Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

hervorrufen muß. Nur Eines hat sie mitten im Lärm
erbrochener Kisten und Kasten, im Gehen und Kom¬
men der Gensdarmen und Polizeyhäscher, beym hasti¬
gen Ueberrennen aller rechtlichen Formen in der vor¬
sichtigsten Behutsamkeit, bey der Beunruhigung ruhi¬
ger Männer, die der gewöhnlichste Lebenstatt schon
zum voraus freysprechen mußte, beym Verhören und
Versiegeln, Verhaften und der Haft entlassen; nur
Eines hat sie in Mitte all dieser erschrecklichen Bewe¬
gungen verwundert, daß man über dem Aufspüren
geheimer im Finstern gehender Verschwörungen, die
eine Große nicht erkennt, die ihre weitläuftigen Ver¬
zweigungen über ganz Teutschland durch alle Stände,
Alter und Geschlechter hinverbreitet; die murrend an
jedem Heerde sitzt, auf Märkten und Straßen sich
laut ausspricht; die ohne Zeichen sich in allen ihren
Gliedern leicht erkennt, ohne geheime Obern und
ohne Antrieb aus einer Mitte heraus doch im beßten
Einverständniß stets zusammenwirkt; die mit viel tau¬
send offnen Augen in's Verborgenste hineinschaut, und
der viel tausend Arme stets zu Gebote stehen: jene
Verschwörung nämlich, in der das entrüstete Natio¬
nalgefühl, die betrogene Hoffnung, der mißhandelte
Stolz, das gedrückte Leben, sich gegen die starre
Willkühr, den Mechanism erstorbener Formen, das
fressende Gift bewußtlos gewordener despotischer Re¬
gierungsmaximen, die das Verderben der Zeiten aus¬
gebrütet, und die Verstocktheit der Vorurtheile ver¬
bunden haben, und die mächtig und furchtbar wie
nie eine Andere, wachsend mit jedem Tage in Mach
und Thätigkeit, ihr Ziel so sicher erlangen wird, daß

1*

hervorrufen muß. Nur Eines hat ſie mitten im Lärm
erbrochener Kiſten und Kaſten, im Gehen und Kom¬
men der Gensdarmen und Polizeyhäſcher, beym haſti¬
gen Ueberrennen aller rechtlichen Formen in der vor¬
ſichtigſten Behutſamkeit, bey der Beunruhigung ruhi¬
ger Männer, die der gewöhnlichſte Lebenstatt ſchon
zum voraus freyſprechen mußte, beym Verhören und
Verſiegeln, Verhaften und der Haft entlaſſen; nur
Eines hat ſie in Mitte all dieſer erſchrecklichen Bewe¬
gungen verwundert, daß man über dem Aufſpüren
geheimer im Finſtern gehender Verſchwörungen, die
eine Große nicht erkennt, die ihre weitläuftigen Ver¬
zweigungen über ganz Teutſchland durch alle Stände,
Alter und Geſchlechter hinverbreitet; die murrend an
jedem Heerde ſitzt, auf Märkten und Straßen ſich
laut ausſpricht; die ohne Zeichen ſich in allen ihren
Gliedern leicht erkennt, ohne geheime Obern und
ohne Antrieb aus einer Mitte heraus doch im beßten
Einverſtändniß ſtets zuſammenwirkt; die mit viel tau¬
ſend offnen Augen in's Verborgenſte hineinſchaut, und
der viel tauſend Arme ſtets zu Gebote ſtehen: jene
Verſchwörung nämlich, in der das entrüſtete Natio¬
nalgefühl, die betrogene Hoffnung, der mißhandelte
Stolz, das gedrückte Leben, ſich gegen die ſtarre
Willkühr, den Mechanism erſtorbener Formen, das
freſſende Gift bewußtlos gewordener despotiſcher Re¬
gierungsmaximen, die das Verderben der Zeiten aus¬
gebrütet, und die Verſtocktheit der Vorurtheile ver¬
bunden haben, und die mächtig und furchtbar wie
nie eine Andere, wachſend mit jedem Tage in Mach
und Thätigkeit, ihr Ziel ſo ſicher erlangen wird, daß

