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Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898.

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2. Kapitel. Die Minen und Torpedos im nordamerikanischen Bürgerkriege.
wie später,*) wenn auch nicht als Kriegsmittel, gebraucht worden ist,
eine Mine oder gar einen Torpedo nennen wollte.

Der zweite Fall, d. i. der Untergang des Nordstaaten-Kanonen-
bootes "Greyhound", betrifft die Anwendung des sogenannten Coal-
torpedo
. Die Kohlentorpedos waren nichts Anderes als Papp-
gefäße, welche mit 5 kg sehr brisanten Pulvers gefüllt waren, und
denen man künstlich das äußere Ansehen eines Kohlenstückes, wie es
aus dem Schachte gefördert und an Bord verheizt wird, ge-
geben hatte.

Die Südstaaten hatten eine Zahl von Strolchen und verkommenen
Subjekten zu einem förmlichen Korps organisirt, welches diese Unheil
bergenden, nichtswürdigen Minen unter die Kohlen zu mischen hatte,
die für die Nordstaatenschiffe bestimmt waren. Gelangte solche
Mine in die Feuer eines Kessels, so explodirte sie, und thatsächlich
fand das oben genannte Kanonenboot am 27. November 1864 auf
dem James River durch einen Coal-torpedo seinen Untergang.

Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß der "Greyhound" nur
ein kleines, gebrechliches Fahrzeug war und daß die Anwendung dieser
Waffe und die Bezeichnung "Torpedo" für dieselbe Mißbräuche sind.

Es bleiben sonach 33 Fälle übrig, von denen 27 auf mehr oder
minder erfolgreiche Explosionen von stationären Minen zu rechnen
sind, während Torpedoboote, darunter wieder ein Unterwasserboot,
sechsmal in Aktion getreten sind.

Die vorhin genannten 27 Fälle sind schnell aufgezählt. Sie
betreffen nur Nordstaatenschiffe und Minen der Südstaaten:

1. Am 12. Dezember 1862 gerieth das Panzerschiff "Cairo"
im Yazoo-River auf eine Mine und sank in 12 Minuten.

Dasselbe Schicksal ereilte die nachstehenden Schiffe:

2. Kanonenboot "Baron de Kalb", Yazoo-River, 22. Juli 1863.

3. Ein Parlamentärboot, James-River, Ende 1863.

4. Transportdampfer "Maple Leaf", St. Johns-River,
Florida, 1. April 1864.

5. Gepanzertes Schiff "Eastport", Red-River, 15. April 1864.

6. Dampfer "Commodore Jones", James-River, 6. Mai 1864.

*) Z. B. von dem sogenannten Massenmörder Thomas 11. Dezember 1875
gegen den Dampfer des Norddeutschen Lloyd "Mosel". Der Mann hieß
übrigens Keith und war Amerikaner.

2. Kapitel. Die Minen und Torpedos im nordamerikaniſchen Bürgerkriege.
wie ſpäter,*) wenn auch nicht als Kriegsmittel, gebraucht worden iſt,
eine Mine oder gar einen Torpedo nennen wollte.

Der zweite Fall, d. i. der Untergang des Nordſtaaten-Kanonen-
bootes „Greyhound“, betrifft die Anwendung des ſogenannten Coal-
torpedo
. Die Kohlentorpedos waren nichts Anderes als Papp-
gefäße, welche mit 5 kg ſehr briſanten Pulvers gefüllt waren, und
denen man künſtlich das äußere Anſehen eines Kohlenſtückes, wie es
aus dem Schachte gefördert und an Bord verheizt wird, ge-
geben hatte.

Die Südſtaaten hatten eine Zahl von Strolchen und verkommenen
Subjekten zu einem förmlichen Korps organiſirt, welches dieſe Unheil
bergenden, nichtswürdigen Minen unter die Kohlen zu miſchen hatte,
die für die Nordſtaatenſchiffe beſtimmt waren. Gelangte ſolche
Mine in die Feuer eines Keſſels, ſo explodirte ſie, und thatſächlich
fand das oben genannte Kanonenboot am 27. November 1864 auf
dem James River durch einen Coal-torpedo ſeinen Untergang.

Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß der „Greyhound“ nur
ein kleines, gebrechliches Fahrzeug war und daß die Anwendung dieſer
Waffe und die Bezeichnung „Torpedo“ für dieſelbe Mißbräuche ſind.

