Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

scheu vorstellen will. Er war schlecht erzogen,
und hatte immer viele böse Exempel gesehen,
wie sich die Leute unter einander gezankt, und
sich alle Tücke erwiesen hatten. Daher wurde
er auch so. Weil er aber einen guten natür-
lichen Verstand hatte, aber zum Bösen an-
wendete, so wurde seine Bosheit eben dadurch
desto mehr geschärft. Er gieng recht drauf
aus, scharfsinnige Bubenstücke auszudenken,
andern Tort zu thun. Den Mühlknappen
schlug er Nägel in die Stiefeln, daß sie sich
die Füße zerrissen. Neben an hatte ein Mann
aus der Stadt einen Garten, und eine kost-
bare Nelkenflor. Da nahm er ein Blaserohr,
gieng auf den Boden, und schoß die besten
Nelken ab. Es kamen zwar bey den Aeltern
Klagen über Klagen; aber sie hörten nicht
darauf, sondern freueten sich über den Kna-
ben, daß er so kluge Streiche machen könnte.

Das

ſcheu vorſtellen will. Er war ſchlecht erzogen,
und hatte immer viele boͤſe Exempel geſehen,
wie ſich die Leute unter einander gezankt, und
ſich alle Tuͤcke erwieſen hatten. Daher wurde
er auch ſo. Weil er aber einen guten natuͤr-
lichen Verſtand hatte, aber zum Boͤſen an-
wendete, ſo wurde ſeine Bosheit eben dadurch
deſto mehr geſchaͤrft. Er gieng recht drauf
aus, ſcharfſinnige Bubenſtuͤcke auszudenken,
andern Tort zu thun. Den Muͤhlknappen
ſchlug er Naͤgel in die Stiefeln, daß ſie ſich
die Fuͤße zerriſſen. Neben an hatte ein Mann
aus der Stadt einen Garten, und eine koſt-
bare Nelkenflor. Da nahm er ein Blaſerohr,
gieng auf den Boden, und ſchoß die beſten
Nelken ab. Es kamen zwar bey den Aeltern
Klagen uͤber Klagen; aber ſie hoͤrten nicht
darauf, ſondern freueten ſich uͤber den Kna-
ben, daß er ſo kluge Streiche machen koͤnnte.

Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0294" n="272"/>
&#x017F;cheu vor&#x017F;tellen will. Er war &#x017F;chlecht erzogen,<lb/>
und hatte immer viele bo&#x0364;&#x017F;e Exempel ge&#x017F;ehen,<lb/>
wie &#x017F;ich die Leute unter einander gezankt, und<lb/>
&#x017F;ich alle Tu&#x0364;cke erwie&#x017F;en hatten. Daher wurde<lb/>
er auch &#x017F;o. Weil er aber einen guten natu&#x0364;r-<lb/>
lichen Ver&#x017F;tand hatte, aber zum Bo&#x0364;&#x017F;en an-<lb/>
wendete, &#x017F;o wurde &#x017F;eine Bosheit eben dadurch<lb/>
de&#x017F;to mehr ge&#x017F;cha&#x0364;rft. Er gieng recht drauf<lb/>
aus, &#x017F;charf&#x017F;innige Buben&#x017F;tu&#x0364;cke auszudenken,<lb/>
andern Tort zu thun. Den Mu&#x0364;hlknappen<lb/>
&#x017F;chlug er Na&#x0364;gel in die Stiefeln, daß &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
die Fu&#x0364;ße zerri&#x017F;&#x017F;en. Neben an hatte ein Mann<lb/>
aus der Stadt einen Garten, und eine ko&#x017F;t-<lb/>
bare Nelkenflor. Da nahm er ein Bla&#x017F;erohr,<lb/>
gieng auf den Boden, und &#x017F;choß die be&#x017F;ten<lb/>
Nelken ab. Es kamen zwar bey den Aeltern<lb/>
Klagen u&#x0364;ber Klagen; aber &#x017F;ie ho&#x0364;rten nicht<lb/>
darauf, &#x017F;ondern freueten &#x017F;ich u&#x0364;ber den Kna-<lb/>
ben, daß er &#x017F;o kluge Streiche machen ko&#x0364;nnte.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0294] ſcheu vorſtellen will. Er war ſchlecht erzogen, und hatte immer viele boͤſe Exempel geſehen, wie ſich die Leute unter einander gezankt, und ſich alle Tuͤcke erwieſen hatten. Daher wurde er auch ſo. Weil er aber einen guten natuͤr- lichen Verſtand hatte, aber zum Boͤſen an- wendete, ſo wurde ſeine Bosheit eben dadurch deſto mehr geſchaͤrft. Er gieng recht drauf aus, ſcharfſinnige Bubenſtuͤcke auszudenken, andern Tort zu thun. Den Muͤhlknappen ſchlug er Naͤgel in die Stiefeln, daß ſie ſich die Fuͤße zerriſſen. Neben an hatte ein Mann aus der Stadt einen Garten, und eine koſt- bare Nelkenflor. Da nahm er ein Blaſerohr, gieng auf den Boden, und ſchoß die beſten Nelken ab. Es kamen zwar bey den Aeltern Klagen uͤber Klagen; aber ſie hoͤrten nicht darauf, ſondern freueten ſich uͤber den Kna- ben, daß er ſo kluge Streiche machen koͤnnte. Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/294
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/294>, abgerufen am 29.03.2024.