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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Relative Festigkeit der Körper.
[Formel 1] = 13,5 Lb und wenn 8 solche Balken
vorhanden sind, so bricht das ganze Modell von 8 q = 108 Lb. Es wird daher
eine geringere Last z. B. die Hälfte oder 54 Lb tragen.

Berechnet man nun für die angenommenen Dimensionen aus der obigen Gleichung
für n die Vergrösserung, so findet man [Formel 2] = 35,56. Da also die
Brücke bei der 35,56fachen Vergrösserung durch ihr eigenes Gewicht bricht, so wollen
wir n = 36 setzen, d. h die Balken (Endsbäume) der Brücke zu 36. 0,5 = 18 Zoll
Höhe und Breite, dann mit 36. 36 Zoll = 108 Fuss Länge annehmen, und diess in den
Ausdruck II substituiren. Nehmen wir bei der Brücke abermals 8 Balken, wie bei dem
Modelle an, so ist das Tragungsvermögen der nach dem Modelle im 36fachen Maasse
hergestellten Brücke
[Formel 3] Pfund; d. h. die Brücke bricht schon durch ihr eigenes Gewicht, und darf gar nicht
mehr belastet werden. Wir sehen also, wie unrichtig es wäre, wenn man von dem Um-
stande, dass 8 Balken des Modelles beiläufig 54 Lb tragen, darauf schliessen wollte,
dass 8 Balken der Brücke 36mal 54 Lb = 1944 Lb tragen werden. Noch unrichtiger wäre
es jedoch, wenn man die Vermehrung des Tragungsvermögens mit dem Quadrate der
Vergrösserung (mit n2) annehmen wollte, und daher dieser Brücke ein Vermögen von
54. 362 = 69984 Lb zuschreiben wollte.

Diese Bemerkung verdient hauptsächlich eine Berücksichtigung bei Modellen für
hölzerne Brückenkonstructionen von grossen Spannweiten.

§. 304.

Eine wichtige Anwendung der Lehre über die Festigkeit der Körper biethet sich bei
der Berechnung der Dimensionen von Brücken dar.

Die einfachsten Holzbrücken, wie man sie über kleine Bäche und Schluchten zu er-
bauen pflegt, bestehen aus zwei an beiden Ufern aufgerichteten hölzernen oder gemauer-
ten Widerlagen, welche den beiden Enden der Brückenbahn zu Auflagen dienen. Die
Brückenbahn bilden mehrere nach der Breite des Baches, gewöhnlich 3 bis 4 FussFig.
7
und
8.
Tab.
15.

von einander entfernte, parallel aufgelegte starke Bäume (Endsbäume a), welche mit
schwächern Pfosten oder Hölzern (Streu- oder Brückenhölzern b) senkrecht auf die Rich-
tung der Endsbäume dicht überlegt werden. Der Sicherheit wegen bekommt eine solche
Brücke an beiden Seiten Geländer, und an diesen der Länge nach oft noch zwei Längen-
Balken (Anzüge c) über die Streuhölzer, um diese hiedurch festzuhalten.

Wir wollen daher in dem folgenden Beispiele jene Grundsätze deutlich zu machen
suchen, welche bei dem Entwurfe einer Holzbrücke in Bezug auf Festigkeit zu beobach-
ten sind.

Beispiel. Es ist für eine Holzbrücke von 6 Klafter Länge und 4
Klafter Breite die Anzahl und Stärke der erforderlichen Ends-

Relative Festigkeit der Körper.
[Formel 1] = 13,5 ℔ und wenn 8 solche Balken
vorhanden sind, so bricht das ganze Modell von 8 q = 108 ℔. Es wird daher
eine geringere Last z. B. die Hälfte oder 54 ℔ tragen.

Berechnet man nun für die angenommenen Dimensionen aus der obigen Gleichung
für n die Vergrösserung, so findet man [Formel 2] = 35,56. Da also die
Brücke bei der 35,56fachen Vergrösserung durch ihr eigenes Gewicht bricht, so wollen
wir n = 36 setzen, d. h die Balken (Endsbäume) der Brücke zu 36. 0,5 = 18 Zoll
Höhe und Breite, dann mit 36. 36 Zoll = 108 Fuss Länge annehmen, und diess in den
Ausdruck II substituiren. Nehmen wir bei der Brücke abermals 8 Balken, wie bei dem
Modelle an, so ist das Tragungsvermögen der nach dem Modelle im 36fachen Maasse
hergestellten Brücke
[Formel 3] Pfund; d. h. die Brücke bricht schon durch ihr eigenes Gewicht, und darf gar nicht
mehr belastet werden. Wir sehen also, wie unrichtig es wäre, wenn man von dem Um-
stande, dass 8 Balken des Modelles beiläufig 54 ℔ tragen, darauf schliessen wollte,
dass 8 Balken der Brücke 36mal 54 ℔ = 1944 ℔ tragen werden. Noch unrichtiger wäre
es jedoch, wenn man die Vermehrung des Tragungsvermögens mit dem Quadrate der
Vergrösserung (mit n2) annehmen wollte, und daher dieser Brücke ein Vermögen von
54. 362 = 69984 ℔ zuschreiben wollte.