Es bleiben ſonach 33 Fälle übrig, von denen 27 auf mehr oder
minder erfolgreiche Exploſionen von ſtationären Minen zu rechnen
ſind, während Torpedoboote, darunter wieder ein Unterwaſſerboot,
ſechsmal in Aktion getreten ſind.

Die vorhin genannten 27 Fälle ſind ſchnell aufgezählt. Sie
betreffen nur Nordſtaatenſchiffe und Minen der Südſtaaten:

1. Am 12. Dezember 1862 gerieth das Panzerſchiff „Cairo“
im Yazoo-River auf eine Mine und ſank in 12 Minuten.

Daſſelbe Schickſal ereilte die nachſtehenden Schiffe:

2. Kanonenboot „Baron de Kalb“, Yazoo-River, 22. Juli 1863.

3. Ein Parlamentärboot, James-River, Ende 1863.

4. Transportdampfer „Maple Leaf“, St. Johns-River,
Florida, 1. April 1864.

5. Gepanzertes Schiff „Eaſtport“, Red-River, 15. April 1864.

6. Dampfer „Commodore Jones“, James-River, 6. Mai 1864.

*) Z. B. von dem ſogenannten Maſſenmörder Thomas 11. Dezember 1875
gegen den Dampfer des Norddeutſchen Lloyd „Moſel“. Der Mann hieß
übrigens Keith und war Amerikaner.
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[9/0023] 2. Kapitel. Die Minen und Torpedos im nordamerikaniſchen Bürgerkriege. wie ſpäter, *) wenn auch nicht als Kriegsmittel, gebraucht worden iſt, eine Mine oder gar einen Torpedo nennen wollte. Der zweite Fall, d. i. der Untergang des Nordſtaaten-Kanonen- bootes „Greyhound“, betrifft die Anwendung des ſogenannten Coal- torpedo. Die Kohlentorpedos waren nichts Anderes als Papp- gefäße, welche mit 5 kg ſehr briſanten Pulvers gefüllt waren, und denen man künſtlich das äußere Anſehen eines Kohlenſtückes, wie es aus dem Schachte gefördert und an Bord verheizt wird, ge- geben hatte. Die Südſtaaten hatten eine Zahl von Strolchen und verkommenen Subjekten zu einem förmlichen Korps organiſirt, welches dieſe Unheil bergenden, nichtswürdigen Minen unter die Kohlen zu miſchen hatte, die für die Nordſtaatenſchiffe beſtimmt waren. Gelangte ſolche Mine in die Feuer eines Keſſels, ſo explodirte ſie, und thatſächlich fand das oben genannte Kanonenboot am 27. November 1864 auf dem James River durch einen Coal-torpedo ſeinen Untergang. Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß der „Greyhound“ nur ein kleines, gebrechliches Fahrzeug war und daß die Anwendung dieſer Waffe und die Bezeichnung „Torpedo“ für dieſelbe Mißbräuche ſind. Es bleiben ſonach 33 Fälle übrig, von denen 27 auf mehr oder minder erfolgreiche Exploſionen von ſtationären Minen zu rechnen ſind, während Torpedoboote, darunter wieder ein Unterwaſſerboot, ſechsmal in Aktion getreten ſind. Die vorhin genannten 27 Fälle ſind ſchnell aufgezählt. Sie betreffen nur Nordſtaatenſchiffe und Minen der Südſtaaten: 1. Am 12. Dezember 1862 gerieth das Panzerſchiff „Cairo“ im Yazoo-River auf eine Mine und ſank in 12 Minuten. Daſſelbe Schickſal ereilte die nachſtehenden Schiffe: 2. Kanonenboot „Baron de Kalb“, Yazoo-River, 22. Juli 1863. 3. Ein Parlamentärboot, James-River, Ende 1863. 4. Transportdampfer „Maple Leaf“, St. Johns-River, Florida, 1. April 1864. 5. Gepanzertes Schiff „Eaſtport“, Red-River, 15. April 1864. 6. Dampfer „Commodore Jones“, James-River, 6. Mai 1864. *) Z. B. von dem ſogenannten Maſſenmörder Thomas 11. Dezember 1875 gegen den Dampfer des Norddeutſchen Lloyd „Moſel“. Der Mann hieß übrigens Keith und war Amerikaner.

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Zitationshilfe: Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/23>, abgerufen am 28.03.2024.