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Geier, Martin: Die köstlichste Arbeit/ aus dem 119. Psalm v. 54. [...] bei Ansehnlicher und Volckreicher Leichbestattung Des [...] Herrn Henrich Schützens [...]. Dresden, 1672.

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Die köstlichste Arbeit.
furcht etc: Setzet hierauff/ das man mit den Singen solle dahin zie-
len/ damit der unsaubere geist von Saul vertrieben werden möge/ nicht
aber/ daß er durch solche üppige und täntzerliche manieren seinen einzug
desto eher befödere/ wen aus GOttes Kirche ein theatrum gemacht
wird. Denen Päbstlern zu liebe setzen wir hieher die Wort ihres
Drexelii aus der rhetor. coel. l. 1. c. 5. §. 4. m. f. 78: Heic pace
vestra dixerim, o musici; nunc templis dominatur genus cantan-
di novum, sed exorbitans, concisum, saltatorium, & parum pro-
fecto religiosum, theatro aut choreae convenientius, qvam tem-
plo. Artificium qvaerimus, & perdimus priscum precandi ac can-
canti studium: curiositati consulimus, sed reverae negligimus
pietatem. Qvid enim novitia haec & tripudians cantandi ratio,
nisi comoedia est, in qvae cantores veluti actores sint, qvorum mo-
do unus prodit, modo duo, modo simul prodeunt omnes, &
modulatis vocibus colloqvuntur; mox iterum unus triumphat
solus, caeteris brevi secuturis.
das ist/ Verzeihet mir ihr Herrn
Musici; itzt herschet in der Kirche gar eine span-neue sing-art/
aber ausschweiffig/ gebrochen/ täntzerlich/ und gar im wenigsten
andächtig; mehr reimet sie sich zum theatro und tantzplatz/ als
zur Kirche. Kunst suchen wir/ und hierüber verlieren wir den
alten fleis zu beten und zu singen; unserm fürwitz rathen wir/ aber
in der warheit verlieren wir dabei unsere Gottesfurcht. Den
was ist diese neue hüpfferliche manier zu singen anders/ als eine
comoedie, da die sänger die agirende personen sein/ derer bald ei-
ner/ bald zwene/ bald alle mit einander heraus tretten/ und mit
gebrochenen stimmen durch einander reden? itzt hat einer das
maul alleine/ bald folgen die andern hernach/ und überschreien
ihn; etc. Hierauff fähret er weiter fort/ und stellets dar/ das die üppige
Kirchen-music nichts anders in der that sei/ als Welsche Singe-co-
moedien
; beziehet sich ferne auff die Tapffern alten Musicos, welche
weit gravitätischer und andächtiger mit GOttes rechten umgegan-

gen/

Die koͤſtlichſte Arbeit.
furcht etc: Setzet hierauff/ das man mit den Singen ſolle dahin zie-
len/ damit der unſaubere geiſt von Saul vertrieben werden moͤge/ nicht
aber/ daß er durch ſolche uͤppige und taͤntzerliche manieren ſeinen einzug
deſto eher befoͤdere/ wen aus GOttes Kirche ein theatrum gemacht
wird. Denen Paͤbſtlern zu liebe ſetzen wir hieher die Wort ihres
Drexelii aus der rhetor. coel. l. 1. c. 5. §. 4. m. f. 78: Hîc pace
veſtrâ dixerim, ò muſici; nunc templis dominatur genus cantan-
di novum, ſed exorbitans, conciſum, ſaltatorium, & parùm pro-
fectó religioſum, theatro aut choreæ convenientius, qvàm tem-
plo. Artificium qværimus, & perdimus priſcum precandi ac can-
canti ſtudium: curioſitati conſulimus, ſed reveræ negligimus
pietatem. Qvid enim novitia hæc & tripudians cantandi ratio,
niſi comœdia eſt, in qvæ cantores veluti actores ſint, qvorum mo-
dò unus prodit, modò duo, modò ſimul prodeunt omnes, &
modulatis vocibus colloqvuntur; mox iterum unus triumphat
ſolus, cæteris brevi ſecuturis.
das iſt/ Verzeihet mir ihr Herrn
Muſici; itzt herſchet in der Kirche gar eine ſpan-neue ſing-art/
aber ausſchweiffig/ gebrochen/ taͤntzerlich/ und gar im wenigſten
andaͤchtig; mehr reimet ſie ſich zum theatro und tantzplatz/ als
zur Kirche. Kunſt ſuchen wir/ und hieruͤber verlieren wir den
alten fleis zu beten und zu ſingen; unſerm fuͤrwitz rathen wir/ aber
in der warheit verlieren wir dabei unſere Gottesfurcht. Den
was iſt dieſe neue huͤpfferliche manier zu ſingen anders/ als eine
comœdie, da die ſaͤnger die agirende perſonen ſein/ derer bald ei-
ner/ bald zwene/ bald alle mit einander heraus tretten/ und mit
gebrochenen ſtimmen durch einander reden? itzt hat einer das
maul alleine/ bald folgen die andern hernach/ und uͤberſchreien
ihn; etc. Hierauff faͤhret er weiter fort/ und ſtellets dar/ das die uͤppige
Kirchen-muſic nichts anders in der that ſei/ als Welſche Singe-co-
mœdien
; beziehet ſich ferne auff die Tapffern alten Muſicos, welche
weit gravitätiſcher und andaͤchtiger mit GOttes rechten umgegan-