Diese Bemerkung verdient hauptsächlich eine Berücksichtigung bei Modellen für
hölzerne Brückenkonstructionen von grossen Spannweiten.

§. 304.

Eine wichtige Anwendung der Lehre über die Festigkeit der Körper biethet sich bei
der Berechnung der Dimensionen von Brücken dar.

Die einfachsten Holzbrücken, wie man sie über kleine Bäche und Schluchten zu er-
bauen pflegt, bestehen aus zwei an beiden Ufern aufgerichteten hölzernen oder gemauer-
ten Widerlagen, welche den beiden Enden der Brückenbahn zu Auflagen dienen. Die
Brückenbahn bilden mehrere nach der Breite des Baches, gewöhnlich 3 bis 4 FussFig.
7
und
8.
Tab.
15.

von einander entfernte, parallel aufgelegte starke Bäume (Endsbäume a), welche mit
schwächern Pfosten oder Hölzern (Streu- oder Brückenhölzern b) senkrecht auf die Rich-
tung der Endsbäume dicht überlegt werden. Der Sicherheit wegen bekommt eine solche
Brücke an beiden Seiten Geländer, und an diesen der Länge nach oft noch zwei Längen-
Balken (Anzüge c) über die Streuhölzer, um diese hiedurch festzuhalten.

Wir wollen daher in dem folgenden Beispiele jene Grundsätze deutlich zu machen
suchen, welche bei dem Entwurfe einer Holzbrücke in Bezug auf Festigkeit zu beobach-
ten sind.

Beispiel. Es ist für eine Holzbrücke von 6 Klafter Länge und 4
Klafter Breite die Anzahl und Stärke der erforderlichen Ends-

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[311/0341] Relative Festigkeit der Körper. [FORMEL] = 13,5 ℔ und wenn 8 solche Balken vorhanden sind, so bricht das ganze Modell von 8 q = 108 ℔. Es wird daher eine geringere Last z. B. die Hälfte oder 54 ℔ tragen. Berechnet man nun für die angenommenen Dimensionen aus der obigen Gleichung für n die Vergrösserung, so findet man [FORMEL] = 35,56. Da also die Brücke bei der 35,56fachen Vergrösserung durch ihr eigenes Gewicht bricht, so wollen wir n = 36 setzen, d. h die Balken (Endsbäume) der Brücke zu 36. 0,5 = 18 Zoll Höhe und Breite, dann mit 36. 36 Zoll = 108 Fuss Länge annehmen, und diess in den Ausdruck II substituiren. Nehmen wir bei der Brücke abermals 8 Balken, wie bei dem Modelle an, so ist das Tragungsvermögen der nach dem Modelle im 36fachen Maasse hergestellten Brücke [FORMEL] Pfund; d. h. die Brücke bricht schon durch ihr eigenes Gewicht, und darf gar nicht mehr belastet werden. Wir sehen also, wie unrichtig es wäre, wenn man von dem Um- stande, dass 8 Balken des Modelles beiläufig 54 ℔ tragen, darauf schliessen wollte, dass 8 Balken der Brücke 36mal 54 ℔ = 1944 ℔ tragen werden. Noch unrichtiger wäre es jedoch, wenn man die Vermehrung des Tragungsvermögens mit dem Quadrate der Vergrösserung (mit n2) annehmen wollte, und daher dieser Brücke ein Vermögen von 54. 362 = 69984 ℔ zuschreiben wollte. Diese Bemerkung verdient hauptsächlich eine Berücksichtigung bei Modellen für hölzerne Brückenkonstructionen von grossen Spannweiten. §. 304. Eine wichtige Anwendung der Lehre über die Festigkeit der Körper biethet sich bei der Berechnung der Dimensionen von Brücken dar. Die einfachsten Holzbrücken, wie man sie über kleine Bäche und Schluchten zu er- bauen pflegt, bestehen aus zwei an beiden Ufern aufgerichteten hölzernen oder gemauer- ten Widerlagen, welche den beiden Enden der Brückenbahn zu Auflagen dienen. Die Brückenbahn bilden mehrere nach der Breite des Baches, gewöhnlich 3 bis 4 Fuss von einander entfernte, parallel aufgelegte starke Bäume (Endsbäume a), welche mit schwächern Pfosten oder Hölzern (Streu- oder Brückenhölzern b) senkrecht auf die Rich- tung der Endsbäume dicht überlegt werden. Der Sicherheit wegen bekommt eine solche Brücke an beiden Seiten Geländer, und an diesen der Länge nach oft noch zwei Längen- Balken (Anzüge c) über die Streuhölzer, um diese hiedurch festzuhalten. Fig. 7 und 8. Tab. 15. Wir wollen daher in dem folgenden Beispiele jene Grundsätze deutlich zu machen suchen, welche bei dem Entwurfe einer Holzbrücke in Bezug auf Festigkeit zu beobach- ten sind. Beispiel. Es ist für eine Holzbrücke von 6 Klafter Länge und 4 Klafter Breite die Anzahl und Stärke der erforderlichen Ends-

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/341>, abgerufen am 16.04.2024.