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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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bedeckten Meere, das auf der Ostseite vollkommen befahrbar zu sein schien. So war
er denn im großen Polarbassin, und schmeichelte sich schon mit der Hoffnung, bis zur
Behringstraße durchdringen zu können, als ihn ein heftiger Sturm, dem er mit seiner
kleinen Dampfmaschine von nur 60 Pferdekraft nicht Widerstand leisten konnte, zurück¬
trieb. Als der Sturm nachließ, geriethen sie in Eisfelder, der Dampfkessel bekam
einen Leck, und die herandrängenden Eisschollen beschädigten das Ruder. Da wurde
rasch der Kessel geflickt, und nach mehreren Stunden angestrengtester Arbeit und größter
Gefahr gelang es dem Schiff, sich aus dem Eis herauszuarbeiten; doch mußte
man einen neuen Versuch, in das Polarbassin einzudringen, aufgeben. Sie verfolg¬
ten dafür die Westküste, und kamen bis zum 84. Längengrade, wo sich das
Land plötzlich nordwestlich wendet, während die südliche Küste, so weit das Auge
reichen konnte, westlich weiterging, doch war im Hintergrund des Sundes kein
Land zu sehen, und auch Spuren von den Vermißten waren nicht zu entdecken.
Am 7. Sept. erreichte Jnglefield Beechey Island, wo er sich mit Capitain Pulten in
Verbindung setzte, aber noch denselben Tag weiter segelte, und die westliche Küste der
Basfiusbucht südlich bis zum Clydefluß untersuchte. stürmisches Wetter und zahlreiche
Eisberge zwangen ihn, hier umzukehren und den Heimweg nach England wieder anzutreten,
wo er glücklich nach viermonatlicher Abwesenheit eintraf. Als Capitain Jnglefield Beechey
Island verliß, war der Wellington Sund noch ganz frei von Eis. An Thieren war
in jenen nördlichen Regionen kein Mangel. In der Wallfischbucht waren die Mollusken,
welche die Hauptnahrung des Wallfisches bilden, in großer Menge vorhanden, und See¬
vögel waren in solcher Unzahl zu sehen, daß sie das Meer ganz zu bedecken schienen.
An Nahrung wird es daher den Vermißten nicht gefehlt haben.


Pariser Botschaften.

-- Die Flitterwochen des neuen Kaiserreichs sind
lange nicht so glänzend, als die Helden des wiedergeborenen Frankreichs gehofft hatten.
Nicht nur, daß Oestreich und Rußland trotz des bestehenden guten Einvernehmens noch
nicht ihre übrigens unzweifelhafte Anerkennung ausgesprochen, kränkt die Eitelkeit unsres
Cäsars; selbst im Innern, im eigenen Herde sogar geben sich Symptome kund, die für
kritische Zeitpunkte manche Schwierigkeit in Aussicht stellen. Fould's unsaubere Börsen-
manövcr sangen an, da sie nicht mehr glücken wollen, den Tadel auch mancher Anhänger
der Regierung zu erregen, und der Senat hat die Znsatzvvrschläge der Regierung zur
neuen Verfassung auch nicht mit der wortlosen Ergebenheit aufgenommen, die man von
einem Napoleon'sehen Senate zu erwarten berechtigt wäre. Es wird wol bei einigen
schüchternen Bemerkungen bleiben, allein auch diese sind schon zu viel, denn unsre Re¬
gierung sängt an, in jenen mumienhaften Zustand überzugehen, wo der leiseste Hauch
mehr oder weniger gefährlich werden kann. Das Project der Regierung ist in Wirk¬
lichkeit ein sonderbares Product. das geeignet ist, das Alles erwartende Frankreich zu
überraschen. Man kann den Franzosen von heute weder Mangel an Servilität, noch
Ueberfluß an Freiheitsträumcrcien vorwerfen, aber es hält schwer in unsren Tagen, wo
Alles die öffentlichen Angelegenheiten zu beurtheilen im Stande ist, aus jede Garantie,
ans jeden Antheil an der Gebcchrung von Geschäften, die jeden Einzelnen interesstren,
verfassungsmäßig verzichten zu müssen. Das ist selbst den Konservativsten, auch Mont-
alembert nicht ausgenommen, ein wenig zu hart. Man verzichtet gern auf die gottlose
Freiheit der Presse, man sieht es gern, daß die Volksvertreter nicht mehr in alle Fi¬
nessen der Regierung vorwitzig die Nase stecken, man läßt sich die politische Ruhe als
willkommene Abwechselung gefallen, aber in gar keine der wichtigsten Angelegenheiten
anders, als allerunterthänigst zunickend einwirken zu sollen, ist sogar wohldotirten Se¬
natoren, wie nicht weniger dotirter Deputirten zu viel zugemuthet. Louis Napoleon ist ganz
consequent, er hat den zweiten December 18S-I als republikanische Dictatur aufgefaßt und
kann den zweiten December 1832 nicht anders, wie als dictatorischcs Kaiserreich verstehen.
Er thut wohl, mitleidig die Achsel" zu zucken über die Beschränktheit derer, die Anderes