gen/
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[0032] Die koͤſtlichſte Arbeit. furcht etc: Setzet hierauff/ das man mit den Singen ſolle dahin zie- len/ damit der unſaubere geiſt von Saul vertrieben werden moͤge/ nicht aber/ daß er durch ſolche uͤppige und taͤntzerliche manieren ſeinen einzug deſto eher befoͤdere/ wen aus GOttes Kirche ein theatrum gemacht wird. Denen Paͤbſtlern zu liebe ſetzen wir hieher die Wort ihres Drexelii aus der rhetor. coel. l. 1. c. 5. §. 4. m. f. 78: Hîc pace veſtrâ dixerim, ò muſici; nunc templis dominatur genus cantan- di novum, ſed exorbitans, conciſum, ſaltatorium, & parùm pro- fectó religioſum, theatro aut choreæ convenientius, qvàm tem- plo. Artificium qværimus, & perdimus priſcum precandi ac can- canti ſtudium: curioſitati conſulimus, ſed reveræ negligimus pietatem. Qvid enim novitia hæc & tripudians cantandi ratio, niſi comœdia eſt, in qvæ cantores veluti actores ſint, qvorum mo- dò unus prodit, modò duo, modò ſimul prodeunt omnes, & modulatis vocibus colloqvuntur; mox iterum unus triumphat ſolus, cæteris brevi ſecuturis. das iſt/ Verzeihet mir ihr Herrn Muſici; itzt herſchet in der Kirche gar eine ſpan-neue ſing-art/ aber ausſchweiffig/ gebrochen/ taͤntzerlich/ und gar im wenigſten andaͤchtig; mehr reimet ſie ſich zum theatro und tantzplatz/ als zur Kirche. Kunſt ſuchen wir/ und hieruͤber verlieren wir den alten fleis zu beten und zu ſingen; unſerm fuͤrwitz rathen wir/ aber in der warheit verlieren wir dabei unſere Gottesfurcht. Den was iſt dieſe neue huͤpfferliche manier zu ſingen anders/ als eine comœdie, da die ſaͤnger die agirende perſonen ſein/ derer bald ei- ner/ bald zwene/ bald alle mit einander heraus tretten/ und mit gebrochenen ſtimmen durch einander reden? itzt hat einer das maul alleine/ bald folgen die andern hernach/ und uͤberſchreien ihn; etc. Hierauff faͤhret er weiter fort/ und ſtellets dar/ das die uͤppige Kirchen-muſic nichts anders in der that ſei/ als Welſche Singe-co- mœdien; beziehet ſich ferne auff die Tapffern alten Muſicos, welche weit gravitätiſcher und andaͤchtiger mit GOttes rechten umgegan- gen/

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Zitationshilfe: Geier, Martin: Die köstlichste Arbeit/ aus dem 119. Psalm v. 54. [...] bei Ansehnlicher und Volckreicher Leichbestattung Des [...] Herrn Henrich Schützens [...]. Dresden, 1672, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geier_schuetz_1672/32>, abgerufen am 28.03.2024.