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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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der Verfasser hinarbeitet. Aber in der Ausführung des Einzelnen ist vieles
Glänzende, und das Buch wird immer ein merkwürdiges Denkmal unsrer gegen¬
wärtigen politischen Literatur bleiben.




Der gegenwärtige Stand der Zollfrage.

Man ist in Deutschland an die Unschlüssigkeit der preußischen Regierung so
gewöhnt worden, daß selbst nach dem entscheidenden Schritt, nämlich nach der
Einberufung derjenigen Regierungen, die sich für das preußische Programm erklärt
hatten, mit Ausschluß der Coalitiousstaateu, noch immer die Meinung verbreitet
war, Preußen könne wieder zurückgebe". Wir wollen auch gern zugeben, daß
eine corrcctere Form in dew Verhandlungen hätte beobachtet werden können und
sollen. Nachdem die Coalitionsregiernngen den ihnen von der preußischen Ne¬
gierung gestellten Präclnsiotermin nicht eingehalten hatten, hätte ihnen preußischer
Seits officiell angezeigt werden sollen, daß man demnach die vorbereitenden Unter¬
handlungen als abgebrochen betrachte. Mit Recht wird nun von den Cvalitions-
blättern darauf hingewiesen, daß nach dem 17. September kein neues Factum
eingetreten ist, den Bruch zu motiviren. Ein blos stillsckweigeudeS Abbrechen
bestehender Verhandlungen dürfte aber mit den gewöhnlichen diplomatischen Firmen
nicht vereinbar sein. Wir geben, wie gesagt, diese Einwendungen gegen die
Correctheit der Form gern zu, müssen aber behaupten, daß in der Sache damit
nichts geändert wird, am allerwenigsten aber sind die Coalitionsblätter in der Lage,
sich über Maugel an Form von Seite Preußens zu beschweren, da sie vorher
Alles gethan haben, um die Ehre der preußischen Regierung mit Hohn und Spott
zu überhäufe", und wenn auch eine verständige Regierung auf Formlosigkeiten
der Presse nicht viel Gewicht legen wird, so lag hier doch ein ganz anderer Fall
vor, da die Beleidigungen in Oestreich von einer abhängigen und inspirirter
Presse ausgingen.

Allein diese diplomatischen Bedenken sind hier durchans Nebensache. Das
Ereigniß, welches jetzt eingetreten ist, mußte gleich zu Anfang der Conferenzen
mit Bestimmtheit erwartet werden, wenn man nicht hätte annehmen wollen, daß
ans der einen oder ans der andern Seite eine bloße Großsprecherei ohne allen
Jlchalt und allen Zweck stattfand. Die Sache liegt vielmehr jetzt so einfach "und
naturgemäß, daß man den kriegerischen Eifer der CoalitionSblätter gar nickt be¬
greifen würde, wenn man nicht eben annähme, daß sie vorher blos auf Preußens
Wankelmuth speculirt haben.

Preußen hat im September mit Hannover und Oldenburg einen Zollverein


14* ,

der Verfasser hinarbeitet. Aber in der Ausführung des Einzelnen ist vieles
Glänzende, und das Buch wird immer ein merkwürdiges Denkmal unsrer gegen¬
wärtigen politischen Literatur bleiben.




Der gegenwärtige Stand der Zollfrage.

Man ist in Deutschland an die Unschlüssigkeit der preußischen Regierung so
gewöhnt worden, daß selbst nach dem entscheidenden Schritt, nämlich nach der
Einberufung derjenigen Regierungen, die sich für das preußische Programm erklärt
hatten, mit Ausschluß der Coalitiousstaateu, noch immer die Meinung verbreitet
war, Preußen könne wieder zurückgebe». Wir wollen auch gern zugeben, daß
eine corrcctere Form in dew Verhandlungen hätte beobachtet werden können und
sollen. Nachdem die Coalitionsregiernngen den ihnen von der preußischen Ne¬
gierung gestellten Präclnsiotermin nicht eingehalten hatten, hätte ihnen preußischer
Seits officiell angezeigt werden sollen, daß man demnach die vorbereitenden Unter¬
handlungen als abgebrochen betrachte. Mit Recht wird nun von den Cvalitions-
blättern darauf hingewiesen, daß nach dem 17. September kein neues Factum
eingetreten ist, den Bruch zu motiviren. Ein blos stillsckweigeudeS Abbrechen
bestehender Verhandlungen dürfte aber mit den gewöhnlichen diplomatischen Firmen
nicht vereinbar sein. Wir geben, wie gesagt, diese Einwendungen gegen die
Correctheit der Form gern zu, müssen aber behaupten, daß in der Sache damit
nichts geändert wird, am allerwenigsten aber sind die Coalitionsblätter in der Lage,
sich über Maugel an Form von Seite Preußens zu beschweren, da sie vorher
Alles gethan haben, um die Ehre der preußischen Regierung mit Hohn und Spott
zu überhäufe», und wenn auch eine verständige Regierung auf Formlosigkeiten
der Presse nicht viel Gewicht legen wird, so lag hier doch ein ganz anderer Fall
vor, da die Beleidigungen in Oestreich von einer abhängigen und inspirirter
Presse ausgingen.

