Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Gräfinn von G**
ganz bezaubernd ist. Der Verstand thut
nicht viel dabey, sondern das Herz redet
meistens allein. Vielleicht wird man das,
was ich sagen will, am besten aus seinem
Briefe selber erkennen:

Mein Fräulein,

Jch liebe Sie. Erschrecken Sie nicht
über dieses Bekenntniß, oder wenn Sie
ja über die Dreistigkeit, mit der ichs Jh-
nen thue, erschrecken müssen: so beden-
ken Sie, ob dieser Fehler nicht eine Wir-
kung meiner Aufrichtigkeit seyn kann. Las-
sen Sie mich ausreden, liebstes Fräulein.
Doch was soll ich sagen? Jch liebe Sie,
dieß ist es alles. Und ich habe Sie von
dem ersten Augenblicke an geliebet, da ich
sie vor einem Jahre gesehen und gespro-
chen habe. Jch gestehe Jhnen aufrichtig,
daß ich mich bemüht habe, Sie zu ver-
gessen, weil es die Umstände in meinem
Vaterlande verlangten; aber alle meine
Mühe ist vergebens gewesen, und hat zu

nichts

Gräfinn von G**
ganz bezaubernd iſt. Der Verſtand thut
nicht viel dabey, ſondern das Herz redet
meiſtens allein. Vielleicht wird man das,
was ich ſagen will, am beſten aus ſeinem
Briefe ſelber erkennen:

Mein Fräulein,

Jch liebe Sie. Erſchrecken Sie nicht
über dieſes Bekenntniß, oder wenn Sie
ja über die Dreiſtigkeit, mit der ichs Jh-
nen thue, erſchrecken müſſen: ſo beden-
ken Sie, ob dieſer Fehler nicht eine Wir-
kung meiner Aufrichtigkeit ſeyn kann. Laſ-
ſen Sie mich ausreden, liebſtes Fräulein.
Doch was ſoll ich ſagen? Jch liebe Sie,
dieß iſt es alles. Und ich habe Sie von
dem erſten Augenblicke an geliebet, da ich
ſie vor einem Jahre geſehen und geſpro-
chen habe. Jch geſtehe Jhnen aufrichtig,
daß ich mich bemüht habe, Sie zu ver-
geſſen, weil es die Umſtände in meinem
Vaterlande verlangten; aber alle meine
Mühe iſt vergebens geweſen, und hat zu

nichts
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0011" n="11"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Gräfinn von G**</hi></fw><lb/>
ganz bezaubernd i&#x017F;t. Der Ver&#x017F;tand thut<lb/>
nicht viel dabey, &#x017F;ondern das Herz redet<lb/>
mei&#x017F;tens allein. Vielleicht wird man das,<lb/>
was ich &#x017F;agen will, am be&#x017F;ten aus &#x017F;einem<lb/>
Briefe &#x017F;elber erkennen:</p><lb/>
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <opener>
                <salute>Mein Fräulein,</salute>
              </opener><lb/>
              <p>Jch liebe Sie. Er&#x017F;chrecken Sie nicht<lb/>
über die&#x017F;es Bekenntniß, oder wenn Sie<lb/>
ja über die Drei&#x017F;tigkeit, mit der ichs Jh-<lb/>
nen thue, er&#x017F;chrecken mü&#x017F;&#x017F;en: &#x017F;o beden-<lb/>
ken Sie, ob die&#x017F;er Fehler nicht eine Wir-<lb/>
kung meiner Aufrichtigkeit &#x017F;eyn kann. La&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Sie mich ausreden, lieb&#x017F;tes Fräulein.<lb/>
Doch was &#x017F;oll ich &#x017F;agen? Jch liebe Sie,<lb/>
dieß i&#x017F;t es alles. Und ich habe Sie von<lb/>
dem er&#x017F;ten Augenblicke an geliebet, da ich<lb/>
&#x017F;ie vor einem Jahre ge&#x017F;ehen und ge&#x017F;pro-<lb/>
chen habe. Jch ge&#x017F;tehe Jhnen aufrichtig,<lb/>
daß ich mich bemüht habe, Sie zu ver-<lb/>
ge&#x017F;&#x017F;en, weil es die Um&#x017F;tände in meinem<lb/>
Vaterlande verlangten; aber alle meine<lb/>
Mühe i&#x017F;t vergebens gewe&#x017F;en, und hat zu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nichts</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0011] Gräfinn von G** ganz bezaubernd iſt. Der Verſtand thut nicht viel dabey, ſondern das Herz redet meiſtens allein. Vielleicht wird man das, was ich ſagen will, am beſten aus ſeinem Briefe ſelber erkennen: Mein Fräulein, Jch liebe Sie. Erſchrecken Sie nicht über dieſes Bekenntniß, oder wenn Sie ja über die Dreiſtigkeit, mit der ichs Jh- nen thue, erſchrecken müſſen: ſo beden- ken Sie, ob dieſer Fehler nicht eine Wir- kung meiner Aufrichtigkeit ſeyn kann. Laſ- ſen Sie mich ausreden, liebſtes Fräulein. Doch was ſoll ich ſagen? Jch liebe Sie, dieß iſt es alles. Und ich habe Sie von dem erſten Augenblicke an geliebet, da ich ſie vor einem Jahre geſehen und geſpro- chen habe. Jch geſtehe Jhnen aufrichtig, daß ich mich bemüht habe, Sie zu ver- geſſen, weil es die Umſtände in meinem Vaterlande verlangten; aber alle meine Mühe iſt vergebens geweſen, und hat zu nichts

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/11
Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/11>, abgerufen am 29.03.2024.