Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Mutter. Was fehlt dir, Wilhelm? Sitzest
du doch, wie im Traume.

Albertine. Er ist in Angst, der Leich-
vogel wird ihn holen.

Wilhelm. Ich hätte bald was gesagt.
Bekümmere dich um dich.

Mutter. Sachte, sachte! Kannst du dei-
ne Schwester nicht besser anfahren? Wer hat
dir wieder was in den Kopf gesetzt? Es ist
doch gar zu ein leichtgläubiger Junge. Alle
Possen glaubt er. Alles läßt er sich aufbinden.
Und es schadet dir nichts, wenn du dich vor
allen alten Weiberhistörchen fürchtest. Was
ist das einmal wieder mit dem Leichvogel?

Albertine. Marie sprach heute Abend da-
von unten in der Stube. Ich habe aber nicht
einmal recht darauf gehört.

Wilhelm. Da riefe des Abends und
Nachts ein Vogel, sagte Marie. Es müsse
denn einer in der Nachbarschaft sterben, wenn

er

Mutter. Was fehlt dir, Wilhelm? Sitzeſt
du doch, wie im Traume.

Albertine. Er iſt in Angſt, der Leich-
vogel wird ihn holen.

Wilhelm. Ich haͤtte bald was geſagt.
Bekuͤmmere dich um dich.

Mutter. Sachte, ſachte! Kannſt du dei-
ne Schweſter nicht beſſer anfahren? Wer hat
dir wieder was in den Kopf geſetzt? Es iſt
doch gar zu ein leichtglaͤubiger Junge. Alle
Poſſen glaubt er. Alles laͤßt er ſich aufbinden.
Und es ſchadet dir nichts, wenn du dich vor
allen alten Weiberhiſtoͤrchen fuͤrchteſt. Was
iſt das einmal wieder mit dem Leichvogel?

Albertine. Marie ſprach heute Abend da-
von unten in der Stube. Ich habe aber nicht
einmal recht darauf gehoͤrt.

Wilhelm. Da riefe des Abends und
Nachts ein Vogel, ſagte Marie. Es muͤſſe
denn einer in der Nachbarſchaft ſterben, wenn

er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0181" n="159"/>
        <p><hi rendition="#fr">Mutter</hi>. Was fehlt dir, Wilhelm? Sitze&#x017F;t<lb/>
du doch, wie im Traume.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Albertine</hi>. Er i&#x017F;t in Ang&#x017F;t, der Leich-<lb/>
vogel wird ihn holen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Wilhelm</hi>. Ich ha&#x0364;tte bald was ge&#x017F;agt.<lb/>
Beku&#x0364;mmere dich um dich.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Mutter</hi>. Sachte, &#x017F;achte! Kann&#x017F;t du dei-<lb/>
ne Schwe&#x017F;ter nicht be&#x017F;&#x017F;er anfahren? Wer hat<lb/>
dir wieder was in den Kopf ge&#x017F;etzt? Es i&#x017F;t<lb/>
doch gar zu ein leichtgla&#x0364;ubiger Junge. Alle<lb/>
Po&#x017F;&#x017F;en glaubt er. Alles la&#x0364;ßt er &#x017F;ich aufbinden.<lb/>
Und es &#x017F;chadet dir nichts, wenn du dich vor<lb/>
allen alten Weiberhi&#x017F;to&#x0364;rchen fu&#x0364;rchte&#x017F;t. Was<lb/>
i&#x017F;t das einmal wieder mit dem Leichvogel?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Albertine</hi>. Marie &#x017F;prach heute Abend da-<lb/>
von unten in der Stube. Ich habe aber nicht<lb/>
einmal recht darauf geho&#x0364;rt.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Wilhelm</hi>. Da riefe des Abends und<lb/>
Nachts ein Vogel, &#x017F;agte Marie. Es mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
denn einer in der Nachbar&#x017F;chaft &#x017F;terben, wenn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0181] Mutter. Was fehlt dir, Wilhelm? Sitzeſt du doch, wie im Traume. Albertine. Er iſt in Angſt, der Leich- vogel wird ihn holen. Wilhelm. Ich haͤtte bald was geſagt. Bekuͤmmere dich um dich. Mutter. Sachte, ſachte! Kannſt du dei- ne Schweſter nicht beſſer anfahren? Wer hat dir wieder was in den Kopf geſetzt? Es iſt doch gar zu ein leichtglaͤubiger Junge. Alle Poſſen glaubt er. Alles laͤßt er ſich aufbinden. Und es ſchadet dir nichts, wenn du dich vor allen alten Weiberhiſtoͤrchen fuͤrchteſt. Was iſt das einmal wieder mit dem Leichvogel? Albertine. Marie ſprach heute Abend da- von unten in der Stube. Ich habe aber nicht einmal recht darauf gehoͤrt. Wilhelm. Da riefe des Abends und Nachts ein Vogel, ſagte Marie. Es muͤſſe denn einer in der Nachbarſchaft ſterben, wenn er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/181
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/181>, abgerufen am 29.03.2024.