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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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Daß die Negierung nicht sofort die neue Verfassung octroyirte, sondern nur als Project
für die nächsten Cortes veröffentlichte, hatte offenbar seinen Grund nur in der über
jede Erwartung starken Opposition,, welcher sie begegnete. Es ward daher ein Mittelweg
eingeschlagen, der die spätere Octroyirung, falls sie nothwendig oder thunlich ist, noch
nicht ausschließt. Vorläufig sind der Hof und Bravo Murillo Herren des Feldes ge¬
blieben, trotzdem die öffentliche Stimmung der Hauptstadt sich der Politik, des Ministe¬
riums höchst ungünstig zeigt. Die Opposition denkt aber keineswegs daran, den Kampf
aufzugeben. Progrcssisten und Moderado's sind sofort zur Bildung eines großen Wahl-
comitö's geschritten, das gemeinschaftlich sür beide Parteien den Wahlkampf leiten soll.
Man kann sich allerdings vorstellen, welche Mittel die Regierung aufbieten wird, um
dem Wahlkörper eine willige Kammer abzupressen. Die Autorität wird, um mit Herrn
von Gerlach zu sprechen, in "concretester" Weise den Wählern sich fühlbar machen,
oder, um diese jesuitischen Euphemismen zu beseitigen; man wird mit dem letzten Rest
von Recht und Gesetz auch die letzten Fetzen der Schaam zerreißen. Es ist daher mög¬
lich, daß die Cortes ministeriell werden, sicher ist es aber, daß, falls sie es sind, die Wüht
nur ein Gaukelspiel von Trug und Gewalt gewesen ist. Aber auch dann selbst muß es
sich erst zeigen, ob die Nation durch die Beschlusse eines solchen Parlaments sich ihrer
Rechte und Freiheiten wird berauben lassen.

Wir können nicht umhin, es schließlich auszusprechen, daß, was jetzt in Spanien
versucht wird, selbst das noch übertrifft, was seit einem Jahre in Frankreich geschehen
ist. Was Louis Napoleon gegen seine Gegner that, das thut die spanische Regierung
gegen die treuesten Anhänger der Königin. Während jener die politische Freiheit zu
Gunsten eines neuen, von ihm vertretenen Princips vernichtete, wendet sich diese gegen
die Principien, denen sie ihr Entstehen verdankt. Wenn der größte Theil der Nation
im langjährigen und blutigen Bürgerkriege sür Isabella II. gegen die vom Standpunkt
des legitimen Rechtes nicht zu läuguenden Ansprüche des Don Carlos, stritt, so geschah
es, weil in deren Namen ihr die Constitution geboten wurde. Heute zieht man diese
Bürgschaft zurück, und auf ein Heer sich stützend, dessen Treue für die Sache des Ab¬
solutismus man dadurch zu befestigen versucht, daß man seine Reihen mit den ehemaligen
Officieren des Prätendenten anfüllt, verfolgt man die Männer, welche auf dem Schlacht¬
feld, im Parlament und im Rathe die Krone Jsabella's unwandelbar vertheidigt und
ihretwegen zum Theil Jahre lang die Bitterkeit der Verbannung getragen haben.
Und ist irgend ein Vorwand denkbar von öffentlicher Gefahr und Rettung der Gesell¬
schaft, der in Frankreich doch wenigstens vorgebracht werden konnte? Im Gegentheil,
das constitutionelle System hat Spanien aus langem Marasmus erhoben, die materiellen
und geistigen Kräfte des Landes entfesselt, die Regierung gestärkt und die Nation glücklich
durch die furchtbaren Stürme, welche I8i8 Europa erschütterten, geleitet. Die parla¬
mentarischen Mehrheiten sind seit dem Sturz Espartero's unausgesetzt conservativ ge¬
wesen. Oeffentliche Gefahr und Umsturz der Ordnung werden nnr durch die anticonstitn-
tionelle Politik der Regierung hcrausbcjchworen. Gegenüber solchen Thatsachen ist vor
dem Tribunal des Rechtes, des Gewissens, der Ehre nur Ein Urtheil möglich. Nicht
erst die Geschichte braucht es zu bilden, aber sie wird es vollstrecken.


-- Das Ministerium ist endlich aus der Wolke von schönen
Phrasen und zweideutigen Betheuerungen, in welche es. sich bisher zum Aerger für
Freund und Feind versteckt gehalten, heraus und auf den Boden der praktischen Politik
getreten. Freitag am 3. December entwickelte Herr Disraeli in einer fünf Stunden
langen Rede dem Unterhause seinen Finanzplan, von dessen Annahme er den Bestand
des Ministeriums abhängig macht. Jedenfalls muß man sagen, daß der neue Schatz¬
kanzler nicht mit der ungeübten schüchternen Hand eines Novizen an's Werk gegangen
ist, der jede neue und großartige Maßregel fürchtet, sich so viel als möglich in den
ausgetretenen Wegen seiner Vorgänger hält, und vor Allem jede principielle Neuerung


