragen zu können meinten, und die sich,
wie die Cbeibunier durch einen Fremden, durch einen Sperling belehren lassen
mußten, der einen Strohhalm zu Neste trug. Der Mudebbir wird bei den
deutschen Schildbürgern Bürgermeister genannt. Die Geschichte von der Wieder-
eroberung des Mondes hat ihr Seitenstück in den kiebinger Mondfängern.
Alle andern könnten sich auch in den Orten zugetragen haben, wo sie den
Ochsen mit einem Strick um den Hals auf die Stadtmauer winden, daß er
das dort wachsende Gras abweide, oder wo sie versuchen, die unbequem ge¬
legene Kirche ein Stück fortzuschieben, und das Werk für gelungen halten, als
ein Spaßvogel die Jacke, die er sie zum Zeichen, wieweit, hat hinlegen lassen,
heimlich weggeschafft hat. Andrerseits könnten sich in Chelbun der Kauf des
Kürbisses als Eselseis und die Ausbrütung desselben durch den Mudebbir, die
schöne Historie von der Sonnenuhr, die gegen den Regen mit einem Dach ver¬
sehen wird, und die schlaue Brunnenmessung, wo der Bürgermeister, an den
die Andern sich anhängen, losläßt, um in die Hände zu spucken, recht wohl
ereignet haben, ohne daß Damaskus sich darüber allzusehr verwundern würde.
Der Tenor der Schwänke ist hier wie dort der gleiche, und wenn man in
Damaskus genauer nachfragte, möchten sich auch Wohl Anekdoten von den.
Chelbuniern finden lassen, die noch mehr mit denen zusammenfallen, welche
der Bolksmund von unsern Lalenbürgern erzählt.




Vermischte Literatur.
Anno 1724. Zur Charakteristik der polnischen Herrschaft von Fr. Clar-
Bromberg, Verlag von C. M. Roskowski 1863.

Eine Novelle, welche die Vorgänge schildert, die zu dem bekannten blutige»
7. December in Thorn führten, nicht übel erzählt und vorzüglich denen zur Lee»


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[0240] einem Säbel die Ehre zu geben, als ein Fremder des Wegs vorüberzog, wel¬ cher den Knaben dadurch aus seiner Gefahr befreite, daß er ihn die Nüsse fallen lassen und dann die Hand herausziehen hieß. Diese Auswahl aus der Chronik von Chelbun wird hinreichen, zu zeigen, weß Geistes Kinder die Leute dort sind. Die Geschichte von der Knabenhand im Kruge beruht auf derselben Anschauung, wie die von den Ulmern, die den Ballen durchaus nicht durch das Stadtthor bringen konnten, weil sie ihn nicht anders als der Breite nach hindurchtragen zu können meinten, und die sich, wie die Cbeibunier durch einen Fremden, durch einen Sperling belehren lassen mußten, der einen Strohhalm zu Neste trug. Der Mudebbir wird bei den deutschen Schildbürgern Bürgermeister genannt. Die Geschichte von der Wieder- eroberung des Mondes hat ihr Seitenstück in den kiebinger Mondfängern. Alle andern könnten sich auch in den Orten zugetragen haben, wo sie den Ochsen mit einem Strick um den Hals auf die Stadtmauer winden, daß er das dort wachsende Gras abweide, oder wo sie versuchen, die unbequem ge¬ legene Kirche ein Stück fortzuschieben, und das Werk für gelungen halten, als ein Spaßvogel die Jacke, die er sie zum Zeichen, wieweit, hat hinlegen lassen, heimlich weggeschafft hat. Andrerseits könnten sich in Chelbun der Kauf des Kürbisses als Eselseis und die Ausbrütung desselben durch den Mudebbir, die schöne Historie von der Sonnenuhr, die gegen den Regen mit einem Dach ver¬ sehen wird, und die schlaue Brunnenmessung, wo der Bürgermeister, an den die Andern sich anhängen, losläßt, um in die Hände zu spucken, recht wohl ereignet haben, ohne daß Damaskus sich darüber allzusehr verwundern würde. Der Tenor der Schwänke ist hier wie dort der gleiche, und wenn man in Damaskus genauer nachfragte, möchten sich auch Wohl Anekdoten von den. Chelbuniern finden lassen, die noch mehr mit denen zusammenfallen, welche der Bolksmund von unsern Lalenbürgern erzählt. Vermischte Literatur. Anno 1724. Zur Charakteristik der polnischen Herrschaft von Fr. Clar- Bromberg, Verlag von C. M. Roskowski 1863. Eine Novelle, welche die Vorgänge schildert, die zu dem bekannten blutige» 7. December in Thorn führten, nicht übel erzählt und vorzüglich denen zur Lee»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/240>, abgerufen am 27.09.2024.