Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Vater. Wenn du das kannst, warum
liegst du denn so dichte auf? Desto mehr bist
du schuldig, deine gesunden Augen zu er-
halten.

Karl. Verderbe ich sie denn durchs dich-
te Aufsehen?

Vater. Allerdings. Du wirsts gewiß
bereuen, wenn du nicht folgest. Siehe einmal
Bernhards Fritzen an. Der arme Junge
hat sich nun einige Jahre schon so gewöhnt,
daß er auf zwanzig Schritte fast gar nichts
mehr erkennen kann. Ist das nicht traurig?

Karl. Das sollte ich gemerkt haben.
Ich gieng gestern mit ihm über die Straße.
Da saß gegen über ein Hündchen im Fenster.
Gleich nahm er den Huth ab. Als ich fragte:
wen grüßest du denn? "Da gegen über sitzt
einer im Fenster." Es ist ja ein Hund, sag-
te ich. Da wurde er ganz roth im Gesicht.
Das soll mir eine Warnung seyn.

Vater.

Vater. Wenn du das kannſt, warum
liegſt du denn ſo dichte auf? Deſto mehr biſt
du ſchuldig, deine geſunden Augen zu er-
halten.

Karl. Verderbe ich ſie denn durchs dich-
te Aufſehen?

Vater. Allerdings. Du wirſts gewiß
bereuen, wenn du nicht folgeſt. Siehe einmal
Bernhards Fritzen an. Der arme Junge
hat ſich nun einige Jahre ſchon ſo gewoͤhnt,
daß er auf zwanzig Schritte faſt gar nichts
mehr erkennen kann. Iſt das nicht traurig?

Karl. Das ſollte ich gemerkt haben.
Ich gieng geſtern mit ihm uͤber die Straße.
Da ſaß gegen uͤber ein Huͤndchen im Fenſter.
Gleich nahm er den Huth ab. Als ich fragte:
wen gruͤßeſt du denn? „Da gegen uͤber ſitzt
einer im Fenſter.“ Es iſt ja ein Hund, ſag-
te ich. Da wurde er ganz roth im Geſicht.
Das ſoll mir eine Warnung ſeyn.

Vater.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0060" n="38"/>
        <p><hi rendition="#fr">Vater</hi>. Wenn du das kann&#x017F;t, warum<lb/>
lieg&#x017F;t du denn &#x017F;o dichte auf? De&#x017F;to mehr bi&#x017F;t<lb/>
du &#x017F;chuldig, deine ge&#x017F;unden Augen zu er-<lb/>
halten.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Karl</hi>. Verderbe ich &#x017F;ie denn durchs dich-<lb/>
te Auf&#x017F;ehen?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Vater</hi>. Allerdings. Du wir&#x017F;ts gewiß<lb/>
bereuen, wenn du nicht folge&#x017F;t. Siehe einmal<lb/><hi rendition="#fr">Bernhards</hi> Fritzen an. Der arme Junge<lb/>
hat &#x017F;ich nun einige Jahre &#x017F;chon &#x017F;o gewo&#x0364;hnt,<lb/>
daß er auf zwanzig Schritte fa&#x017F;t gar nichts<lb/>
mehr erkennen kann. I&#x017F;t das nicht traurig?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Karl</hi>. Das &#x017F;ollte ich gemerkt haben.<lb/>
Ich gieng ge&#x017F;tern mit ihm u&#x0364;ber die Straße.<lb/>
Da &#x017F;aß gegen u&#x0364;ber ein Hu&#x0364;ndchen im Fen&#x017F;ter.<lb/>
Gleich nahm er den Huth ab. Als ich fragte:<lb/>
wen gru&#x0364;ße&#x017F;t du denn? &#x201E;Da gegen u&#x0364;ber &#x017F;itzt<lb/>
einer im Fen&#x017F;ter.&#x201C; Es i&#x017F;t ja ein Hund, &#x017F;ag-<lb/>
te ich. Da wurde er ganz roth im Ge&#x017F;icht.<lb/>
Das &#x017F;oll mir eine Warnung &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Vater</hi>.</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0060] Vater. Wenn du das kannſt, warum liegſt du denn ſo dichte auf? Deſto mehr biſt du ſchuldig, deine geſunden Augen zu er- halten. Karl. Verderbe ich ſie denn durchs dich- te Aufſehen? Vater. Allerdings. Du wirſts gewiß bereuen, wenn du nicht folgeſt. Siehe einmal Bernhards Fritzen an. Der arme Junge hat ſich nun einige Jahre ſchon ſo gewoͤhnt, daß er auf zwanzig Schritte faſt gar nichts mehr erkennen kann. Iſt das nicht traurig? Karl. Das ſollte ich gemerkt haben. Ich gieng geſtern mit ihm uͤber die Straße. Da ſaß gegen uͤber ein Huͤndchen im Fenſter. Gleich nahm er den Huth ab. Als ich fragte: wen gruͤßeſt du denn? „Da gegen uͤber ſitzt einer im Fenſter.“ Es iſt ja ein Hund, ſag- te ich. Da wurde er ganz roth im Geſicht. Das ſoll mir eine Warnung ſeyn. Vater.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/60
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/60>, abgerufen am 19.04.2024.