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Glück, Christian Friedrich von: Verbesserungen und Zusätze zum ersten Bande des Glückischen Kommentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1798.

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tersuchte. Daher waren die Handlungen des gerichtlichen Pro-
cesses von zweyerley Art, actus in iure und actus in iudicio, je
nachdem sie bey dem Prätor, oder bey dem iudex pedaneus ver-
richtet wurden 19). Auch in den teutschen Gesetzen findet man
zuweilen das Wort Recht für den Gerichtsort gebraucht 20).
Eine damit verwandte Bedeutung ist

11) die, da durch das Wort ius die Art des gerichtlichen
Verfahrens bey Untersuchung und Entscheidung streitiger Rechts-
sachen, oder die Proceßform und Gerichtsordnung bezeichnet wird.
In dieser Bedeutung machen die Gesetze bey der Verhandlung
streitiger Rechtssachen einen Unterschied zwischen solchen, welche
iuris ordinarii, und denen, welche cognitionis praetoriae waren.
Bey den erstern wurde nämlich ein iudex pedaneus bestellt, und
dieß war die gewöhnliche Proceßform. Cognoscirte hingegen der
Prätor selbst, und entschied den Rechtsstreit allein, ohne einen
iudex pedaneus zu bestellen, so geschah dieses extra iuris ordi-
nem
21). Eben so rescribiren die Kaiser Diocletian und Ma-
ximian
in der L. 13. C. de rei vindicat. es sey ordinarii iuris,
d. i. dem ordentlichen Rechtlaufe gemäß, daß erst über den Besitz
erkannt, und dann die causa proprietatis entschieden werde. Daß
auch das teutsche Wort Recht zuweilen für den Proceß genom-
men werde, beweißt nicht nur die in den Schuldverschreibungen
zuweilen vorkommende Clausel: mit oder ohne Recht, son-
dern auch der in der peinlichen Gerichtsordnung Carls V. öfters
gebrauchte Ausdruck peinliches Recht 22). Sodann wird


12) un-
19) L. 1. §. 2. D. de postul. L. 3. §. 1. D. ne quis eum, qui in
ius vocat
.
20) So kommt das Wort Recht in der peinlichen Gerichtsord-
nung Carls V. Art. 135. vor: Item, wenn jemand beklagt,
und im Recht erfordert oder bracht würde. S. walch in
Glossar. germ. interpretationi Const. crim. Carol. inservient. v.

Recht. S. 414.
21) L. 178. §. 2. D. de Verb. Signif.
22) Man vergleiche Art. 15. mit Art. 11. 14. u. 211. der P. G. O.
walch in Glossar. cit. voc. peinliches Recht. S. 410.

terſuchte. Daher waren die Handlungen des gerichtlichen Pro-
ceſſes von zweyerley Art, actus in iure und actus in iudicio, je
nachdem ſie bey dem Praͤtor, oder bey dem iudex pedaneus ver-
richtet wurden 19). Auch in den teutſchen Geſetzen findet man
zuweilen das Wort Recht fuͤr den Gerichtsort gebraucht 20).
Eine damit verwandte Bedeutung iſt

11) die, da durch das Wort ius die Art des gerichtlichen
Verfahrens bey Unterſuchung und Entſcheidung ſtreitiger Rechts-
ſachen, oder die Proceßform und Gerichtsordnung bezeichnet wird.
In dieſer Bedeutung machen die Geſetze bey der Verhandlung
ſtreitiger Rechtsſachen einen Unterſchied zwiſchen ſolchen, welche
iuris ordinarii, und denen, welche cognitionis praetoriae waren.
Bey den erſtern wurde naͤmlich ein iudex pedaneus beſtellt, und
dieß war die gewoͤhnliche Proceßform. Cognoſcirte hingegen der
Praͤtor ſelbſt, und entſchied den Rechtsſtreit allein, ohne einen
iudex pedaneus zu beſtellen, ſo geſchah dieſes extra iuris ordi-
nem
21). Eben ſo reſcribiren die Kaiſer Diocletian und Ma-
ximian
in der L. 13. C. de rei vindicat. es ſey ordinarii iuris,
d. i. dem ordentlichen Rechtlaufe gemaͤß, daß erſt uͤber den Beſitz
erkannt, und dann die cauſa proprietatis entſchieden werde. Daß
auch das teutſche Wort Recht zuweilen fuͤr den Proceß genom-
men werde, beweißt nicht nur die in den Schuldverſchreibungen
zuweilen vorkommende Clauſel: mit oder ohne Recht, ſon-
dern auch der in der peinlichen Gerichtsordnung Carls V. oͤfters
gebrauchte Ausdruck peinliches Recht 22). Sodann wird


