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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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de Iustitia et Iure.
theyen wollen, (si hoc actum est) durch eine andere
aufgehoben wird; (welche nehmlich in der Absicht, eine
Novation vorzunehmen, geschlossen worden) warum?
quia in stipulationibus, sagt Paulus, ius contine-
tur, in pactis factum versatur:
der exceptioni pacti,
sezt daher der Jurist hinzu, müsse in dem angezeigten
Fall durch eine Replik begegnet werden (replicatione
exceptio elidetur)
. Wenn wir so diese Gesezstelle in
ihrem Zusammenhange betrachten, so ergiebt sich, wie auch
schon Hugo Donellus 21) richtig bemerkt hat, daß
hier von den gerichtlichen Wirtungen der Stipulationen
und Verträge die Rede ist, und besonders auf die Art
und Weise gezielet wird, wie sie bey den Römern vor
Gericht vorgeschüzt werden musten oder konnten, um da-
durch eine Befreyung oder Erneurung einer Verbindlich-
keit zu bewirken. Mich dünkt daher diejenige Erklärung
weit natürlicher zu seyn, wenn wir jene Worte, die den
Entscheidungsgrund enthalten, so auslegen; weil Stipu-
lationen ipso iure und vermöge Verordnung der Civil-
gesetze wirken, ohne daß hierzu ein neues factum per-
sonae
erfordert wird; pacta aber ehender nicht, als wenn
man die deshalb von Prätor ertheilte Exceprion oder
Replic in Gerichten vorschützt, also ein factum unter-
nimmt 22). Nach der Röm. Proceßordnung muste da-
her die exceptio pacti sogleich bey der Litis-Contesta-
tion der Klage entgegen gesetzet werden, damit sie der
Prätor der formulae iudicii, die er dem iudici peda-
neo
vorschrieb, einverleiben konnte. War ich hingegen

durch
21) in Commentar. de iure civ. Lib. XXIV. c. 2.
22) So erkläret diese Stelle auch Nic. Christoph. L. B. de
lynker in praescript. publicis ad textus quos-
dam iuris select.
(Viennae 1723. 8.) Praescript. XXI.
p.
166.
Glücks Erläut, d. Pand. 1. Th. B

de Iuſtitia et Iure.
theyen wollen, (ſi hoc actum eſt) durch eine andere
aufgehoben wird; (welche nehmlich in der Abſicht, eine
Novation vorzunehmen, geſchloſſen worden) warum?
quia in ſtipulationibus, ſagt Paulus, ius contine-
tur, in pactis factum verſatur:
der exceptioni pacti,
ſezt daher der Juriſt hinzu, muͤſſe in dem angezeigten
Fall durch eine Replik begegnet werden (replicatione
exceptio elidetur)
. Wenn wir ſo dieſe Geſezſtelle in
ihrem Zuſammenhange betrachten, ſo ergiebt ſich, wie auch
ſchon Hugo Donellus 21) richtig bemerkt hat, daß
hier von den gerichtlichen Wirtungen der Stipulationen
und Vertraͤge die Rede iſt, und beſonders auf die Art
und Weiſe gezielet wird, wie ſie bey den Roͤmern vor
Gericht vorgeſchuͤzt werden muſten oder konnten, um da-
durch eine Befreyung oder Erneurung einer Verbindlich-
keit zu bewirken. Mich duͤnkt daher diejenige Erklaͤrung
weit natuͤrlicher zu ſeyn, wenn wir jene Worte, die den
Entſcheidungsgrund enthalten, ſo auslegen; weil Stipu-
lationen ipſo iure und vermoͤge Verordnung der Civil-
geſetze wirken, ohne daß hierzu ein neues factum per-
ſonae
erfordert wird; pacta aber ehender nicht, als wenn
man die deshalb von Praͤtor ertheilte Exceprion oder
Replic in Gerichten vorſchuͤtzt, alſo ein factum unter-
nimmt 22). Nach der Roͤm. Proceßordnung muſte da-
her die exceptio pacti ſogleich bey der Litis-Conteſta-
tion der Klage entgegen geſetzet werden, damit ſie der
Praͤtor der formulae iudicii, die er dem iudici peda-
neo
vorſchrieb, einverleiben konnte. War ich hingegen

durch
21) in Commentar. de iure civ. Lib. XXIV. c. 2.
22) So erklaͤret dieſe Stelle auch Nic. Chriſtoph. L. B. de
lynker in praeſcript. publicis ad textus quos-
dam iuris ſelect.
(Viennae 1723. 8.) Praeſcript. XXI.
p.
166.
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[17/0037] de Iuſtitia et Iure. theyen wollen, (ſi hoc actum eſt) durch eine andere aufgehoben wird; (welche nehmlich in der Abſicht, eine Novation vorzunehmen, geſchloſſen worden) warum? quia in ſtipulationibus, ſagt Paulus, ius contine- tur, in pactis factum verſatur: der exceptioni pacti, ſezt daher der Juriſt hinzu, muͤſſe in dem angezeigten Fall durch eine Replik begegnet werden (replicatione exceptio elidetur). Wenn wir ſo dieſe Geſezſtelle in ihrem Zuſammenhange betrachten, ſo ergiebt ſich, wie auch ſchon Hugo Donellus 21) richtig bemerkt hat, daß hier von den gerichtlichen Wirtungen der Stipulationen und Vertraͤge die Rede iſt, und beſonders auf die Art und Weiſe gezielet wird, wie ſie bey den Roͤmern vor Gericht vorgeſchuͤzt werden muſten oder konnten, um da- durch eine Befreyung oder Erneurung einer Verbindlich- keit zu bewirken. Mich duͤnkt daher diejenige Erklaͤrung weit natuͤrlicher zu ſeyn, wenn wir jene Worte, die den Entſcheidungsgrund enthalten, ſo auslegen; weil Stipu- lationen ipſo iure und vermoͤge Verordnung der Civil- geſetze wirken, ohne daß hierzu ein neues factum per- ſonae erfordert wird; pacta aber ehender nicht, als wenn man die deshalb von Praͤtor ertheilte Exceprion oder Replic in Gerichten vorſchuͤtzt, alſo ein factum unter- nimmt 22). Nach der Roͤm. Proceßordnung muſte da- her die exceptio pacti ſogleich bey der Litis-Conteſta- tion der Klage entgegen geſetzet werden, damit ſie der Praͤtor der formulae iudicii, die er dem iudici peda- neo vorſchrieb, einverleiben konnte. War ich hingegen durch 21) in Commentar. de iure civ. Lib. XXIV. c. 2. 22) So erklaͤret dieſe Stelle auch Nic. Chriſtoph. L. B. de lynker in praeſcript. publicis ad textus quos- dam iuris ſelect. (Viennae 1723. 8.) Praeſcript. XXI. p. 166. Gluͤcks Erlaͤut, d. Pand. 1. Th. B

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/37>, abgerufen am 19.04.2024.