Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.Verständniß ist seitdem im Publicum gewachsen, Kleist ist ein Liebling der Nation Daß die treuere Wiederherstellung des Originales der Aufführung große Wirkungen Der afrikanische Tragöde, Jra Aldridgc, dieser Talma des Senegals, wie ihn be¬ Zugleich meldet die Berliner deutsche Thcaterzcitung, daß im Winter dieses Literatur. -- Zu den zahlreichen Werken, welche eine populaire Behandlung Verständniß ist seitdem im Publicum gewachsen, Kleist ist ein Liebling der Nation Daß die treuere Wiederherstellung des Originales der Aufführung große Wirkungen Der afrikanische Tragöde, Jra Aldridgc, dieser Talma des Senegals, wie ihn be¬ Zugleich meldet die Berliner deutsche Thcaterzcitung, daß im Winter dieses Literatur. — Zu den zahlreichen Werken, welche eine populaire Behandlung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0248" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/95229"/> <p xml:id="ID_705" prev="#ID_704"> Verständniß ist seitdem im Publicum gewachsen, Kleist ist ein Liebling der Nation<lb/> geworden und lange schon wird eine neue Bearbeitung des Katheders allgemein ge¬<lb/> fordert, welche das Original in seiner Kraft und Lieblichkeit und in der Eigenthüm¬<lb/> lichkeit seines Geistes wiederherstelle, soweit es die unerbittliche Realität' der theatra¬<lb/> lischen Darstellung irgend zuläßt. Ich habe diese Bearbeitung versucht; die Recht¬<lb/> fertigung meines Verfahrens dabei muß die Arbeit selbst übernehmen. Nur bei einem<lb/> Punkte, der Enthüllung nämlich von Katheders Herkunft, muß ich in Erinnerung<lb/> bringen, daß es ein Wink Ludwig Tieck's (in seinen dramaturgischen Blätter») ist, den<lb/> ich dazu benutzt habe; ich fand, daß der seitliche Punkt nicht nur dadurch auf'S Beste<lb/> gelöst, sondern dem Stücke dadurch ein neues Interesse zugeführt würde/</p><lb/> <p xml:id="ID_706"> Daß die treuere Wiederherstellung des Originales der Aufführung große Wirkungen<lb/> darbietet, welche das Theatcrpublicnm bis jetzt gar nicht kennt, daß daher bei einiger¬<lb/> maßen sorgfältiger Darstellung und Sceniruug das Stück eine ganz neue Anziehungs¬<lb/> kraft auszuüben verspricht, wird schon dem ersten Ueberblicke nicht entgehen." — Die Be¬<lb/> arbeitung selbst ist vortrefflich; ein Vergleich mit dem Original, so wie mit Holbein's<lb/> roher Arbeit ist Schauspielern, wie dramatischen Schriftstellern dringend zu empfehlen.<lb/> Devrient verspricht in solcher zeitgemäßen Bearbeitung älterer Stücke fortzufahren.<lb/> Keiner in Deutschland hat dazu so wie er das Zeug, möge ihm nnr nicht der Schlen¬<lb/> drian unsrer Bühnen die Lust rauben, dergleichen Arbeiten ferner zu unternehmen, bei<lb/> denen er außerdem seine Uucigcimützigkeit und Liberalität erweist.</p><lb/> <p xml:id="ID_707"> Der afrikanische Tragöde, Jra Aldridgc, dieser Talma des Senegals, wie ihn be¬<lb/> geisterte Theatercorrespondentcn nennen, haust jetzt in der Schweiz, und es droht die<lb/> Möglichkeit, daß er auch über die deutschen Theater, die ihn noch nicht genossen haben,<lb/> ziehen und den Othello zur Freude Aller spielen wird, welche es mit der Naturwahr¬<lb/> heit auf der Bühne ernst nehmen. Wenn es außerdem einer strebsamen Direction noch<lb/> gelingt, eine Desdemona zu finden, die wirklich eine entlaufene Senatorstochter aus<lb/> Italien ist, so wird die Freude des Publicums vollständig sein, und wenn dieser sehr<lb/> achtungswerthe Herr Jra aus Girasfia gar noch die afrikanische Naturwahrheit so weit<lb/> triebe, aus diese Senatorstochter wirklich eifersüchtig zu werden und sie in allem Ernste<lb/> auf dem Theater umzubringen, so wäre das eine Höhe und ein Triumph der Kunst,<lb/> worüber die Theaterkritik in einen Taumel des Entzückens gerathen könnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_708"> Zugleich meldet die Berliner deutsche Thcaterzcitung, daß im Winter dieses<lb/> Jahres zu Fulda, welches sonst für eine ältliche achtungswerthe Stadt von gutem<lb/> Herkommen gilt, unter der Direction von Louis Reinhold zu einer Vorstellung „der<lb/> Kreuzfahrer" das Publicum durch unentgeldliche Auslosung eines schönen Lammes<lb/> und zweier Geheimnisse angereizt worden ist. — Beim schwarze» Mohr säugt's<lb/> a», beim weißen Lamm hört's aus.