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Gessert, Ferdinand: Ueber den Begriff und die Wichtigkeit der Schulzucht besonders für die Volksschulen. Münster, 1826.

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aber darin, daß wir es hingeführt haben auf diese
Begriffe, die so bindende Kraft der Wahrheit haben
wie die angebornen Begriffe von Punkt, Linie u. s. w.
Was wir geben können und zu geben bereit sind, ist die
Beantwortung eines Einwurfs, den man mit schein-
barem Rechte machen wird. Man kann nämlich sagen,
daß wir in der aufgestellten Theilung ein wichtiges
Stück ausgelassen hätten, den Fleiß. Es ist wahr,
dieses Wort ist als eines ergänzenden Theils in dem
Begriffe der Schulzucht nicht erwähnt worden. Den-
noch gehört es gewiß hinein, auch zu diesem Kapitel von
der Selbstthätigkeit; können wir also nicht nachweisen,
daß in den genannten Stücken desselben die Foderung
des Fleißes, so viel nöthig, mitenthalten ist, so müssen
wir sie noch hinzufügen, und unsere Anordnung
ergibt sich als unzuverlässig.

Ohne Zweifel werden einige von dem Fleiß eine
so hohe Ansicht haben, daß sie damit die ganze
Aufgabe der Selbstthätigkeit beginnen und beenden
möchten. Wir können also nicht anders uns verthei-
digen, als daß wir, was sie verlangen, mit dem
vergleichen, was wir als Anfang, Mittel und Ende
dieses Theils der Disciplin gesetzt haben. Vor allem
zeigt sich eine Aehnlichkeit des Fleißes mit der Treue.
Er hat mit ihr die Beharrlichkeit des Willens ge-
mein; und nach dieser Eigenschaft wollen wir auch
Fleiß, wenn wir Treue fodern. Es fragt sich nur,
ob in den Stücken, wo er verschieden ist von der
Treue, wir ihn neben dieser müssen gelten lassen
für den Zweck der Bildung? Gewiß nicht. Denn
einmal geht der Fleiß in seiner Beharrlichkeit bloß

aber darin, daß wir es hingefuͤhrt haben auf dieſe
Begriffe, die ſo bindende Kraft der Wahrheit haben
wie die angebornen Begriffe von Punkt, Linie u. ſ. w.
Was wir geben koͤnnen und zu geben bereit ſind, iſt die
Beantwortung eines Einwurfs, den man mit ſchein-
barem Rechte machen wird. Man kann naͤmlich ſagen,
daß wir in der aufgeſtellten Theilung ein wichtiges
Stuͤck ausgelaſſen haͤtten, den Fleiß. Es iſt wahr,
dieſes Wort iſt als eines ergaͤnzenden Theils in dem
Begriffe der Schulzucht nicht erwaͤhnt worden. Den-
noch gehoͤrt es gewiß hinein, auch zu dieſem Kapitel von
der Selbſtthaͤtigkeit; koͤnnen wir alſo nicht nachweiſen,
daß in den genannten Stuͤcken deſſelben die Foderung
des Fleißes, ſo viel noͤthig, mitenthalten iſt, ſo muͤſſen
wir ſie noch hinzufuͤgen, und unſere Anordnung
ergibt ſich als unzuverlaͤſſig.

Ohne Zweifel werden einige von dem Fleiß eine
ſo hohe Anſicht haben, daß ſie damit die ganze
Aufgabe der Selbſtthaͤtigkeit beginnen und beenden
moͤchten. Wir koͤnnen alſo nicht anders uns verthei-
digen, als daß wir, was ſie verlangen, mit dem
vergleichen, was wir als Anfang, Mittel und Ende
dieſes Theils der Diſciplin geſetzt haben. Vor allem
zeigt ſich eine Aehnlichkeit des Fleißes mit der Treue.
Er hat mit ihr die Beharrlichkeit des Willens ge-
mein; und nach dieſer Eigenſchaft wollen wir auch
Fleiß, wenn wir Treue fodern. Es fragt ſich nur,
ob in den Stuͤcken, wo er verſchieden iſt von der
Treue, wir ihn neben dieſer muͤſſen gelten laſſen
fuͤr den Zweck der Bildung? Gewiß nicht. Denn
einmal geht der Fleiß in ſeiner Beharrlichkeit bloß

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[43/0051] aber darin, daß wir es hingefuͤhrt haben auf dieſe Begriffe, die ſo bindende Kraft der Wahrheit haben wie die angebornen Begriffe von Punkt, Linie u. ſ. w. Was wir geben koͤnnen und zu geben bereit ſind, iſt die Beantwortung eines Einwurfs, den man mit ſchein- barem Rechte machen wird. Man kann naͤmlich ſagen, daß wir in der aufgeſtellten Theilung ein wichtiges Stuͤck ausgelaſſen haͤtten, den Fleiß. Es iſt wahr, dieſes Wort iſt als eines ergaͤnzenden Theils in dem Begriffe der Schulzucht nicht erwaͤhnt worden. Den- noch gehoͤrt es gewiß hinein, auch zu dieſem Kapitel von der Selbſtthaͤtigkeit; koͤnnen wir alſo nicht nachweiſen, daß in den genannten Stuͤcken deſſelben die Foderung des Fleißes, ſo viel noͤthig, mitenthalten iſt, ſo muͤſſen wir ſie noch hinzufuͤgen, und unſere Anordnung ergibt ſich als unzuverlaͤſſig. Ohne Zweifel werden einige von dem Fleiß eine ſo hohe Anſicht haben, daß ſie damit die ganze Aufgabe der Selbſtthaͤtigkeit beginnen und beenden moͤchten. Wir koͤnnen alſo nicht anders uns verthei- digen, als daß wir, was ſie verlangen, mit dem vergleichen, was wir als Anfang, Mittel und Ende dieſes Theils der Diſciplin geſetzt haben. Vor allem zeigt ſich eine Aehnlichkeit des Fleißes mit der Treue. Er hat mit ihr die Beharrlichkeit des Willens ge- mein; und nach dieſer Eigenſchaft wollen wir auch Fleiß, wenn wir Treue fodern. Es fragt ſich nur, ob in den Stuͤcken, wo er verſchieden iſt von der Treue, wir ihn neben dieſer muͤſſen gelten laſſen fuͤr den Zweck der Bildung? Gewiß nicht. Denn einmal geht der Fleiß in ſeiner Beharrlichkeit bloß

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Zitationshilfe: Gessert, Ferdinand: Ueber den Begriff und die Wichtigkeit der Schulzucht besonders für die Volksschulen. Münster, 1826, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessert_schulzucht_1826/51>, abgerufen am 29.03.2024.