Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Sie dürfen früh des ewigen Lichts genießen
Das später sich zu uns hernieder wendet.
Jetzt zu der Alpe grüngesenkten Wiesen
Wird neuer Glanz und Deutlichkeit gespendet,
Und stufenweis herab ist es gelungen; -
Sie tritt hervor! - und, leider schon geblendet,
Kehr' ich mich weg, vom Augenschmerz durchdrungen.

So ist es also, wenn ein sehnend Hoffen
Dem höchsten Wunsch sich traulich zugerungen,
Erfüllungspforten findet flügeloffen;
Nun aber bricht aus jenen ewigen Gründen
Ein Flammen-Uebermaß, wir stehn betroffen;
Des Lebens Fackel wollten wir entzünden,
Ein Feuermeer umschlingt uns, welch' ein Feuer!
Ist's Lieb? Ist's Haß? die glühend uns umwinden,
Mit Schmerz und Freuden wechselnd ungeheuer,
So daß wir wieder nach der Erde blicken,
Zu bergen uns in jugendlichstem Schleier.

So bleibe denn die Sonne mir im Rücken!
Der Wassersturz, das Felsenriff durchbrausend,
Ihn schau' ich an mit wachsendem Entzücken.
Von Sturz zu Sturzen wälzt er jetzt in tausend
Dann aber tausend Strömen sich ergießend,
Hoch in die Lüfte Schaum an Schäume sausend.
Allein wie herrlich diesem Sturm ersprießend,
Wölbt sich des bunten Bogens Wechsel-Dauer,
Bald rein gezeichnet, bald in Luft zerfließend,
Sie dürfen früh des ewigen Lichts genießen
Das später sich zu uns hernieder wendet.
Jetzt zu der Alpe grüngesenkten Wiesen
Wird neuer Glanz und Deutlichkeit gespendet,
Und stufenweis herab ist es gelungen; –
Sie tritt hervor! – und, leider schon geblendet,
Kehr’ ich mich weg, vom Augenschmerz durchdrungen.

So ist es also, wenn ein sehnend Hoffen
Dem höchsten Wunsch sich traulich zugerungen,
Erfüllungspforten findet flügeloffen;
Nun aber bricht aus jenen ewigen Gründen
Ein Flammen-Uebermaß, wir stehn betroffen;
Des Lebens Fackel wollten wir entzünden,
Ein Feuermeer umschlingt uns, welch’ ein Feuer!
Ist’s Lieb? Ist’s Haß? die glühend uns umwinden,
Mit Schmerz und Freuden wechselnd ungeheuer,
So daß wir wieder nach der Erde blicken,
Zu bergen uns in jugendlichstem Schleier.

So bleibe denn die Sonne mir im Rücken!
Der Wassersturz, das Felsenriff durchbrausend,
Ihn schau’ ich an mit wachsendem Entzücken.
Von Sturz zu Sturzen wälzt er jetzt in tausend
Dann aber tausend Strömen sich ergießend,
Hoch in die Lüfte Schaum an Schäume sausend.
Allein wie herrlich diesem Sturm ersprießend,
Wölbt sich des bunten Bogens Wechsel-Dauer,
Bald rein gezeichnet, bald in Luft zerfließend,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="act" n="1">
        <div type="scene" n="2">
          <sp>
            <p><pb facs="#f0019" n="7"/>
Sie dürfen früh des ewigen Lichts genießen<lb/>
Das später sich zu uns hernieder wendet.<lb/>
Jetzt zu der Alpe grüngesenkten Wiesen<lb/>
Wird neuer Glanz und Deutlichkeit gespendet,<lb/>
Und stufenweis herab ist es gelungen; &#x2013;<lb/>
Sie tritt hervor! &#x2013; und, leider schon geblendet,<lb/>
Kehr&#x2019; ich mich weg, vom Augenschmerz durchdrungen.<lb/></p><lb/>
            <p> So ist es also, wenn ein sehnend Hoffen<lb/>
Dem höchsten Wunsch sich traulich zugerungen,<lb/>
Erfüllungspforten findet flügeloffen;<lb/>
Nun aber bricht aus jenen ewigen Gründen<lb/>
Ein Flammen-Uebermaß, wir stehn betroffen;<lb/>
Des Lebens Fackel wollten wir entzünden,<lb/>
Ein Feuermeer umschlingt uns, welch&#x2019; ein Feuer!<lb/>
Ist&#x2019;s Lieb? Ist&#x2019;s Haß? die glühend uns umwinden,<lb/>
Mit Schmerz und Freuden wechselnd ungeheuer,<lb/>
So daß wir wieder nach der Erde blicken,<lb/>
Zu bergen uns in jugendlichstem Schleier.<lb/></p><lb/>
            <p> So bleibe denn die Sonne mir im Rücken!<lb/>
Der Wassersturz, das Felsenriff durchbrausend,<lb/>
Ihn schau&#x2019; ich an mit wachsendem Entzücken.<lb/>
Von Sturz zu Sturzen wälzt er jetzt in tausend<lb/>
Dann aber tausend Strömen sich ergießend,<lb/>
Hoch in die Lüfte Schaum an Schäume sausend.<lb/>
Allein wie herrlich diesem Sturm ersprießend,<lb/>
Wölbt sich des bunten Bogens Wechsel-Dauer,<lb/>
Bald rein gezeichnet, bald in Luft zerfließend,<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0019] Sie dürfen früh des ewigen Lichts genießen Das später sich zu uns hernieder wendet. Jetzt zu der Alpe grüngesenkten Wiesen Wird neuer Glanz und Deutlichkeit gespendet, Und stufenweis herab ist es gelungen; – Sie tritt hervor! – und, leider schon geblendet, Kehr’ ich mich weg, vom Augenschmerz durchdrungen. So ist es also, wenn ein sehnend Hoffen Dem höchsten Wunsch sich traulich zugerungen, Erfüllungspforten findet flügeloffen; Nun aber bricht aus jenen ewigen Gründen Ein Flammen-Uebermaß, wir stehn betroffen; Des Lebens Fackel wollten wir entzünden, Ein Feuermeer umschlingt uns, welch’ ein Feuer! Ist’s Lieb? Ist’s Haß? die glühend uns umwinden, Mit Schmerz und Freuden wechselnd ungeheuer, So daß wir wieder nach der Erde blicken, Zu bergen uns in jugendlichstem Schleier. So bleibe denn die Sonne mir im Rücken! Der Wassersturz, das Felsenriff durchbrausend, Ihn schau’ ich an mit wachsendem Entzücken. Von Sturz zu Sturzen wälzt er jetzt in tausend Dann aber tausend Strömen sich ergießend, Hoch in die Lüfte Schaum an Schäume sausend. Allein wie herrlich diesem Sturm ersprießend, Wölbt sich des bunten Bogens Wechsel-Dauer, Bald rein gezeichnet, bald in Luft zerfließend,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Freies Deutsches Hochstift (Frankfurter Goethe-Museum), Sign. III B / 23: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-03-12T12:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/19
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/19>, abgerufen am 16.04.2024.