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bedeckten Meere, das auf der Ostseite vollkommen befahrbar zu sein schien. So war
er denn im großen Polarbassin, und schmeichelte sich schon mit der Hoffnung, bis zur
Behringstraße durchdringen zu können, als ihn ein heftiger Sturm, dem er mit seiner
kleinen Dampfmaschine von nur 60 Pferdekraft nicht Widerstand leisten konnte, zurück¬
trieb. Als der Sturm nachließ, geriethen sie in Eisfelder, der Dampfkessel bekam
einen Leck, und die herandrängenden Eisschollen beschädigten das Ruder. Da wurde
rasch der Kessel geflickt, und nach mehreren Stunden angestrengtester Arbeit und größter
Gefahr gelang es dem Schiff, sich aus dem Eis herauszuarbeiten; doch mußte
man einen neuen Versuch, in das Polarbassin einzudringen, aufgeben. Sie verfolg¬
ten dafür die Westküste, und kamen bis zum 84. Längengrade, wo sich das
Land plötzlich nordwestlich wendet, während die südliche Küste, so weit das Auge
reichen konnte, westlich weiterging, doch war im Hintergrund des Sundes kein
Land zu sehen, und auch Spuren von den Vermißten waren nicht zu entdecken.
Am 7. Sept. erreichte Jnglefield Beechey Island, wo er sich mit Capitain Pulten in
Verbindung setzte, aber noch denselben Tag weiter segelte, und die westliche Küste der
Basfiusbucht südlich bis zum Clydefluß untersuchte. stürmisches Wetter und zahlreiche
Eisberge zwangen ihn, hier umzukehren und den Heimweg nach England wieder anzutreten,
wo er glücklich nach viermonatlicher Abwesenheit eintraf. Als Capitain Jnglefield Beechey
Island verliß, war der Wellington Sund noch ganz frei von Eis. An Thieren war
in jenen nördlichen Regionen kein Mangel. In der Wallfischbucht waren die Mollusken,
welche die Hauptnahrung des Wallfisches bilden, in großer Menge vorhanden, und See¬
vögel waren in solcher Unzahl zu sehen, daß sie das Meer ganz zu bedecken schienen.
An Nahrung wird es daher den Vermißten nicht gefehlt haben.


Pariser Botschaften.

— Die Flitterwochen des neuen Kaiserreichs sind
lange nicht so glänzend, als die Helden des wiedergeborenen Frankreichs gehofft hatten.
Nicht nur, daß Oestreich und Rußland trotz des bestehenden guten Einvernehmens noch
nicht ihre übrigens unzweifelhafte Anerkennung ausgesprochen, kränkt die Eitelkeit unsres
Cäsars; selbst im Innern, im eigenen Herde sogar geben sich Symptome kund, die für
kritische Zeitpunkte manche Schwierigkeit in Aussicht stellen. Fould's unsaubere Börsen-
manövcr sangen an, da sie nicht mehr glücken wollen, den Tadel auch mancher Anhänger
der Regierung zu erregen, und der Senat hat die Znsatzvvrschläge der Regierung zur
neuen Verfassung auch nicht mit der wortlosen Ergebenheit aufgenommen, die man von
einem Napoleon'sehen Senate zu erwarten berechtigt wäre. Es wird wol bei einigen
schüchternen Bemerkungen bleiben, allein auch diese sind schon zu viel, denn unsre Re¬
gierung sängt an, in jenen mumienhaften Zustand überzugehen, wo der leiseste Hauch
mehr oder weniger gefährlich werden kann. Das Project der Regierung ist in Wirk¬
lichkeit ein sonderbares Product. das geeignet ist, das Alles erwartende Frankreich zu
überraschen. Man kann den Franzosen von heute weder Mangel an Servilität, noch
Ueberfluß an Freiheitsträumcrcien vorwerfen, aber es hält schwer in unsren Tagen, wo
Alles die öffentlichen Angelegenheiten zu beurtheilen im Stande ist, aus jede Garantie,
ans jeden Antheil an der Gebcchrung von Geschäften, die jeden Einzelnen interesstren,
verfassungsmäßig verzichten zu müssen. Das ist selbst den Konservativsten, auch Mont-
alembert nicht ausgenommen, ein wenig zu hart. Man verzichtet gern auf die gottlose
Freiheit der Presse, man sieht es gern, daß die Volksvertreter nicht mehr in alle Fi¬
nessen der Regierung vorwitzig die Nase stecken, man läßt sich die politische Ruhe als
willkommene Abwechselung gefallen, aber in gar keine der wichtigsten Angelegenheiten
anders, als allerunterthänigst zunickend einwirken zu sollen, ist sogar wohldotirten Se¬
natoren, wie nicht weniger dotirter Deputirten zu viel zugemuthet. Louis Napoleon ist ganz
consequent, er hat den zweiten December 18S-I als republikanische Dictatur aufgefaßt und
kann den zweiten December 1832 nicht anders, wie als dictatorischcs Kaiserreich verstehen.
Er thut wohl, mitleidig die Achsel» zu zucken über die Beschränktheit derer, die Anderes