12) un-
19) L. 1. §. 2. D. de poſtul. L. 3. §. 1. D. ne quis eum, qui in
ius vocat
.
20) So kommt das Wort Recht in der peinlichen Gerichtsord-
nung Carls V. Art. 135. vor: Item, wenn jemand beklagt,
und im Recht erfordert oder bracht wuͤrde. S. walch in
Gloſſar. germ. interpretationi Conſt. crim. Carol. inſervient. v.

Recht. S. 414.
21) L. 178. §. 2. D. de Verb. Signif.
22) Man vergleiche Art. 15. mit Art. 11. 14. u. 211. der P. G. O.
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[6/0014] terſuchte. Daher waren die Handlungen des gerichtlichen Pro- ceſſes von zweyerley Art, actus in iure und actus in iudicio, je nachdem ſie bey dem Praͤtor, oder bey dem iudex pedaneus ver- richtet wurden 19). Auch in den teutſchen Geſetzen findet man zuweilen das Wort Recht fuͤr den Gerichtsort gebraucht 20). Eine damit verwandte Bedeutung iſt 11) die, da durch das Wort ius die Art des gerichtlichen Verfahrens bey Unterſuchung und Entſcheidung ſtreitiger Rechts- ſachen, oder die Proceßform und Gerichtsordnung bezeichnet wird. In dieſer Bedeutung machen die Geſetze bey der Verhandlung ſtreitiger Rechtsſachen einen Unterſchied zwiſchen ſolchen, welche iuris ordinarii, und denen, welche cognitionis praetoriae waren. Bey den erſtern wurde naͤmlich ein iudex pedaneus beſtellt, und dieß war die gewoͤhnliche Proceßform. Cognoſcirte hingegen der Praͤtor ſelbſt, und entſchied den Rechtsſtreit allein, ohne einen iudex pedaneus zu beſtellen, ſo geſchah dieſes extra iuris ordi- nem 21). Eben ſo reſcribiren die Kaiſer Diocletian und Ma- ximian in der L. 13. C. de rei vindicat. es ſey ordinarii iuris, d. i. dem ordentlichen Rechtlaufe gemaͤß, daß erſt uͤber den Beſitz erkannt, und dann die cauſa proprietatis entſchieden werde. Daß auch das teutſche Wort Recht zuweilen fuͤr den Proceß genom- men werde, beweißt nicht nur die in den Schuldverſchreibungen zuweilen vorkommende Clauſel: mit oder ohne Recht, ſon- dern auch der in der peinlichen Gerichtsordnung Carls V. oͤfters gebrauchte Ausdruck peinliches Recht 22). Sodann wird 12) un- 19) L. 1. §. 2. D. de poſtul. L. 3. §. 1. D. ne quis eum, qui in ius vocat. 20) So kommt das Wort Recht in der peinlichen Gerichtsord- nung Carls V. Art. 135. vor: Item, wenn jemand beklagt, und im Recht erfordert oder bracht wuͤrde. S. walch in Gloſſar. germ. interpretationi Conſt. crim. Carol. inſervient. v. Recht. S. 414. 21) L. 178. §. 2. D. de Verb. Signif. 22) Man vergleiche Art. 15. mit Art. 11. 14. u. 211. der P. G. O. walch in Gloſſar. cit. voc. peinliches Recht. S. 410.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Verbesserungen und Zusätze zum ersten Bande des Glückischen Kommentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1798, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01verbesserungen_1798/14>, abgerufen am 25.04.2024.