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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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auch die Metallkalke, besonders des überall vor-
handnen Eisens. Mehrere verfaulte Pflanzen ge-
ben einen entschiedenen Färbestoff, dergestalt daß
der Schlick an seichten Stellen großer Flüsse als
Farbematerial benutzt werden konnte.

Jedes Beflecken ist eine Art von Färben, und
die augenblickliche Mittheilung konnte jeder bemer-
ken, der eine rothe Beere zerdrückte. Die Dauer
dieser Mittheilung erfährt man gleichfalls bald. Auf
dem Körper bewirkte man sie durch Tatuiren und
Einreiben. Für die Gewänder fanden sich bald
farbige Stoffe, welche auch die beizende Dauer
mit sich führen, vorzüglich der Eisenrost, gewisse
Fruchtschalen, durch welche sich der Uebergang zu
den Galläpfeln mag gefunden haben.

Besonders aber machte sich der Saft der Pur-
purschnecke merkwürdig, indem das damit Gefärbte
nicht allein schön und dauerhaft war, sondern auch
zugleich mit der Dauer an Schönheit wuchs.

Bey dieser jedem Zufall freygegebenen Anfär-
bung, bey der Bequemlichkeit das Zufällige vorsätz-
lich zu wiederholen und nachzuahmen, mußte auch
die Aufforderung entstehen, die Farbe zu entfernen.

auch die Metallkalke, beſonders des uͤberall vor-
handnen Eiſens. Mehrere verfaulte Pflanzen ge-
ben einen entſchiedenen Faͤrbeſtoff, dergeſtalt daß
der Schlick an ſeichten Stellen großer Fluͤſſe als
Farbematerial benutzt werden konnte.

Jedes Beflecken iſt eine Art von Faͤrben, und
die augenblickliche Mittheilung konnte jeder bemer-
ken, der eine rothe Beere zerdruͤckte. Die Dauer
dieſer Mittheilung erfaͤhrt man gleichfalls bald. Auf
dem Koͤrper bewirkte man ſie durch Tatuiren und
Einreiben. Fuͤr die Gewaͤnder fanden ſich bald
farbige Stoffe, welche auch die beizende Dauer
mit ſich fuͤhren, vorzuͤglich der Eiſenroſt, gewiſſe
Fruchtſchalen, durch welche ſich der Uebergang zu
den Gallaͤpfeln mag gefunden haben.

Beſonders aber machte ſich der Saft der Pur-
purſchnecke merkwuͤrdig, indem das damit Gefaͤrbte
nicht allein ſchoͤn und dauerhaft war, ſondern auch
zugleich mit der Dauer an Schoͤnheit wuchs.

Bey dieſer jedem Zufall freygegebenen Anfaͤr-
bung, bey der Bequemlichkeit das Zufaͤllige vorſaͤtz-
lich zu wiederholen und nachzuahmen, mußte auch
die Aufforderung entſtehen, die Farbe zu entfernen.

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[XXV/0031] auch die Metallkalke, beſonders des uͤberall vor- handnen Eiſens. Mehrere verfaulte Pflanzen ge- ben einen entſchiedenen Faͤrbeſtoff, dergeſtalt daß der Schlick an ſeichten Stellen großer Fluͤſſe als Farbematerial benutzt werden konnte. Jedes Beflecken iſt eine Art von Faͤrben, und die augenblickliche Mittheilung konnte jeder bemer- ken, der eine rothe Beere zerdruͤckte. Die Dauer dieſer Mittheilung erfaͤhrt man gleichfalls bald. Auf dem Koͤrper bewirkte man ſie durch Tatuiren und Einreiben. Fuͤr die Gewaͤnder fanden ſich bald farbige Stoffe, welche auch die beizende Dauer mit ſich fuͤhren, vorzuͤglich der Eiſenroſt, gewiſſe Fruchtſchalen, durch welche ſich der Uebergang zu den Gallaͤpfeln mag gefunden haben. Beſonders aber machte ſich der Saft der Pur- purſchnecke merkwuͤrdig, indem das damit Gefaͤrbte nicht allein ſchoͤn und dauerhaft war, ſondern auch zugleich mit der Dauer an Schoͤnheit wuchs. Bey dieſer jedem Zufall freygegebenen Anfaͤr- bung, bey der Bequemlichkeit das Zufaͤllige vorſaͤtz- lich zu wiederholen und nachzuahmen, mußte auch die Aufforderung entſtehen, die Farbe zu entfernen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. XXV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/31>, abgerufen am 28.03.2024.