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[0525] bedeckten Meere, das auf der Ostseite vollkommen befahrbar zu sein schien. So war er denn im großen Polarbassin, und schmeichelte sich schon mit der Hoffnung, bis zur Behringstraße durchdringen zu können, als ihn ein heftiger Sturm, dem er mit seiner kleinen Dampfmaschine von nur 60 Pferdekraft nicht Widerstand leisten konnte, zurück¬ trieb. Als der Sturm nachließ, geriethen sie in Eisfelder, der Dampfkessel bekam einen Leck, und die herandrängenden Eisschollen beschädigten das Ruder. Da wurde rasch der Kessel geflickt, und nach mehreren Stunden angestrengtester Arbeit und größter Gefahr gelang es dem Schiff, sich aus dem Eis herauszuarbeiten; doch mußte man einen neuen Versuch, in das Polarbassin einzudringen, aufgeben. Sie verfolg¬ ten dafür die Westküste, und kamen bis zum 84. Längengrade, wo sich das Land plötzlich nordwestlich wendet, während die südliche Küste, so weit das Auge reichen konnte, westlich weiterging, doch war im Hintergrund des Sundes kein Land zu sehen, und auch Spuren von den Vermißten waren nicht zu entdecken. Am 7. Sept. erreichte Jnglefield Beechey Island, wo er sich mit Capitain Pulten in Verbindung setzte, aber noch denselben Tag weiter segelte, und die westliche Küste der Basfiusbucht südlich bis zum Clydefluß untersuchte. stürmisches Wetter und zahlreiche Eisberge zwangen ihn, hier umzukehren und den Heimweg nach England wieder anzutreten, wo er glücklich nach viermonatlicher Abwesenheit eintraf. Als Capitain Jnglefield Beechey Island verliß, war der Wellington Sund noch ganz frei von Eis. An Thieren war in jenen nördlichen Regionen kein Mangel. In der Wallfischbucht waren die Mollusken, welche die Hauptnahrung des Wallfisches bilden, in großer Menge vorhanden, und See¬ vögel waren in solcher Unzahl zu sehen, daß sie das Meer ganz zu bedecken schienen. An Nahrung wird es daher den Vermißten nicht gefehlt haben. Pariser Botschaften. — Die Flitterwochen des neuen Kaiserreichs sind lange nicht so glänzend, als die Helden des wiedergeborenen Frankreichs gehofft hatten. Nicht nur, daß Oestreich und Rußland trotz des bestehenden guten Einvernehmens noch nicht ihre übrigens unzweifelhafte Anerkennung ausgesprochen, kränkt die Eitelkeit unsres Cäsars; selbst im Innern, im eigenen Herde sogar geben sich Symptome kund, die für kritische Zeitpunkte manche Schwierigkeit in Aussicht stellen. Fould's unsaubere Börsen- manövcr sangen an, da sie nicht mehr glücken wollen, den Tadel auch mancher Anhänger der Regierung zu erregen, und der Senat hat die Znsatzvvrschläge der Regierung zur neuen Verfassung auch nicht mit der wortlosen Ergebenheit aufgenommen, die man von einem Napoleon'sehen Senate zu erwarten berechtigt wäre. Es wird wol bei einigen schüchternen Bemerkungen bleiben, allein auch diese sind schon zu viel, denn unsre Re¬ gierung sängt an, in jenen mumienhaften Zustand überzugehen, wo der leiseste Hauch mehr oder weniger gefährlich werden kann. Das Project der Regierung ist in Wirk¬ lichkeit ein sonderbares Product. das geeignet ist, das Alles erwartende Frankreich zu überraschen. Man kann den Franzosen von heute weder Mangel an Servilität, noch Ueberfluß an Freiheitsträumcrcien vorwerfen, aber es hält schwer in unsren Tagen, wo Alles die öffentlichen Angelegenheiten zu beurtheilen im Stande ist, aus jede Garantie, ans jeden Antheil an der Gebcchrung von Geschäften, die jeden Einzelnen interesstren, verfassungsmäßig verzichten zu müssen. Das ist selbst den Konservativsten, auch Mont- alembert nicht ausgenommen, ein wenig zu hart. Man verzichtet gern auf die gottlose Freiheit der Presse, man sieht es gern, daß die Volksvertreter nicht mehr in alle Fi¬ nessen der Regierung vorwitzig die Nase stecken, man läßt sich die politische Ruhe als willkommene Abwechselung gefallen, aber in gar keine der wichtigsten Angelegenheiten anders, als allerunterthänigst zunickend einwirken zu sollen, ist sogar wohldotirten Se¬ natoren, wie nicht weniger dotirter Deputirten zu viel zugemuthet. Louis Napoleon ist ganz consequent, er hat den zweiten December 18S-I als republikanische Dictatur aufgefaßt und kann den zweiten December 1832 nicht anders, wie als dictatorischcs Kaiserreich verstehen. Er thut wohl, mitleidig die Achsel» zu zucken über die Beschränktheit derer, die Anderes 65*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/525>, abgerufen am 27.09.2024.