Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Es war einmal ein armer Holzhauer, der
bey meinem seligen Vater, eurem Großvater,
den ihr aber nicht gekannt habt, das ganze
Jahr hindurch Holz hackte. Ein rechter ehr-
licher, braver, guter und fleißiger Mann.
Der hatte einen Sohn von ohngefähr sech-
zehn Jahren, den er fleißig zur Arbeit anhielt,
und es aus dem Munde ersparte, ihn was
lernen zu lassen. Wenn er manchmal in un-
serm Hause ein Stückchen Fleisch, Kuchen oder
Braten bekam, so aß ers nicht auf, sondern
sagte: Ich muß nieinem Gottlieb was auf-
heben. So gut meynte es dieser arme Vater
mit dem Jungen.

Dieser war aber ein Taugenichts, der al-
les Gute nicht achtete, was der Vater an ihm
that. Hört nur, Kinder! was er machte.
Mir erstarrt das Blut in den Adern, wenn
ich noch daran gedenke. Ach Gott! wozu
kann der Undank ein Kind bringen!

Der
H 3

Es war einmal ein armer Holzhauer, der
bey meinem ſeligen Vater, eurem Großvater,
den ihr aber nicht gekannt habt, das ganze
Jahr hindurch Holz hackte. Ein rechter ehr-
licher, braver, guter und fleißiger Mann.
Der hatte einen Sohn von ohngefaͤhr ſech-
zehn Jahren, den er fleißig zur Arbeit anhielt,
und es aus dem Munde erſparte, ihn was
lernen zu laſſen. Wenn er manchmal in un-
ſerm Hauſe ein Stuͤckchen Fleiſch, Kuchen oder
Braten bekam, ſo aß ers nicht auf, ſondern
ſagte: Ich muß nieinem Gottlieb was auf-
heben. So gut meynte es dieſer arme Vater
mit dem Jungen.

Dieſer war aber ein Taugenichts, der al-
les Gute nicht achtete, was der Vater an ihm
that. Hoͤrt nur, Kinder! was er machte.
Mir erſtarrt das Blut in den Adern, wenn
ich noch daran gedenke. Ach Gott! wozu
kann der Undank ein Kind bringen!

Der
H 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0139" n="117"/>
        <p>Es war einmal ein armer Holzhauer, der<lb/>
bey meinem &#x017F;eligen Vater, eurem Großvater,<lb/>
den ihr aber nicht gekannt habt, das ganze<lb/>
Jahr hindurch Holz hackte. Ein rechter ehr-<lb/>
licher, braver, guter und fleißiger Mann.<lb/>
Der hatte einen Sohn von ohngefa&#x0364;hr &#x017F;ech-<lb/>
zehn Jahren, den er fleißig zur Arbeit anhielt,<lb/>
und es aus dem Munde er&#x017F;parte, ihn was<lb/>
lernen zu la&#x017F;&#x017F;en. Wenn er manchmal in un-<lb/>
&#x017F;erm Hau&#x017F;e ein Stu&#x0364;ckchen Flei&#x017F;ch, Kuchen oder<lb/>
Braten bekam, &#x017F;o aß ers nicht auf, &#x017F;ondern<lb/>
&#x017F;agte: Ich muß nieinem Gottlieb was auf-<lb/>
heben. So gut meynte es die&#x017F;er arme Vater<lb/>
mit dem Jungen.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er war aber ein Taugenichts, der al-<lb/>
les Gute nicht achtete, was der Vater an ihm<lb/>
that. Ho&#x0364;rt nur, Kinder! was er machte.<lb/>
Mir er&#x017F;tarrt das Blut in den Adern, wenn<lb/>
ich noch daran gedenke. Ach Gott! wozu<lb/>
kann der Undank ein Kind bringen!</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">H 3</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0139] Es war einmal ein armer Holzhauer, der bey meinem ſeligen Vater, eurem Großvater, den ihr aber nicht gekannt habt, das ganze Jahr hindurch Holz hackte. Ein rechter ehr- licher, braver, guter und fleißiger Mann. Der hatte einen Sohn von ohngefaͤhr ſech- zehn Jahren, den er fleißig zur Arbeit anhielt, und es aus dem Munde erſparte, ihn was lernen zu laſſen. Wenn er manchmal in un- ſerm Hauſe ein Stuͤckchen Fleiſch, Kuchen oder Braten bekam, ſo aß ers nicht auf, ſondern ſagte: Ich muß nieinem Gottlieb was auf- heben. So gut meynte es dieſer arme Vater mit dem Jungen. Dieſer war aber ein Taugenichts, der al- les Gute nicht achtete, was der Vater an ihm that. Hoͤrt nur, Kinder! was er machte. Mir erſtarrt das Blut in den Adern, wenn ich noch daran gedenke. Ach Gott! wozu kann der Undank ein Kind bringen! Der H 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/139
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/139>, abgerufen am 19.04.2024.