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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

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meln zu warm. Dann war wieder das Wasch-
wasser zu kalt. Beym Anziehen murrte sie mit
allen, die ihr helfen wollten. Die andern
muntern Kinder aber hüpften um sie herum,
lachten sie aus, daß sie so verdrüßlich war --
machtens ihr nach, wenn sie noch so schläfrig
that. Karoline! sieh einmal: ah ha ha --
so sperrst du das Maul auf -- und vexirten
sie. Da gabs denn immer was zu zanken.
Kam der Vater dazu, und fragte: wer Schuld
wäre? so hieß es: Die da, die Langschlä-
ferinn
.

So giengs nun ein und alle Tage. Was
war doch wohl die Ursache, daß Karoline
alle Morgen so verdrüßlich und mürrisch war?
Die andern Kinder waren es doch nicht. Was
anders, als das lange Schlafen? Denn da-
von wird man nicht munter, sondern immer
träger und schläfriger; also auch immer ver-
drüßlicher, unleidlicher und unerträglicher.

Lang-
T 3

meln zu warm. Dann war wieder das Waſch-
waſſer zu kalt. Beym Anziehen murrte ſie mit
allen, die ihr helfen wollten. Die andern
muntern Kinder aber huͤpften um ſie herum,
lachten ſie aus, daß ſie ſo verdruͤßlich war —
machtens ihr nach, wenn ſie noch ſo ſchlaͤfrig
that. Karoline! ſieh einmal: ah ha ha —
ſo ſperrſt du das Maul auf — und vexirten
ſie. Da gabs denn immer was zu zanken.
Kam der Vater dazu, und fragte: wer Schuld
waͤre? ſo hieß es: Die da, die Langſchlaͤ-
ferinn
.

So giengs nun ein und alle Tage. Was
war doch wohl die Urſache, daß Karoline
alle Morgen ſo verdruͤßlich und muͤrriſch war?
Die andern Kinder waren es doch nicht. Was
anders, als das lange Schlafen? Denn da-
von wird man nicht munter, ſondern immer
traͤger und ſchlaͤfriger; alſo auch immer ver-
druͤßlicher, unleidlicher und unertraͤglicher.

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[293/0315] meln zu warm. Dann war wieder das Waſch- waſſer zu kalt. Beym Anziehen murrte ſie mit allen, die ihr helfen wollten. Die andern muntern Kinder aber huͤpften um ſie herum, lachten ſie aus, daß ſie ſo verdruͤßlich war — machtens ihr nach, wenn ſie noch ſo ſchlaͤfrig that. Karoline! ſieh einmal: ah ha ha — ſo ſperrſt du das Maul auf — und vexirten ſie. Da gabs denn immer was zu zanken. Kam der Vater dazu, und fragte: wer Schuld waͤre? ſo hieß es: Die da, die Langſchlaͤ- ferinn. So giengs nun ein und alle Tage. Was war doch wohl die Urſache, daß Karoline alle Morgen ſo verdruͤßlich und muͤrriſch war? Die andern Kinder waren es doch nicht. Was anders, als das lange Schlafen? Denn da- von wird man nicht munter, ſondern immer traͤger und ſchlaͤfriger; alſo auch immer ver- druͤßlicher, unleidlicher und unertraͤglicher. Lang- T 3

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Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/315>, abgerufen am 29.03.2024.