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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Garnwage.
Fig.
19.
Tab.
9.

Wollte man auf die noch höhern Nummern übergehen, und z. B. das Gewicht und
die Garnnummer für den Winkel von 9 Grad oder den Punkt h suchen, so würde nach
dem Grundsatze, dass die Bögen den Gewichten proportional sind, folgen, dass das
Gewicht bei 9 Grad die Hälfte von jenem bei 18 Grad, oder = [Formel 1] = [Formel 2] , folglich
die Nummer = 120 seyn müsste.

Weil aber der Punkt h von d um 36 + 9 = 45 Grad absteht, so erhalten wir das
Gewicht, welches den Zeiger nach h stellt, aus der Proportion
tang. 36° : [Formel 3] = tang. 45° : [Formel 4] , demnach ist, wie in den vorigen Fällen die
hiezu gehörige richtige Nummer [Formel 5] ; die
Nummer ist daher mehr als doppelt so hoch, als sie aus dem Verhältnisse der blossen
Winkel folgt.

Hieraus ist nunmehr zu ersehen, dass sich die im Eingange des §. erwähnte Theilungs-
art einer Garnwage um so fehlerhafter zeigen werde, je höher die Nummern sind.

§. 196.

Bei einigen Garnwagen ist statt des Gewichtes P eine Feder A angebracht, wel-
Fig.
20.
che sich, wenn die Garne an den Arm angehängt werden, desto mehr spannt, je
grösser W ist; es kann demnach auch bei der Anwendung einer solchen Feder der
Ausschlag bestimmt und hiernach die Skale getheilt werden.

Die Erfahrung lehrt jedoch, dass der Widerstand der Feder bei grössern Span-
nungen nicht mehr der Spannkraft genau proportional sey, und dass auch die Feder-
kraft durch die Kälte vermehrt und durch die Wärme vermindert werde; es kann daher
die Skale bloss durch Versuche verfertigt werden, indem man Strähne von bekanntem Nro.
anhängt, und die Punkte, bei denen der Arm stehen bleibt, an der Skale bemerkt. Da
sich aber die Federkraft mit der Temperatur ändert, und auch mit der Länge der
Zeit abnimmt, so müssen solche Wagen bei ihrem Gebrauche beständig in gleicher
Temperatur gehalten, von Zeit zu Zeit geprüft und wieder adjustirt werden. Hieraus
ersieht man, dass es vortheilhafter sey, sich einer Wage mit einem angebrachten Ge-
wichte, statt einer Feder zu bedienen.

§. 197.

Die Beweglichkeit einer jeden Garnwage erfordert übrigens, dass dieselbe von der
Reibung möglichst befreit werde; demnach macht man die Achse des Wagebalkens
von Stahl, und lässt sie in zwei feine Spitzen auslaufen. Die Zapfenlager bestehen
aus geschlagenen Messingplatten, welche an diese Achse bloss andrücken, und die
Achse durch ihre Elastizität immer in demselben Punkte erhalten.

§. 198.

Verjüngte Wagen überhaupt sind Wagen, wobei man mittelst kleiner Ge-
wichte grössere Lasten abwägen kann.

Garnwage.
Fig.
19.
Tab.
9.

Wollte man auf die noch höhern Nummern übergehen, und z. B. das Gewicht und
die Garnnummer für den Winkel von 9 Grad oder den Punkt h suchen, so würde nach
dem Grundsatze, dass die Bögen den Gewichten proportional sind, folgen, dass das
Gewicht bei 9 Grad die Hälfte von jenem bei 18 Grad, oder = [Formel 1] = [Formel 2] , folglich
die Nummer = 120 seyn müsste.

Weil aber der Punkt h von d um 36 + 9 = 45 Grad absteht, so erhalten wir das
Gewicht, welches den Zeiger nach h stellt, aus der Proportion
tang. 36° : [Formel 3] = tang. 45° : [Formel 4] , demnach ist, wie in den vorigen Fällen die
hiezu gehörige richtige Nummer [Formel 5] ; die
Nummer ist daher mehr als doppelt so hoch, als sie aus dem Verhältnisse der blossen
Winkel folgt.

Hieraus ist nunmehr zu ersehen, dass sich die im Eingange des §. erwähnte Theilungs-
art einer Garnwage um so fehlerhafter zeigen werde, je höher die Nummern sind.

§. 196.

Bei einigen Garnwagen ist statt des Gewichtes P eine Feder A angebracht, wel-
Fig.
20.
che sich, wenn die Garne an den Arm angehängt werden, desto mehr spannt, je
grösser W ist; es kann demnach auch bei der Anwendung einer solchen Feder der
Ausschlag bestimmt und hiernach die Skale getheilt werden.

