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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

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des Staates. Es wurden dann die Mittel angegeben,
wie dem eingerissenen Uebel zu begegnen; wie Hoff¬
nungen, die zu erfüllen jede gesunde Politik verbiete,
gleich bey der Wurzel abzuschneiden; wie die Männer,
die durch ihre Popularität gefährlich geworden, all¬
mählig zu entfernen, die Staatsmänner durch Ver¬
sendung auf ferne diplomatische Missionen, die Feld¬
herren durch geschickte Beseitigung, die untergeordne¬
ten Theilnehmer aber, indem man sie ohne weiteres
aus allem Einfluß werfe: Alles wie Gott, wenn er
den Dünkel verderben will, es durch eine sogenannte
pfiffige, verschlagene Politik den Kindern der Zeit
eingeben läßt *).

*) Um ein Beyspiel des Leichtsinns zu geben, mit dem diese
Leute bey solchen Gelegenheiten verfahren, und als eine
zeitgemäße Warnung bey dem jetzigen Conspirationsgeschrey,
führe ich hier eine Stelle jenes Berichtes an, die sich auf
seiner vorletzten Seite findet. Da wo nämlich der Verfas¬
ser die Frage zu beantworten unternimmt: "wer kann zur
Königsparthey aufgenommen werden? läßt er folgenderweise
sich vernehmen: "Die Tugendbündner nehmen Alle auf,
die Talente und Einfluß haben, ohne Rücksicht auf ihre
Moralität. Sonst hätten sie ihre Ehre durch Aufnahme
eines Reisachs, Gruners, Görres nicht beschmutzen können.
Der Erstere lief als Verbrecher aus Bayern fort, der
Zweyte brach 1812 sein Ehrenwort, und setzte den Staat,
dem er verpflichtet war, in die größte Gefahr, heyrathete
die Mätresse eines Franzosen etc. etc. Görres war bis 1813
ein französischer Agent, schrieb damals im Geist der Jaco¬
biner, wie jetzt im Geist der Teutschbündner." Man hat
mir den Herrn v. B. als den genannt, der, nach Gesinnung,
Ansichten und seiner damaligen Stellung gemäß, nach aller
Wahrscheinlichkeit diese Denkschrift niedergeschrieben. Ich
werde seinen Namen ganz ausschreiben, wenn ich darüber
Gewißheit erhalte; jetzt aber will ich mich begnügen, den
Verfasser, wer es immer seyn möge, als einen ehrlosen,

des Staates. Es wurden dann die Mittel angegeben,
wie dem eingeriſſenen Uebel zu begegnen; wie Hoff¬
nungen, die zu erfüllen jede geſunde Politik verbiete,
gleich bey der Wurzel abzuſchneiden; wie die Männer,
die durch ihre Popularität gefährlich geworden, all¬
mählig zu entfernen, die Staatsmänner durch Ver¬
ſendung auf ferne diplomatiſche Miſſionen, die Feld¬
herren durch geſchickte Beſeitigung, die untergeordne¬
ten Theilnehmer aber, indem man ſie ohne weiteres
aus allem Einfluß werfe: Alles wie Gott, wenn er
den Dünkel verderben will, es durch eine ſogenannte
pfiffige, verſchlagene Politik den Kindern der Zeit
eingeben läßt *).

*) Um ein Beyſpiel des Leichtſinns zu geben, mit dem dieſe
Leute bey ſolchen Gelegenheiten verfahren, und als eine
zeitgemäße Warnung bey dem jetzigen Conspirationsgeſchrey,
führe ich hier eine Stelle jenes Berichtes an, die ſich auf
ſeiner vorletzten Seite findet. Da wo nämlich der Verfaſ¬
ſer die Frage zu beantworten unternimmt: „wer kann zur
Königsparthey aufgenommen werden? läßt er folgenderweiſe
ſich vernehmen: „Die Tugendbündner nehmen Alle auf,
die Talente und Einfluß haben, ohne Rückſicht auf ihre
Moralität. Sonſt hätten ſie ihre Ehre durch Aufnahme
eines Reiſachs, Gruners, Görres nicht beſchmutzen können.
Der Erſtere lief als Verbrecher aus Bayern fort, der
Zweyte brach 1812 ſein Ehrenwort, und ſetzte den Staat,
dem er verpflichtet war, in die größte Gefahr, heyrathete
die Mätreſſe eines Franzoſen ꝛc. ꝛc. Görres war bis 1813
ein franzöſiſcher Agent, ſchrieb damals im Geiſt der Jaco¬
biner, wie jetzt im Geiſt der Teutſchbündner.“ Man hat
mir den Herrn v. B. als den genannt, der, nach Geſinnung,
Anſichten und ſeiner damaligen Stellung gemäß, nach aller
Wahrſcheinlichkeit dieſe Denkſchrift niedergeſchrieben. Ich
werde ſeinen Namen ganz ausſchreiben, wenn ich darüber
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[34/0042] des Staates. Es wurden dann die Mittel angegeben, wie dem eingeriſſenen Uebel zu begegnen; wie Hoff¬ nungen, die zu erfüllen jede geſunde Politik verbiete, gleich bey der Wurzel abzuſchneiden; wie die Männer, die durch ihre Popularität gefährlich geworden, all¬ mählig zu entfernen, die Staatsmänner durch Ver¬ ſendung auf ferne diplomatiſche Miſſionen, die Feld¬ herren durch geſchickte Beſeitigung, die untergeordne¬ ten Theilnehmer aber, indem man ſie ohne weiteres aus allem Einfluß werfe: Alles wie Gott, wenn er den Dünkel verderben will, es durch eine ſogenannte pfiffige, verſchlagene Politik den Kindern der Zeit eingeben läßt *). *) Um ein Beyſpiel des Leichtſinns zu geben, mit dem dieſe Leute bey ſolchen Gelegenheiten verfahren, und als eine zeitgemäße Warnung bey dem jetzigen Conspirationsgeſchrey, führe ich hier eine Stelle jenes Berichtes an, die ſich auf ſeiner vorletzten Seite findet. Da wo nämlich der Verfaſ¬ ſer die Frage zu beantworten unternimmt: „wer kann zur Königsparthey aufgenommen werden? läßt er folgenderweiſe ſich vernehmen: „Die Tugendbündner nehmen Alle auf, die Talente und Einfluß haben, ohne Rückſicht auf ihre Moralität. Sonſt hätten ſie ihre Ehre durch Aufnahme eines Reiſachs, Gruners, Görres nicht beſchmutzen können. Der Erſtere lief als Verbrecher aus Bayern fort, der Zweyte brach 1812 ſein Ehrenwort, und ſetzte den Staat, dem er verpflichtet war, in die größte Gefahr, heyrathete die Mätreſſe eines Franzoſen ꝛc. ꝛc. Görres war bis 1813 ein franzöſiſcher Agent, ſchrieb damals im Geiſt der Jaco¬ biner, wie jetzt im Geiſt der Teutſchbündner.“ Man hat mir den Herrn v. B. als den genannt, der, nach Geſinnung, Anſichten und ſeiner damaligen Stellung gemäß, nach aller Wahrſcheinlichkeit dieſe Denkſchrift niedergeſchrieben. Ich werde ſeinen Namen ganz ausſchreiben, wenn ich darüber Gewißheit erhalte; jetzt aber will ich mich begnügen, den Verfaſſer, wer es immer ſeyn möge, als einen ehrloſen,

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Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/42>, abgerufen am 25.04.2024.