Allein diese diplomatischen Bedenken sind hier durchans Nebensache. Das
Ereigniß, welches jetzt eingetreten ist, mußte gleich zu Anfang der Conferenzen
mit Bestimmtheit erwartet werden, wenn man nicht hätte annehmen wollen, daß
ans der einen oder ans der andern Seite eine bloße Großsprecherei ohne allen
Jlchalt und allen Zweck stattfand. Die Sache liegt vielmehr jetzt so einfach "und
naturgemäß, daß man den kriegerischen Eifer der CoalitionSblätter gar nickt be¬
greifen würde, wenn man nicht eben annähme, daß sie vorher blos auf Preußens
Wankelmuth speculirt haben.

Preußen hat im September mit Hannover und Oldenburg einen Zollverein


14* ,
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[0117] der Verfasser hinarbeitet. Aber in der Ausführung des Einzelnen ist vieles Glänzende, und das Buch wird immer ein merkwürdiges Denkmal unsrer gegen¬ wärtigen politischen Literatur bleiben. Der gegenwärtige Stand der Zollfrage. Man ist in Deutschland an die Unschlüssigkeit der preußischen Regierung so gewöhnt worden, daß selbst nach dem entscheidenden Schritt, nämlich nach der Einberufung derjenigen Regierungen, die sich für das preußische Programm erklärt hatten, mit Ausschluß der Coalitiousstaateu, noch immer die Meinung verbreitet war, Preußen könne wieder zurückgebe». Wir wollen auch gern zugeben, daß eine corrcctere Form in dew Verhandlungen hätte beobachtet werden können und sollen. Nachdem die Coalitionsregiernngen den ihnen von der preußischen Ne¬ gierung gestellten Präclnsiotermin nicht eingehalten hatten, hätte ihnen preußischer Seits officiell angezeigt werden sollen, daß man demnach die vorbereitenden Unter¬ handlungen als abgebrochen betrachte. Mit Recht wird nun von den Cvalitions- blättern darauf hingewiesen, daß nach dem 17. September kein neues Factum eingetreten ist, den Bruch zu motiviren. Ein blos stillsckweigeudeS Abbrechen bestehender Verhandlungen dürfte aber mit den gewöhnlichen diplomatischen Firmen nicht vereinbar sein. Wir geben, wie gesagt, diese Einwendungen gegen die Correctheit der Form gern zu, müssen aber behaupten, daß in der Sache damit nichts geändert wird, am allerwenigsten aber sind die Coalitionsblätter in der Lage, sich über Maugel an Form von Seite Preußens zu beschweren, da sie vorher Alles gethan haben, um die Ehre der preußischen Regierung mit Hohn und Spott zu überhäufe», und wenn auch eine verständige Regierung auf Formlosigkeiten der Presse nicht viel Gewicht legen wird, so lag hier doch ein ganz anderer Fall vor, da die Beleidigungen in Oestreich von einer abhängigen und inspirirter Presse ausgingen. Allein diese diplomatischen Bedenken sind hier durchans Nebensache. Das Ereigniß, welches jetzt eingetreten ist, mußte gleich zu Anfang der Conferenzen mit Bestimmtheit erwartet werden, wenn man nicht hätte annehmen wollen, daß ans der einen oder ans der andern Seite eine bloße Großsprecherei ohne allen Jlchalt und allen Zweck stattfand. Die Sache liegt vielmehr jetzt so einfach "und naturgemäß, daß man den kriegerischen Eifer der CoalitionSblätter gar nickt be¬ greifen würde, wenn man nicht eben annähme, daß sie vorher blos auf Preußens Wankelmuth speculirt haben. Preußen hat im September mit Hannover und Oldenburg einen Zollverein 14* ,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/117>, abgerufen am 27.09.2024.