Daß die Negierung nicht sofort die neue Verfassung octroyirte, sondern nur als Project
für die nächsten Cortes veröffentlichte, hatte offenbar seinen Grund nur in der über
jede Erwartung starken Opposition,, welcher sie begegnete. Es ward daher ein Mittelweg
eingeschlagen, der die spätere Octroyirung, falls sie nothwendig oder thunlich ist, noch
nicht ausschließt. Vorläufig sind der Hof und Bravo Murillo Herren des Feldes ge¬
blieben, trotzdem die öffentliche Stimmung der Hauptstadt sich der Politik, des Ministe¬
riums höchst ungünstig zeigt. Die Opposition denkt aber keineswegs daran, den Kampf
aufzugeben. Progrcssisten und Moderado's sind sofort zur Bildung eines großen Wahl-
comitö's geschritten, das gemeinschaftlich sür beide Parteien den Wahlkampf leiten soll.
Man kann sich allerdings vorstellen, welche Mittel die Regierung aufbieten wird, um
dem Wahlkörper eine willige Kammer abzupressen. Die Autorität wird, um mit Herrn
von Gerlach zu sprechen, in „concretester" Weise den Wählern sich fühlbar machen,
oder, um diese jesuitischen Euphemismen zu beseitigen; man wird mit dem letzten Rest
von Recht und Gesetz auch die letzten Fetzen der Schaam zerreißen. Es ist daher mög¬
lich, daß die Cortes ministeriell werden, sicher ist es aber, daß, falls sie es sind, die Wüht
nur ein Gaukelspiel von Trug und Gewalt gewesen ist. Aber auch dann selbst muß es
sich erst zeigen, ob die Nation durch die Beschlusse eines solchen Parlaments sich ihrer
Rechte und Freiheiten wird berauben lassen.

Wir können nicht umhin, es schließlich auszusprechen, daß, was jetzt in Spanien
versucht wird, selbst das noch übertrifft, was seit einem Jahre in Frankreich geschehen
ist. Was Louis Napoleon gegen seine Gegner that, das thut die spanische Regierung
gegen die treuesten Anhänger der Königin. Während jener die politische Freiheit zu
Gunsten eines neuen, von ihm vertretenen Princips vernichtete, wendet sich diese gegen
die Principien, denen sie ihr Entstehen verdankt. Wenn der größte Theil der Nation
im langjährigen und blutigen Bürgerkriege sür Isabella II. gegen die vom Standpunkt
des legitimen Rechtes nicht zu läuguenden Ansprüche des Don Carlos, stritt, so geschah
es, weil in deren Namen ihr die Constitution geboten wurde. Heute zieht man diese
Bürgschaft zurück, und auf ein Heer sich stützend, dessen Treue für die Sache des Ab¬
solutismus man dadurch zu befestigen versucht, daß man seine Reihen mit den ehemaligen
Officieren des Prätendenten anfüllt, verfolgt man die Männer, welche auf dem Schlacht¬
feld, im Parlament und im Rathe die Krone Jsabella's unwandelbar vertheidigt und
ihretwegen zum Theil Jahre lang die Bitterkeit der Verbannung getragen haben.
Und ist irgend ein Vorwand denkbar von öffentlicher Gefahr und Rettung der Gesell¬
schaft, der in Frankreich doch wenigstens vorgebracht werden konnte? Im Gegentheil,
das constitutionelle System hat Spanien aus langem Marasmus erhoben, die materiellen
und geistigen Kräfte des Landes entfesselt, die Regierung gestärkt und die Nation glücklich
durch die furchtbaren Stürme, welche I8i8 Europa erschütterten, geleitet. Die parla¬
mentarischen Mehrheiten sind seit dem Sturz Espartero's unausgesetzt conservativ ge¬
wesen. Oeffentliche Gefahr und Umsturz der Ordnung werden nnr durch die anticonstitn-
tionelle Politik der Regierung hcrausbcjchworen. Gegenüber solchen Thatsachen ist vor
dem Tribunal des Rechtes, des Gewissens, der Ehre nur Ein Urtheil möglich. Nicht
erst die Geschichte braucht es zu bilden, aber sie wird es vollstrecken.


— Das Ministerium ist endlich aus der Wolke von schönen
Phrasen und zweideutigen Betheuerungen, in welche es. sich bisher zum Aerger für
Freund und Feind versteckt gehalten, heraus und auf den Boden der praktischen Politik
getreten. Freitag am 3. December entwickelte Herr Disraeli in einer fünf Stunden
langen Rede dem Unterhause seinen Finanzplan, von dessen Annahme er den Bestand
des Ministeriums abhängig macht. Jedenfalls muß man sagen, daß der neue Schatz¬
kanzler nicht mit der ungeübten schüchternen Hand eines Novizen an's Werk gegangen
ist, der jede neue und großartige Maßregel fürchtet, sich so viel als möglich in den
ausgetretenen Wegen seiner Vorgänger hält, und vor Allem jede principielle Neuerung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/521>, abgerufen am 27.09.2024.