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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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die richtige Bahn treibt, was noch übrig ist von aristokratischen Bestandtheilen
in der Monarchie, dein Ruin entgegenführen. Dem preußischen Grundadel fehlte
von ieber die sittliche Unabhängigkeit-gegenüber der Krone, so wie Verständniß
und Interesse für die wahre Aufgabe Preußens, für die politischen Freiheiten
des Laubes, sogar so. weit sie ihn selbst betreffen. Schwerlich wird er unter der
Leitung, der er sich gegenwärtig hingegeben hat, jemals dazu gelangen. Treten
Ereignisse ein, welche deu blinden Revisionseiser aufhalten, mit dem an einer
Umwandelung der preußischen Verfassung gearbeitet wird, um eine halb büreau¬
kratische, halb ständische Institution an ihre Stelle zu setze", oder bricht zwischen
den beiden Factoren der Reaction ein so unheilbarer Zwiespalt aus, daß die
rittcrschaftliche Partei, um, was sie jetzt hat, sich zu erhalten, lieber mit den Libe¬
ralen sich für die Verfassung verbündet, ehe sie mit ihnen gemeinsam dem bureau-
kratischen System erliegt, so kaun das jetzt mit Recht der Nation mißliebige
Junkerthnm zu einer volksthümlichen Aristokratie sich heranbilden. Durchläuft
die reactivnaire Politik ihre Bahn bis zu ihrem vorgesteckten Ziele, so wird zwar
hoffentlich Preußen deshalb uoch nicht seinem Beruf und seiner großen Zukunft
für immer verloren gehn; es hat schwerere Schicksalsschläge bestanden, und wird
auch die Kraft zu eiuer abermaligen Regeneration finden. Der Tag seiner
Wiedergeburt wird aber der unwiederbringliche Fall eines Standes sein, der die
Gelegenheit, welche die Geschichte ihm darbot, nicht zu nutzen wußte, und ohne
Sinn für eine edlere politische Rolle um deu Preis eitler Prätensionen und
kleinlicher Vortheile sich zwischen die Nation und ihre höchsten moralischen Güter
stellte.




Ein Ausflug nach Kopenhagen
' 2." '
Thorvaldsen's Museum.

Thorvaldseu hatte seiner Vaterstadt seine sämmtlichen Werke und Kunst¬
sammlungen vermacht: um dieser Hinterlassenschaft eine würdige Stätte zubereiten,
ist das Thorvaldsen-Museum vor der Stadt Kopenhagen erbaut worden, wobei
etwa ein Drittel der Kosten durch freiwillige Beiträge gedeckt wurde. Der Bau
wurde 1839 durch den Architekten Bindesböll begonnen, die Eröffnung fand am
Kten September -I8i8 statt. Da die aufgebrachte Summe nicht ausreichte, hatte
König Friedrich der Sechste der Stadt ein Nebengebäude des Schlosses Christians¬
borg geschenkt, um es zu diesem Zweck umzugestalten, und so hat das Museum
keine günstige Lage erhalten, da eine sreie Ansicht nur auf 2 Seiten möglich ist.


die richtige Bahn treibt, was noch übrig ist von aristokratischen Bestandtheilen
in der Monarchie, dein Ruin entgegenführen. Dem preußischen Grundadel fehlte
von ieber die sittliche Unabhängigkeit-gegenüber der Krone, so wie Verständniß
und Interesse für die wahre Aufgabe Preußens, für die politischen Freiheiten
des Laubes, sogar so. weit sie ihn selbst betreffen. Schwerlich wird er unter der
Leitung, der er sich gegenwärtig hingegeben hat, jemals dazu gelangen. Treten
Ereignisse ein, welche deu blinden Revisionseiser aufhalten, mit dem an einer
Umwandelung der preußischen Verfassung gearbeitet wird, um eine halb büreau¬
kratische, halb ständische Institution an ihre Stelle zu setze», oder bricht zwischen
den beiden Factoren der Reaction ein so unheilbarer Zwiespalt aus, daß die
rittcrschaftliche Partei, um, was sie jetzt hat, sich zu erhalten, lieber mit den Libe¬
ralen sich für die Verfassung verbündet, ehe sie mit ihnen gemeinsam dem bureau-
kratischen System erliegt, so kaun das jetzt mit Recht der Nation mißliebige
Junkerthnm zu einer volksthümlichen Aristokratie sich heranbilden. Durchläuft
die reactivnaire Politik ihre Bahn bis zu ihrem vorgesteckten Ziele, so wird zwar
hoffentlich Preußen deshalb uoch nicht seinem Beruf und seiner großen Zukunft
für immer verloren gehn; es hat schwerere Schicksalsschläge bestanden, und wird
auch die Kraft zu eiuer abermaligen Regeneration finden. Der Tag seiner
Wiedergeburt wird aber der unwiederbringliche Fall eines Standes sein, der die
Gelegenheit, welche die Geschichte ihm darbot, nicht zu nutzen wußte, und ohne
Sinn für eine edlere politische Rolle um deu Preis eitler Prätensionen und
kleinlicher Vortheile sich zwischen die Nation und ihre höchsten moralischen Güter
stellte.




Ein Ausflug nach Kopenhagen
' 2." '
Thorvaldsen's Museum.

Thorvaldseu hatte seiner Vaterstadt seine sämmtlichen Werke und Kunst¬
sammlungen vermacht: um dieser Hinterlassenschaft eine würdige Stätte zubereiten,
ist das Thorvaldsen-Museum vor der Stadt Kopenhagen erbaut worden, wobei
etwa ein Drittel der Kosten durch freiwillige Beiträge gedeckt wurde. Der Bau
wurde 1839 durch den Architekten Bindesböll begonnen, die Eröffnung fand am
Kten September -I8i8 statt. Da die aufgebrachte Summe nicht ausreichte, hatte
König Friedrich der Sechste der Stadt ein Nebengebäude des Schlosses Christians¬
borg geschenkt, um es zu diesem Zweck umzugestalten, und so hat das Museum
keine günstige Lage erhalten, da eine sreie Ansicht nur auf 2 Seiten möglich ist.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/502>, abgerufen am 27.09.2024.