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Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787.

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Ein Schauspiel.
Und meines Banns unschuldigen Genossen,
Wie ungern nehm' ich dich in jenes Trauerland
Frühzeitig mit! Dein Leben oder Tod
Gibt mir allein noch Hoffnung oder Furcht.
Pylades.
Ich bin noch nicht, Orest, wie du bereit,
In jenes Schattenreich hinabzugehn.
Ich sinne noch, durch die verworrnen Pfade,
Die nach der schwarzen Nacht zu führen scheinen,
Uns zu dem Leben wieder aufzuwinden.
Ich denke nicht den Tod; ich sinn' und horche,
Ob nicht zu irgend einer frohen Flucht
Die Götter Rath und Wege zubereiten.
Der Tod, gefürchtet oder ungefürchtet,
Kommt unaufhaltsam. Wenn die Priesterinn
Schon unsre Locken weihend abzuschneiden
Die Hand erhebt, soll dein' und meine Rettung
Mein einziger Gedanke seyn. Erhebe
Von diesem Unmuth deine Seele; zweifelnd
Beschleunigest du die Gefahr. Apoll
Gab uns das Wort: im Heiligthum der
Schwester
Ein Schauſpiel.
Und meines Banns unſchuldigen Genoſſen,
Wie ungern nehm’ ich dich in jenes Trauerland
Frühzeitig mit! Dein Leben oder Tod
Gibt mir allein noch Hoffnung oder Furcht.
Pylades.
Ich bin noch nicht, Oreſt, wie du bereit,
In jenes Schattenreich hinabzugehn.
Ich ſinne noch, durch die verworrnen Pfade,
Die nach der ſchwarzen Nacht zu führen ſcheinen,
Uns zu dem Leben wieder aufzuwinden.
Ich denke nicht den Tod; ich ſinn’ und horche,
Ob nicht zu irgend einer frohen Flucht
Die Götter Rath und Wege zubereiten.
Der Tod, gefürchtet oder ungefürchtet,
Kommt unaufhaltſam. Wenn die Prieſterinn
Schon unſre Locken weihend abzuſchneiden
Die Hand erhebt, ſoll dein’ und meine Rettung
Mein einziger Gedanke ſeyn. Erhebe
Von dieſem Unmuth deine Seele; zweifelnd
Beſchleunigeſt du die Gefahr. Apoll
Gab uns das Wort: im Heiligthum der
Schweſter
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[37/0046] Ein Schauſpiel. Und meines Banns unſchuldigen Genoſſen, Wie ungern nehm’ ich dich in jenes Trauerland Frühzeitig mit! Dein Leben oder Tod Gibt mir allein noch Hoffnung oder Furcht. Pylades. Ich bin noch nicht, Oreſt, wie du bereit, In jenes Schattenreich hinabzugehn. Ich ſinne noch, durch die verworrnen Pfade, Die nach der ſchwarzen Nacht zu führen ſcheinen, Uns zu dem Leben wieder aufzuwinden. Ich denke nicht den Tod; ich ſinn’ und horche, Ob nicht zu irgend einer frohen Flucht Die Götter Rath und Wege zubereiten. Der Tod, gefürchtet oder ungefürchtet, Kommt unaufhaltſam. Wenn die Prieſterinn Schon unſre Locken weihend abzuſchneiden Die Hand erhebt, ſoll dein’ und meine Rettung Mein einziger Gedanke ſeyn. Erhebe Von dieſem Unmuth deine Seele; zweifelnd Beſchleunigeſt du die Gefahr. Apoll Gab uns das Wort: im Heiligthum der Schweſter

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_iphigenie_1787/46>, abgerufen am 23.04.2024.