Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.begann. Wer kann sich des Gedankens erwehren, als habe ein dunkles Ge¬ Im Jahre -I83L, zu einer Zeit, wo in der musikalischen Production und begann. Wer kann sich des Gedankens erwehren, als habe ein dunkles Ge¬ Im Jahre -I83L, zu einer Zeit, wo in der musikalischen Production und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0319" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98099"/> <p xml:id="ID_1006" prev="#ID_1005"> begann. Wer kann sich des Gedankens erwehren, als habe ein dunkles Ge¬<lb/> fühl ihn bestimmt, eine Periode seiner künstlerischen Wirksamkeit auch'nach<lb/> dieser Seite hin selbst abzuschließen? Es ist daher mehr noch wie sonst bei<lb/> gesammelten Schriften begreiflich, daß man den Blick auf das Bild der Per¬<lb/> sönlichkeit 'richtet, welches uns aus denselben entgegentritt, und dieses ist ein<lb/> ungemein schönes und wohlthuendes. '</p><lb/> <p xml:id="ID_1007" next="#ID_1008"> Im Jahre -I83L, zu einer Zeit, wo in der musikalischen Production und<lb/> Kritik eine unerquickliche Dürre und handwerksmäßiger Schlendrian herrschte,<lb/> begründete Rob. Schumann im Verein mit einigen gleichgesinnten Freunden<lb/> die neue Zeitschrift für Musik, welche er eine Reihe von Jahren geleitet und<lb/> beseelt hat. Dieser sind mit geringen Ausnahmen die sämmtlichen hier ver¬<lb/> einigten Aufsätze entnommen, welche chronologisch geordnet uns den Gang seiner<lb/> schriftstellerischen Thätigkeit verfolgen lassen.. Von Anfang bis zu Ende spricht<lb/> sich darin ein sich stets gleichbleibendes Streben aus, das consequent 'auf das<lb/> Edle und Wahre in der Kunst gerichtet ist und diese ihrem höchsten Ziele<lb/> zuzuführen sucht. Mit klarem Bewußtsein wird unablässig d'arauf gedrungen,<lb/> daß beiden Seiten der künstlerischen Entwicklung, der'formellen, technischen<lb/> Tüchtigkeit nach allen Seiten hin und der geistigen Ausbildung der schöpferi¬<lb/> schen Kraft, gleichmäßig Aufmerksamkeit zu schenken ist, daß nur aus der gegen¬<lb/> seitigen Durchdringung beider eine wahre Blüte der Kunst hervorgehen kann.<lb/> Wie oft auch sein Spott die philiströse Pedanterie der „Cantoren" trifft, die<lb/> nur auf ihren Quinten- und Octaven-Verboten reiten, und wie nachdrücklich<lb/> das Recht des Genius gegen bornirte Schulmeistere! gewahrt wird, so wird<lb/> nicht minder streng die Oberflächlichkeit, das Jrrlichteriren, die saloppe Form¬<lb/> losigkeit einer modernen Zerfahrenheit, die sich für Genialität ausgeben möchte,<lb/> zurechtgewiesen. ' Mit beharrlichem Ernst wird auf die unvergänglichen Lei¬<lb/> stungen früherer Meister, als die unerschöpfliche Quelle tüchtiger Belehrung<lb/> und die unerreichten Muster sür den wahrhaft Strebenden hingewiesen. Allein<lb/> diese Verehrung für die Künstler vergangener Zeiten trübt seinen Blick und<lb/> seine Zuneigung für die Bestrebungen seiner Zeit nicht. Der zuversichtliche<lb/> Glaube, daß auch die Gegenwart berufen und sähig sei, Tüchtiges und<lb/> Großes,' ja das Höchste in der Musik zu leisten, welche er den traurigen und<lb/> bedrückenden Erscheinungen der Zeit' gegenüber als einen Trost, gelungenen<lb/> Leistungen gegenüber mit freudigem Triumph auszusprechen nicht müde wird,<lb/> hat etwas Schönes und wirklich Rührendes. Seine Kritik erwächst aus dem<lb/> Grund eines echten. Wohlwollens, eines herzlichen Bedürfnisses nicht allein<lb/> das Bedeutende und Vortreffliche anzuerkennen, sondern auch die Keime dessel¬<lb/> ben aufzuspüren, zu ermuntern und zu Pflegen. Die Art wie Chopin, Men¬<lb/> delssohn, Sterndale, Bennett u. a. mit ungeheuchelter Theilnahme<lb/> und warmer Freude am Gelingen ihrer Werke gepriesen und der zunehmende</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0319]