Die Erfahrung lehrt jedoch, dass der Widerstand der Feder bei grössern Span-
nungen nicht mehr der Spannkraft genau proportional sey, und dass auch die Feder-
kraft durch die Kälte vermehrt und durch die Wärme vermindert werde; es kann daher
die Skale bloss durch Versuche verfertigt werden, indem man Strähne von bekanntem Nro.
anhängt, und die Punkte, bei denen der Arm stehen bleibt, an der Skale bemerkt. Da
sich aber die Federkraft mit der Temperatur ändert, und auch mit der Länge der
Zeit abnimmt, so müssen solche Wagen bei ihrem Gebrauche beständig in gleicher
Temperatur gehalten, von Zeit zu Zeit geprüft und wieder adjustirt werden. Hieraus
ersieht man, dass es vortheilhafter sey, sich einer Wage mit einem angebrachten Ge-
wichte, statt einer Feder zu bedienen.

§. 197.

Die Beweglichkeit einer jeden Garnwage erfordert übrigens, dass dieselbe von der
Reibung möglichst befreit werde; demnach macht man die Achse des Wagebalkens
von Stahl, und lässt sie in zwei feine Spitzen auslaufen. Die Zapfenlager bestehen
aus geschlagenen Messingplatten, welche an diese Achse bloss andrücken, und die
Achse durch ihre Elastizität immer in demselben Punkte erhalten.

§. 198.

Verjüngte Wagen überhaupt sind Wagen, wobei man mittelst kleiner Ge-
wichte grössere Lasten abwägen kann.

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[202/0232] Garnwage. Wollte man auf die noch höhern Nummern übergehen, und z. B. das Gewicht und die Garnnummer für den Winkel von 9 Grad oder den Punkt h suchen, so würde nach dem Grundsatze, dass die Bögen den Gewichten proportional sind, folgen, dass das Gewicht bei 9 Grad die Hälfte von jenem bei 18 Grad, oder = [FORMEL] = [FORMEL], folglich die Nummer = 120 seyn müsste. Weil aber der Punkt h von d um 36 + 9 = 45 Grad absteht, so erhalten wir das Gewicht, welches den Zeiger nach h stellt, aus der Proportion tang. 36° : [FORMEL] = tang. 45° : [FORMEL], demnach ist, wie in den vorigen Fällen die hiezu gehörige richtige Nummer [FORMEL]; die Nummer ist daher mehr als doppelt so hoch, als sie aus dem Verhältnisse der blossen Winkel folgt. Hieraus ist nunmehr zu ersehen, dass sich die im Eingange des §. erwähnte Theilungs- art einer Garnwage um so fehlerhafter zeigen werde, je höher die Nummern sind. §. 196. Bei einigen Garnwagen ist statt des Gewichtes P eine Feder A angebracht, wel- che sich, wenn die Garne an den Arm angehängt werden, desto mehr spannt, je grösser W ist; es kann demnach auch bei der Anwendung einer solchen Feder der Ausschlag bestimmt und hiernach die Skale getheilt werden. Fig. 20. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass der Widerstand der Feder bei grössern Span- nungen nicht mehr der Spannkraft genau proportional sey, und dass auch die Feder- kraft durch die Kälte vermehrt und durch die Wärme vermindert werde; es kann daher die Skale bloss durch Versuche verfertigt werden, indem man Strähne von bekanntem Nro. anhängt, und die Punkte, bei denen der Arm stehen bleibt, an der Skale bemerkt. Da sich aber die Federkraft mit der Temperatur ändert, und auch mit der Länge der Zeit abnimmt, so müssen solche Wagen bei ihrem Gebrauche beständig in gleicher Temperatur gehalten, von Zeit zu Zeit geprüft und wieder adjustirt werden. Hieraus ersieht man, dass es vortheilhafter sey, sich einer Wage mit einem angebrachten Ge- wichte, statt einer Feder zu bedienen. §. 197. Die Beweglichkeit einer jeden Garnwage erfordert übrigens, dass dieselbe von der Reibung möglichst befreit werde; demnach macht man die Achse des Wagebalkens von Stahl, und lässt sie in zwei feine Spitzen auslaufen. Die Zapfenlager bestehen aus geschlagenen Messingplatten, welche an diese Achse bloss andrücken, und die Achse durch ihre Elastizität immer in demselben Punkte erhalten. §. 198. Verjüngte Wagen überhaupt sind Wagen, wobei man mittelst kleiner Ge- wichte grössere Lasten abwägen kann.

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/232>, abgerufen am 28.03.2024.