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Literatur. </head> <p xml:id="ID_709" next="#ID_710"> — Zu den zahlreichen Werken, welche eine populaire Behandlung<lb/> der Naturwissenschaften erstreben, sind neuerdings: Asträa, Briefe über Astronomie an<lb/> eine Dame, von F. E. Bernhardt, mit Holzschnitten und einer Sternkarte, gekommen:<lb/> Hannover, Carl Nümplcr. 1833; und: Die Versteinerungen, deren Beschaffenheit,<lb/> Entstehungsweise und Bedeutung für die Entwickelungsgeschichte des Erdkörpers u.s.w.<lb/> von E. A. Roßmäßler, mit 7 lithographirten Tafeln und eingedruckten Holzschnitten.<lb/> Leipzig, H. Costenoble. 1853. Dieses Blatt ist geneigt, Alles mit Freuden zu begrüßen,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0248]
Verständniß ist seitdem im Publicum gewachsen, Kleist ist ein Liebling der Nation
geworden und lange schon wird eine neue Bearbeitung des Katheders allgemein ge¬
fordert, welche das Original in seiner Kraft und Lieblichkeit und in der Eigenthüm¬
lichkeit seines Geistes wiederherstelle, soweit es die unerbittliche Realität' der theatra¬
lischen Darstellung irgend zuläßt. Ich habe diese Bearbeitung versucht; die Recht¬
fertigung meines Verfahrens dabei muß die Arbeit selbst übernehmen. Nur bei einem
Punkte, der Enthüllung nämlich von Katheders Herkunft, muß ich in Erinnerung
bringen, daß es ein Wink Ludwig Tieck's (in seinen dramaturgischen Blätter») ist, den
ich dazu benutzt habe; ich fand, daß der seitliche Punkt nicht nur dadurch auf'S Beste
gelöst, sondern dem Stücke dadurch ein neues Interesse zugeführt würde/
Daß die treuere Wiederherstellung des Originales der Aufführung große Wirkungen
darbietet, welche das Theatcrpublicnm bis jetzt gar nicht kennt, daß daher bei einiger¬
maßen sorgfältiger Darstellung und Sceniruug das Stück eine ganz neue Anziehungs¬
kraft auszuüben verspricht, wird schon dem ersten Ueberblicke nicht entgehen." — Die Be¬
arbeitung selbst ist vortrefflich; ein Vergleich mit dem Original, so wie mit Holbein's
roher Arbeit ist Schauspielern, wie dramatischen Schriftstellern dringend zu empfehlen.
Devrient verspricht in solcher zeitgemäßen Bearbeitung älterer Stücke fortzufahren.
Keiner in Deutschland hat dazu so wie er das Zeug, möge ihm nnr nicht der Schlen¬
drian unsrer Bühnen die Lust rauben, dergleichen Arbeiten ferner zu unternehmen, bei
denen er außerdem seine Uucigcimützigkeit und Liberalität erweist.
Der afrikanische Tragöde, Jra Aldridgc, dieser Talma des Senegals, wie ihn be¬
geisterte Theatercorrespondentcn nennen, haust jetzt in der Schweiz, und es droht die
Möglichkeit, daß er auch über die deutschen Theater, die ihn noch nicht genossen haben,
ziehen und den Othello zur Freude Aller spielen wird, welche es mit der Naturwahr¬
heit auf der Bühne ernst nehmen. Wenn es außerdem einer strebsamen Direction noch
gelingt, eine Desdemona zu finden, die wirklich eine entlaufene Senatorstochter aus
Italien ist, so wird die Freude des Publicums vollständig sein, und wenn dieser sehr
achtungswerthe Herr Jra aus Girasfia gar noch die afrikanische Naturwahrheit so weit
triebe, aus diese Senatorstochter wirklich eifersüchtig zu werden und sie in allem Ernste
auf dem Theater umzubringen, so wäre das eine Höhe und ein Triumph der Kunst,
worüber die Theaterkritik in einen Taumel des Entzückens gerathen könnte.
Zugleich meldet die Berliner deutsche Thcaterzcitung, daß im Winter dieses
Jahres zu Fulda, welches sonst für eine ältliche achtungswerthe Stadt von gutem
Herkommen gilt, unter der Direction von Louis Reinhold zu einer Vorstellung „der
Kreuzfahrer" das Publicum durch unentgeldliche Auslosung eines schönen Lammes
und zweier Geheimnisse angereizt worden ist. — Beim schwarze» Mohr säugt's
a», beim weißen Lamm hört's aus.
Literatur. — Zu den zahlreichen Werken, welche eine populaire Behandlung
der Naturwissenschaften erstreben, sind neuerdings: Asträa, Briefe über Astronomie an
eine Dame, von F. E. Bernhardt, mit Holzschnitten und einer Sternkarte, gekommen:
Hannover, Carl Nümplcr. 1833; und: Die Versteinerungen, deren Beschaffenheit,
Entstehungsweise und Bedeutung für die Entwickelungsgeschichte des Erdkörpers u.s.w.
von E. A. Roßmäßler, mit 7 lithographirten Tafeln und eingedruckten Holzschnitten.
Leipzig, H. Costenoble. 1853. Dieses Blatt ist geneigt, Alles mit Freuden zu begrüßen,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |