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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

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die Wiedereingesetzten es blos durch allzu schwache
Nachgiebigkeit versehen zu haben, und so wurde der
abgerissene Faden wieder angeknüpft und nur gröber
ausgesponnen; bis endlich, wie jetzt bey uns, Wider¬
stand und Reibung so stark geworden, daß sie alle
Kraft aufgezehrt, und die Regierung mit ihren allzu
wohlmeinenden Freunden sich gänzlich festgerannt.

Man durfte wünschen, aber kaum hoffen, daß
Preußen sich den gleichen Versuch ersparen würde.
Man trug sich dort seit längerer Zeit mit der Existenz
eines geheimen Bundes, der Tugendbund genannt,
und angeblich geschlossen, um mit vereinten Kräften,
jedoch ohne der den legitimen Fürsten schuldigen Treue
Eintrag zu thun, die Freyheit zu erringen, und von
sich selbst und vom Vaterland jede Art von Unterjo¬
chung, besonders die durch fremde Macht, abzuhal¬
ten. Dieser Bund sollte aus verschiednen durch Zei¬
chen, Attribute, Pflichten und Befugnisse voreinander
ausgezeichneten Graden bestehen; Alle durch die hei¬
ligsten Eidschwüre der Gesellschaft und ihren Zwecken
verbunden, sollten ohne daß Einer um den Andern
wisse, nur dem Obern, wie dieser dem Großmeister
untergeben seyn, von diesem alle Befehle und Auf¬
träge empfangen, und sodald sie einmal nach freyem
Entschluß zu ihrer Ausführung sich anheischig gemacht,
in blindem Vertrauen alles Forschens nach ihren Grün¬
den sich enthalten; alle Geheimnisse des Bundes aber,
für Furcht und Hoffnung gleich unzugänglich, unter
Todesstrafe bewahren, also daß den schuldigen Ver¬
räther keine menschliche Macht gegen die Rache der
Gesellschaft zu schützen im Stande sey.

die Wiedereingeſetzten es blos durch allzu ſchwache
Nachgiebigkeit verſehen zu haben, und ſo wurde der
abgeriſſene Faden wieder angeknüpft und nur gröber
ausgeſponnen; bis endlich, wie jetzt bey uns, Wider¬
ſtand und Reibung ſo ſtark geworden, daß ſie alle
Kraft aufgezehrt, und die Regierung mit ihren allzu
wohlmeinenden Freunden ſich gänzlich feſtgerannt.

Man durfte wünſchen, aber kaum hoffen, daß
Preußen ſich den gleichen Verſuch erſparen würde.
Man trug ſich dort ſeit längerer Zeit mit der Exiſtenz
eines geheimen Bundes, der Tugendbund genannt,
und angeblich geſchloſſen, um mit vereinten Kräften,
jedoch ohne der den legitimen Fürſten ſchuldigen Treue
Eintrag zu thun, die Freyheit zu erringen, und von
ſich ſelbſt und vom Vaterland jede Art von Unterjo¬
chung, beſonders die durch fremde Macht, abzuhal¬
ten. Dieſer Bund ſollte aus verſchiednen durch Zei¬
chen, Attribute, Pflichten und Befugniſſe voreinander
ausgezeichneten Graden beſtehen; Alle durch die hei¬
ligſten Eidſchwüre der Geſellſchaft und ihren Zwecken
verbunden, ſollten ohne daß Einer um den Andern
wiſſe, nur dem Obern, wie dieſer dem Großmeiſter
untergeben ſeyn, von dieſem alle Befehle und Auf¬
träge empfangen, und ſodald ſie einmal nach freyem
Entſchluß zu ihrer Ausführung ſich anheiſchig gemacht,
in blindem Vertrauen alles Forſchens nach ihren Grün¬
den ſich enthalten; alle Geheimniſſe des Bundes aber,
für Furcht und Hoffnung gleich unzugänglich, unter
Todesſtrafe bewahren, alſo daß den ſchuldigen Ver¬
räther keine menſchliche Macht gegen die Rache der
Geſellſchaft zu ſchützen im Stande ſey.

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[31/0039] die Wiedereingeſetzten es blos durch allzu ſchwache Nachgiebigkeit verſehen zu haben, und ſo wurde der abgeriſſene Faden wieder angeknüpft und nur gröber ausgeſponnen; bis endlich, wie jetzt bey uns, Wider¬ ſtand und Reibung ſo ſtark geworden, daß ſie alle Kraft aufgezehrt, und die Regierung mit ihren allzu wohlmeinenden Freunden ſich gänzlich feſtgerannt. Man durfte wünſchen, aber kaum hoffen, daß Preußen ſich den gleichen Verſuch erſparen würde. Man trug ſich dort ſeit längerer Zeit mit der Exiſtenz eines geheimen Bundes, der Tugendbund genannt, und angeblich geſchloſſen, um mit vereinten Kräften, jedoch ohne der den legitimen Fürſten ſchuldigen Treue Eintrag zu thun, die Freyheit zu erringen, und von ſich ſelbſt und vom Vaterland jede Art von Unterjo¬ chung, beſonders die durch fremde Macht, abzuhal¬ ten. Dieſer Bund ſollte aus verſchiednen durch Zei¬ chen, Attribute, Pflichten und Befugniſſe voreinander ausgezeichneten Graden beſtehen; Alle durch die hei¬ ligſten Eidſchwüre der Geſellſchaft und ihren Zwecken verbunden, ſollten ohne daß Einer um den Andern wiſſe, nur dem Obern, wie dieſer dem Großmeiſter untergeben ſeyn, von dieſem alle Befehle und Auf¬ träge empfangen, und ſodald ſie einmal nach freyem Entſchluß zu ihrer Ausführung ſich anheiſchig gemacht, in blindem Vertrauen alles Forſchens nach ihren Grün¬ den ſich enthalten; alle Geheimniſſe des Bundes aber, für Furcht und Hoffnung gleich unzugänglich, unter Todesſtrafe bewahren, alſo daß den ſchuldigen Ver¬ räther keine menſchliche Macht gegen die Rache der Geſellſchaft zu ſchützen im Stande ſey.

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Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/39>, abgerufen am 23.04.2024.