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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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und martern. Ist das Salz feuchte, wie es
denn mehrentheils ist; so sinkt das Häufchen
ganz natürlich von selbst, zumal wenn es in
der warmen Stube steht. Dann bilden sie
sich ein, sie müssen in dem Jahre sterben,
und grämen sich wohl gar todt, wie mir mein
Vater davon verschiedene Exempel erzählt
hat.

Aber das Bley, mein Dorchen, wozu
das? Sie schmelzen es auf Kohlen in der Kel-
le, und gießen es in Gläser mit Wasser. Da
giebt es natürlicher Weise, wenn das heiße
geschmolzene Bley ins kalte Wasser fällt, und
aus einander spritzt, allerley Figuren, als
Bäume, Städte, Thürme, Spieße, Nägel
und dergleichen. Die Einbildung macht sie
dazu, was sie nicht sind. Da begucken sie
denn das alles sehr sorgfältig, machen die
Auslegung, und sehen darinn alles, was sie
wünschen und fürchten, sagt mein Vater.

Städ-
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und martern. Iſt das Salz feuchte, wie es
denn mehrentheils iſt; ſo ſinkt das Haͤufchen
ganz natuͤrlich von ſelbſt, zumal wenn es in
der warmen Stube ſteht. Dann bilden ſie
ſich ein, ſie muͤſſen in dem Jahre ſterben,
und graͤmen ſich wohl gar todt, wie mir mein
Vater davon verſchiedene Exempel erzaͤhlt
hat.

Aber das Bley, mein Dorchen, wozu
das? Sie ſchmelzen es auf Kohlen in der Kel-
le, und gießen es in Glaͤſer mit Waſſer. Da
giebt es natuͤrlicher Weiſe, wenn das heiße
geſchmolzene Bley ins kalte Waſſer faͤllt, und
aus einander ſpritzt, allerley Figuren, als
Baͤume, Staͤdte, Thuͤrme, Spieße, Naͤgel
und dergleichen. Die Einbildung macht ſie
dazu, was ſie nicht ſind. Da begucken ſie
denn das alles ſehr ſorgfaͤltig, machen die
Auslegung, und ſehen darinn alles, was ſie
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Staͤd-
A 4
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[7/0029] und martern. Iſt das Salz feuchte, wie es denn mehrentheils iſt; ſo ſinkt das Haͤufchen ganz natuͤrlich von ſelbſt, zumal wenn es in der warmen Stube ſteht. Dann bilden ſie ſich ein, ſie muͤſſen in dem Jahre ſterben, und graͤmen ſich wohl gar todt, wie mir mein Vater davon verſchiedene Exempel erzaͤhlt hat. Aber das Bley, mein Dorchen, wozu das? Sie ſchmelzen es auf Kohlen in der Kel- le, und gießen es in Glaͤſer mit Waſſer. Da giebt es natuͤrlicher Weiſe, wenn das heiße geſchmolzene Bley ins kalte Waſſer faͤllt, und aus einander ſpritzt, allerley Figuren, als Baͤume, Staͤdte, Thuͤrme, Spieße, Naͤgel und dergleichen. Die Einbildung macht ſie dazu, was ſie nicht ſind. Da begucken ſie denn das alles ſehr ſorgfaͤltig, machen die Auslegung, und ſehen darinn alles, was ſie wuͤnſchen und fuͤrchten, ſagt mein Vater. Staͤd- A 4

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Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/29>, abgerufen am 25.04.2024.