1*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0011" n="3"/>
hervorrufen muß. Nur Eines hat &#x017F;ie mitten im Lärm<lb/>
erbrochener Ki&#x017F;ten und Ka&#x017F;ten, im Gehen und Kom¬<lb/>
men der Gensdarmen und Polizeyhä&#x017F;cher, beym ha&#x017F;ti¬<lb/>
gen Ueberrennen aller rechtlichen Formen in der vor¬<lb/>
&#x017F;ichtig&#x017F;ten Behut&#x017F;amkeit, bey der Beunruhigung ruhi¬<lb/>
ger Männer, die der gewöhnlich&#x017F;te Lebenstatt &#x017F;chon<lb/>
zum voraus frey&#x017F;prechen mußte, beym Verhören und<lb/>
Ver&#x017F;iegeln, Verhaften und der Haft entla&#x017F;&#x017F;en; nur<lb/>
Eines hat &#x017F;ie in Mitte all die&#x017F;er er&#x017F;chrecklichen Bewe¬<lb/>
gungen verwundert, daß man über dem Auf&#x017F;püren<lb/>
geheimer im Fin&#x017F;tern gehender Ver&#x017F;chwörungen, die<lb/>
eine Große nicht erkennt, die ihre weitläuftigen Ver¬<lb/>
zweigungen über ganz Teut&#x017F;chland durch alle Stände,<lb/>
Alter und Ge&#x017F;chlechter hinverbreitet; die murrend an<lb/>
jedem Heerde &#x017F;itzt, auf Märkten und Straßen &#x017F;ich<lb/>
laut aus&#x017F;pricht; die ohne Zeichen &#x017F;ich in allen ihren<lb/>
Gliedern leicht erkennt, ohne geheime Obern und<lb/>
ohne Antrieb aus einer Mitte heraus doch im beßten<lb/>
Einver&#x017F;tändniß &#x017F;tets zu&#x017F;ammenwirkt; die mit viel tau¬<lb/>
&#x017F;end offnen Augen in's Verborgen&#x017F;te hinein&#x017F;chaut, und<lb/>
der viel tau&#x017F;end Arme &#x017F;tets zu Gebote &#x017F;tehen: jene<lb/>
Ver&#x017F;chwörung nämlich, in der das entrü&#x017F;tete Natio¬<lb/>
nalgefühl, die betrogene Hoffnung, der mißhandelte<lb/>
Stolz, das gedrückte Leben, &#x017F;ich gegen die &#x017F;tarre<lb/>
Willkühr, den Mechanism er&#x017F;torbener Formen, das<lb/>
fre&#x017F;&#x017F;ende Gift bewußtlos gewordener despoti&#x017F;cher Re¬<lb/>
gierungsmaximen, die das Verderben der Zeiten aus¬<lb/>
gebrütet, und die Ver&#x017F;tocktheit der Vorurtheile ver¬<lb/>
bunden haben, und die mächtig und furchtbar wie<lb/>
nie eine Andere, wach&#x017F;end mit jedem Tage in Mach<lb/>
und Thätigkeit, ihr Ziel &#x017F;o &#x017F;icher erlangen wird, daß<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">1*<lb/></fw>
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0011] hervorrufen muß. Nur Eines hat ſie mitten im Lärm erbrochener Kiſten und Kaſten, im Gehen und Kom¬ men der Gensdarmen und Polizeyhäſcher, beym haſti¬ gen Ueberrennen aller rechtlichen Formen in der vor¬ ſichtigſten Behutſamkeit, bey der Beunruhigung ruhi¬ ger Männer, die der gewöhnlichſte Lebenstatt ſchon zum voraus freyſprechen mußte, beym Verhören und Verſiegeln, Verhaften und der Haft entlaſſen; nur Eines hat ſie in Mitte all dieſer erſchrecklichen Bewe¬ gungen verwundert, daß man über dem Aufſpüren geheimer im Finſtern gehender Verſchwörungen, die eine Große nicht erkennt, die ihre weitläuftigen Ver¬ zweigungen über ganz Teutſchland durch alle Stände, Alter und Geſchlechter hinverbreitet; die murrend an jedem Heerde ſitzt, auf Märkten und Straßen ſich laut ausſpricht; die ohne Zeichen ſich in allen ihren Gliedern leicht erkennt, ohne geheime Obern und ohne Antrieb aus einer Mitte heraus doch im beßten Einverſtändniß ſtets zuſammenwirkt; die mit viel tau¬ ſend offnen Augen in's Verborgenſte hineinſchaut, und der viel tauſend Arme ſtets zu Gebote ſtehen: jene Verſchwörung nämlich, in der das entrüſtete Natio¬ nalgefühl, die betrogene Hoffnung, der mißhandelte Stolz, das gedrückte Leben, ſich gegen die ſtarre Willkühr, den Mechanism erſtorbener Formen, das freſſende Gift bewußtlos gewordener despotiſcher Re¬ gierungsmaximen, die das Verderben der Zeiten aus¬ gebrütet, und die Verſtocktheit der Vorurtheile ver¬ bunden haben, und die mächtig und furchtbar wie nie eine Andere, wachſend mit jedem Tage in Mach und Thätigkeit, ihr Ziel ſo ſicher erlangen wird, daß 1*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/11
Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/11>, abgerufen am 19.04.2024.