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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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mische Haß gegen Oestreich ungefährlich, ertönt aber der erste französische Kano-
nenschuß, so lodert er aufs Neue mit verheerender Wuth auf. Weil man dies
aber in Wien recht wohl weiß, ist man friedlich, sehr friedlich gegen den künstigen
französischen Kaiser gesinnt. Mag Kaiser Nikolaus auch noch so drängen, und
seinen Nestor Nesselrode sogar nach Neapel senden, dort selbst ein Bündniß ab¬
zuschließen, gerade seiner italienischen Provinzen wegen wird Oestreich sich nur
im allergrößten Nothfall zu einem Kriege mit Frankreich entschließen. Es liegt
hierin eine nicht geringe Bürgschaft, daß der Friede noch nicht sobald gestört
werden wird, wenigstens von Seite der östlichen Mächte.

In dem nächsten Artikel noch Einiges über die inneren Verhältnisse des
sardinischen Staates.




Die Verschönerung der Landschaft durch den
Mensche".

Es ist eine charakteristische Eigenthümlichkeit der modernen Bildung, daß sie
mit Wanne, ja mit Leidenschaft das Schöne in der Natur aufsucht, und wo es
nicht vorhanden ist, in sie hineinzubildcn strebt. Die Ausbildung unsrer Land¬
schaftsmalerei , die Richtung der Gartenkunst auf Laudschaftsgärten, auch die ver¬
schiedenartige Darstellung landschaftlicher Eindrücke und Stimmungen in den Schulen
der deutschen lyrischen Poesie können als Beweis dienen, wie originell dieses Streben,
das menschlich Schöne in den Bildungen der Natur zu erkennen, bei dem jetzt
lebenden Geschlecht ausgebildet ist. Ju dem Bestrebe", durch kunstvolle Anlagen
das Schöne da, wo es in der Natur fehlt, zu schaffen, ist man bei großen und
kleinen Gartenanlagen nicht stehen geblieben, sondern hat das Bedürfniß gefühlt,
größere Räume, ganze Gegenden und Landschaften nach den Regeln der Schönheit,
welche der Mensch in sich trägt, umzubilden. Zuerst in der Theorie. Es ist
Vieles und darunter einiges Gute über Landesverschöuerungen geschrieben worden*),



In Deutschland versuchte das zuerst Hirschfeld und seine Schule, oft ziemlich unpraktisch
In Frankreich schrieb der Freund Rousseau's, Marquis Girardin, ein Welt: Ve8 me^eus
ä'smlzsllir la n-UurL -mtour äos KaMgLions, ein Buch mit vielen guten Ideen und gesunde"
Ansichten. Auch Goethe tu seinen Wahlverwandtschaften sprach in seiner Weise geistreich und be¬
deutend darüber. Vieles Anregende findet sich in dem Gartenwert des Fürsten Pückler.
Werthvollcs und Praktisches in der kleinen Schrift vou E. Lucas, Anleitung zum ländlichen
Gartenbau. Das neueste Werk: Reichenau, oder über LaudeSverschonernng, von Hermann
Jäger, I. I. Weber entwickelt in Form eines Romans vortreffliche Ansichten. Das
Buch ses verdienstvollen Mannes ist dem gegenwärtigen Aufsatz zu Grunde gelegt. Wer nä¬
heres Interesse an dem Gegenstand nimmt, wird dringend darauf verwiesen.
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mische Haß gegen Oestreich ungefährlich, ertönt aber der erste französische Kano-
nenschuß, so lodert er aufs Neue mit verheerender Wuth auf. Weil man dies
aber in Wien recht wohl weiß, ist man friedlich, sehr friedlich gegen den künstigen
französischen Kaiser gesinnt. Mag Kaiser Nikolaus auch noch so drängen, und
seinen Nestor Nesselrode sogar nach Neapel senden, dort selbst ein Bündniß ab¬
zuschließen, gerade seiner italienischen Provinzen wegen wird Oestreich sich nur
im allergrößten Nothfall zu einem Kriege mit Frankreich entschließen. Es liegt
hierin eine nicht geringe Bürgschaft, daß der Friede noch nicht sobald gestört
werden wird, wenigstens von Seite der östlichen Mächte.

In dem nächsten Artikel noch Einiges über die inneren Verhältnisse des
sardinischen Staates.




Die Verschönerung der Landschaft durch den
Mensche».

Es ist eine charakteristische Eigenthümlichkeit der modernen Bildung, daß sie
mit Wanne, ja mit Leidenschaft das Schöne in der Natur aufsucht, und wo es
nicht vorhanden ist, in sie hineinzubildcn strebt. Die Ausbildung unsrer Land¬
schaftsmalerei , die Richtung der Gartenkunst auf Laudschaftsgärten, auch die ver¬
schiedenartige Darstellung landschaftlicher Eindrücke und Stimmungen in den Schulen
der deutschen lyrischen Poesie können als Beweis dienen, wie originell dieses Streben,
das menschlich Schöne in den Bildungen der Natur zu erkennen, bei dem jetzt
lebenden Geschlecht ausgebildet ist. Ju dem Bestrebe», durch kunstvolle Anlagen
das Schöne da, wo es in der Natur fehlt, zu schaffen, ist man bei großen und
kleinen Gartenanlagen nicht stehen geblieben, sondern hat das Bedürfniß gefühlt,
größere Räume, ganze Gegenden und Landschaften nach den Regeln der Schönheit,
welche der Mensch in sich trägt, umzubilden. Zuerst in der Theorie. Es ist
Vieles und darunter einiges Gute über Landesverschöuerungen geschrieben worden*),



In Deutschland versuchte das zuerst Hirschfeld und seine Schule, oft ziemlich unpraktisch
In Frankreich schrieb der Freund Rousseau's, Marquis Girardin, ein Welt: Ve8 me^eus
ä'smlzsllir la n-UurL -mtour äos KaMgLions, ein Buch mit vielen guten Ideen und gesunde»
Ansichten. Auch Goethe tu seinen Wahlverwandtschaften sprach in seiner Weise geistreich und be¬
deutend darüber. Vieles Anregende findet sich in dem Gartenwert des Fürsten Pückler.
Werthvollcs und Praktisches in der kleinen Schrift vou E. Lucas, Anleitung zum ländlichen
Gartenbau. Das neueste Werk: Reichenau, oder über LaudeSverschonernng, von Hermann
Jäger, I. I. Weber entwickelt in Form eines Romans vortreffliche Ansichten. Das
Buch ses verdienstvollen Mannes ist dem gegenwärtigen Aufsatz zu Grunde gelegt. Wer nä¬
heres Interesse an dem Gegenstand nimmt, wird dringend darauf verwiesen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/341>, abgerufen am 27.09.2024.