Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Berlin, [1744].

Bild:
<< vorherige Seite
Lieber nach Citheren wenden.
Aber Amor flog ihr näher,
Und befahl mir, daß sies hörte:
Liebling, pflükke Rosenknospen,
Ich will sehn, ob deine Knospen
So, wie meine Pfeile, treffen.
Ich gehorchte dem Befehle;
Als ich aber unterwegens
Die gepflükten Rosenknospen
In die Tasche stekken wollte:
Fand ich, Freunde glaubt dem Finder!
Beßre Knospen in der Tasche.
Diese nahm ich, statt der andern,
Und indem mich Amor winkte,
Und indem sie Amor küßte,
Ließ ich schnell die Knospe fliegen.
Kaum war sie der Hand entflogen,
Als mich schon der Wurf gereute;
Denn sie sank in Amors Arme,
Und ich dachte, meine Knospe
Hätte
A 5
Lieber nach Citheren wenden.
Aber Amor flog ihr naͤher,
Und befahl mir, daß ſies hoͤrte:
Liebling, pfluͤkke Roſenknoſpen,
Ich will ſehn, ob deine Knoſpen
So, wie meine Pfeile, treffen.
Ich gehorchte dem Befehle;
Als ich aber unterwegens
Die gepfluͤkten Roſenknoſpen
In die Taſche ſtekken wollte:
Fand ich, Freunde glaubt dem Finder!
Beßre Knoſpen in der Taſche.
Dieſe nahm ich, ſtatt der andern,
Und indem mich Amor winkte,
Und indem ſie Amor kuͤßte,
Ließ ich ſchnell die Knoſpe fliegen.
Kaum war ſie der Hand entflogen,
Als mich ſchon der Wurf gereute;
Denn ſie ſank in Amors Arme,
Und ich dachte, meine Knoſpe
Haͤtte
A 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0021" n="9"/>
          <l>Lieber nach Citheren wenden.</l><lb/>
          <l>Aber Amor flog ihr na&#x0364;her,</l><lb/>
          <l>Und befahl mir, daß &#x017F;ies ho&#x0364;rte:</l><lb/>
          <l>Liebling, pflu&#x0364;kke Ro&#x017F;enkno&#x017F;pen,</l><lb/>
          <l>Ich will &#x017F;ehn, ob deine Kno&#x017F;pen</l><lb/>
          <l>So, wie meine Pfeile, treffen.</l><lb/>
          <l>Ich gehorchte dem Befehle;</l><lb/>
          <l>Als ich aber unterwegens</l><lb/>
          <l>Die gepflu&#x0364;kten Ro&#x017F;enkno&#x017F;pen</l><lb/>
          <l>In die Ta&#x017F;che &#x017F;tekken wollte:</l><lb/>
          <l>Fand ich, Freunde glaubt dem Finder!</l><lb/>
          <l>Beßre Kno&#x017F;pen in der Ta&#x017F;che.</l><lb/>
          <l>Die&#x017F;e nahm ich, &#x017F;tatt der andern,</l><lb/>
          <l>Und indem mich Amor winkte,</l><lb/>
          <l>Und indem &#x017F;ie Amor ku&#x0364;ßte,</l><lb/>
          <l>Ließ ich &#x017F;chnell die Kno&#x017F;pe fliegen.</l><lb/>
          <l>Kaum war &#x017F;ie der Hand entflogen,</l><lb/>
          <l>Als mich &#x017F;chon der Wurf gereute;</l><lb/>
          <l>Denn &#x017F;ie &#x017F;ank in Amors Arme,</l><lb/>
          <l>Und ich dachte, meine Kno&#x017F;pe</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">A 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Ha&#x0364;tte</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0021] Lieber nach Citheren wenden. Aber Amor flog ihr naͤher, Und befahl mir, daß ſies hoͤrte: Liebling, pfluͤkke Roſenknoſpen, Ich will ſehn, ob deine Knoſpen So, wie meine Pfeile, treffen. Ich gehorchte dem Befehle; Als ich aber unterwegens Die gepfluͤkten Roſenknoſpen In die Taſche ſtekken wollte: Fand ich, Freunde glaubt dem Finder! Beßre Knoſpen in der Taſche. Dieſe nahm ich, ſtatt der andern, Und indem mich Amor winkte, Und indem ſie Amor kuͤßte, Ließ ich ſchnell die Knoſpe fliegen. Kaum war ſie der Hand entflogen, Als mich ſchon der Wurf gereute; Denn ſie ſank in Amors Arme, Und ich dachte, meine Knoſpe Haͤtte A 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gleim_versuch01_1744
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gleim_versuch01_1744/21
Zitationshilfe: Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Berlin, [1744], S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleim_versuch01_1744/21>, abgerufen am 29.03.2024.