begann. Wer kann sich des Gedankens erwehren, als habe ein dunkles Ge¬
fühl ihn bestimmt, eine Periode seiner künstlerischen Wirksamkeit auch'nach
dieser Seite hin selbst abzuschließen? Es ist daher mehr noch wie sonst bei
gesammelten Schriften begreiflich, daß man den Blick auf das Bild der Per¬
sönlichkeit 'richtet, welches uns aus denselben entgegentritt, und dieses ist ein
ungemein schönes und wohlthuendes. '
Im Jahre -I83L, zu einer Zeit, wo in der musikalischen Production und
Kritik eine unerquickliche Dürre und handwerksmäßiger Schlendrian herrschte,
begründete Rob. Schumann im Verein mit einigen gleichgesinnten Freunden
die neue Zeitschrift für Musik, welche er eine Reihe von Jahren geleitet und
beseelt hat. Dieser sind mit geringen Ausnahmen die sämmtlichen hier ver¬
einigten Aufsätze entnommen, welche chronologisch geordnet uns den Gang seiner
schriftstellerischen Thätigkeit verfolgen lassen.. Von Anfang bis zu Ende spricht
sich darin ein sich stets gleichbleibendes Streben aus, das consequent 'auf das
Edle und Wahre in der Kunst gerichtet ist und diese ihrem höchsten Ziele
zuzuführen sucht. Mit klarem Bewußtsein wird unablässig d'arauf gedrungen,
daß beiden Seiten der künstlerischen Entwicklung, der'formellen, technischen
Tüchtigkeit nach allen Seiten hin und der geistigen Ausbildung der schöpferi¬
schen Kraft, gleichmäßig Aufmerksamkeit zu schenken ist, daß nur aus der gegen¬
seitigen Durchdringung beider eine wahre Blüte der Kunst hervorgehen kann.
Wie oft auch sein Spott die philiströse Pedanterie der „Cantoren" trifft, die
nur auf ihren Quinten- und Octaven-Verboten reiten, und wie nachdrücklich
das Recht des Genius gegen bornirte Schulmeistere! gewahrt wird, so wird
nicht minder streng die Oberflächlichkeit, das Jrrlichteriren, die saloppe Form¬
losigkeit einer modernen Zerfahrenheit, die sich für Genialität ausgeben möchte,
zurechtgewiesen. ' Mit beharrlichem Ernst wird auf die unvergänglichen Lei¬
stungen früherer Meister, als die unerschöpfliche Quelle tüchtiger Belehrung
und die unerreichten Muster sür den wahrhaft Strebenden hingewiesen. Allein
diese Verehrung für die Künstler vergangener Zeiten trübt seinen Blick und
seine Zuneigung für die Bestrebungen seiner Zeit nicht. Der zuversichtliche
Glaube, daß auch die Gegenwart berufen und sähig sei, Tüchtiges und
Großes,' ja das Höchste in der Musik zu leisten, welche er den traurigen und
bedrückenden Erscheinungen der Zeit' gegenüber als einen Trost, gelungenen
Leistungen gegenüber mit freudigem Triumph auszusprechen nicht müde wird,
hat etwas Schönes und wirklich Rührendes. Seine Kritik erwächst aus dem
Grund eines echten. Wohlwollens, eines herzlichen Bedürfnisses nicht allein
das Bedeutende und Vortreffliche anzuerkennen, sondern auch die Keime dessel¬
ben aufzuspüren, zu ermuntern und zu Pflegen. Die Art wie Chopin, Men¬
delssohn, Sterndale, Bennett u. a. mit ungeheuchelter Theilnahme
und warmer Freude am Gelingen ihrer Werke gepriesen und der zunehmende
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