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Geier, Martin: Die köstlichste Arbeit/ aus dem 119. Psalm v. 54. [...] bei Ansehnlicher und Volckreicher Leichbestattung Des [...] Herrn Henrich Schützens [...]. Dresden, 1672.

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Die köstlichste Arbeit.
cum cantantium chorus libertate sua utens, neq; in consonum
organi adstrictus obseqvium, hymno canorae tantum vocis exul-
tat. Canticum a. psalmi est, cum organo praecinente subse-
qvens & aemula organo voc chori cunctis auditur, modum psal-
terii modulis vocus imitata, Psalmus v. cantici est, cum choro
antecanenti humanae cantionis hymno ars organi consonantis
aptatur, vocisq; modulis praecinentis pari psalterium svavitate
modulatur. Augustinus
über den 72. Psalm schreibet also: Hymni
laudes sunt Dei cum cantico. Hymni cantus sunt continentes
laudes Dei. Si sit laus, & non sit Dei, non est hymnus. Si sit
laus, & Deu laus, & non cantetur, non est hymnus. Oportet er-
go, ut si sit hymnus, habeat haec tria, & laudem, & Dei, & canti-
cum.
Woraus den so viel zu nehmen/ das es mit instrumental music/
nach dieser heiligen Väter meinung/ so ungereimt nicht sei/ gute an-
dacht/ hertzliche freude in GOtt/ wie auch geziemendes lob desselben
zubefördern; anderst würden sie wohl solcher instrument so hoch nicht
geachtet haben. Was der Mönche und Nonnen ihr unvernünfftiges
Lohn-Gesänge in Klöstern betrifft/ da der Zehende/ ja kaum der Hunder-
te/ verstehet/ was er singet/ und es recht heisset/ wie der HErr zu den
Söhnen Zebedei sagte: ihr wisset nicht/ was ihr bittet/ (Matth. 20,
22.)
da auch bei dem lateinischen gelöre die wenigsten Zuhörer das
Amen sprechen können/ (1. Corinth. 14, 16.) wollen wir auch nicht
viel Zeit verlieren. Was das heisse/ was Hose. 7, 14. stehet: sie
ruffen mich nicht an von Hertzen/ sondern [fremdsprachliches Material] lören (blöken und
heulen) auff ihren lagern/ geben wir ihnen in dessen zu bedencken.

Gleichwohl aber werden viel auch unter uns nicht von Grunde
ihres Hertzens mit David sprechen können: Deine rechte sind mein
Lied in meinem Hause/ in dem ihrer viel gar schlechte beliebung dazu
tragen. Zwar Lieder sind noch wohl zu hören; aber was für lieder?
sauff-lieder/ schandbare bulen-lieder/ hönische spott-lieder/ und was der-
gleichen üppigkeit befördert. Da finden sich manche geile Ovidii und

Catulli,
E

Die koͤſtlichſte Arbeit.
cum cantantium chorus libertate ſuâ utens, neq; in conſonum
organi adſtrictus obſeqvium, hymnô canoræ tantum vocis exul-
tat. Canticum a. pſalmi eſt, cum organo præcinente ſubſe-
qvens & æmula organo voc chori cunctis auditur, modum pſal-
terii modulis vocus imitata, Pſalmus v. cantici eſt, cum choró
antecanenti humanæ cantionis hymno ars organi conſonantis
aptatur, vocisq; modulis præcinentis pari pſalterium ſvavitate
modulatur. Auguſtinus
uͤber den 72. Pſalm ſchreibet alſo: Hymni
laudes ſunt Dei cum cantico. Hymni cantus ſunt continentes
laudes Dei. Si ſit laus, & non ſit Dei, non eſt hymnus. Si ſit
laus, & Deu laus, & non cantetur, non eſt hymnus. Oportet er-
gò, ut ſi ſit hymnus, habeat hæc tria, & laudem, & Dei, & canti-
cum.
Woraus den ſo viel zu nehmen/ das es mit inſtrumental muſic/
nach dieſer heiligen Vaͤter meinung/ ſo ungereimt nicht ſei/ gute an-
dacht/ hertzliche freude in GOtt/ wie auch geziemendes lob deſſelben
zubefoͤrdern; anderſt wuͤrden ſie wohl ſolcher inſtrument ſo hoch nicht
geachtet haben. Was der Moͤnche und Nonnen ihr unvernuͤnfftiges
Lohn-Geſaͤnge in Kloͤſtern betrifft/ da der Zehende/ ja kaum der Hunder-
te/ verſtehet/ was er ſinget/ und es recht heiſſet/ wie der HErr zu den
Soͤhnen Zebedei ſagte: ihr wiſſet nicht/ was ihr bittet/ (Matth. 20,
22.)
da auch bei dem lateiniſchen geloͤre die wenigſten Zuhoͤrer das
Amen ſprechen koͤnnen/ (1. Corinth. 14, 16.) wollen wir auch nicht
viel Zeit verlieren. Was das heiſſe/ was Hoſe. 7, 14. ſtehet: ſie
ruffen mich nicht an von Hertzen/ ſondern [fremdsprachliches Material] loͤren (bloͤken und
heulen) auff ihren lagern/ geben wir ihnen in deſſen zu bedencken.

Gleichwohl aber werden viel auch unter uns nicht von Grunde
ihres Hertzens mit David ſprechen koͤnnen: Deine rechte ſind mein
Lied in meinem Hauſe/ in dem ihrer viel gar ſchlechte beliebung dazu
tragen. Zwar Lieder ſind noch wohl zu hoͤren; aber was fuͤr lieder?
ſauff-lieder/ ſchandbare bulen-lieder/ hoͤniſche ſpott-lieder/ und was der-
gleichen uͤppigkeit befoͤrdert. Da finden ſich manche geile Ovidii und

Catulli,
E
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[0029] Die koͤſtlichſte Arbeit. cum cantantium chorus libertate ſuâ utens, neq; in conſonum organi adſtrictus obſeqvium, hymnô canoræ tantum vocis exul- tat. Canticum a. pſalmi eſt, cum organo præcinente ſubſe- qvens & æmula organo voc chori cunctis auditur, modum pſal- terii modulis vocus imitata, Pſalmus v. cantici eſt, cum choró antecanenti humanæ cantionis hymno ars organi conſonantis aptatur, vocisq; modulis præcinentis pari pſalterium ſvavitate modulatur. Auguſtinus uͤber den 72. Pſalm ſchreibet alſo: Hymni laudes ſunt Dei cum cantico. Hymni cantus ſunt continentes laudes Dei. Si ſit laus, & non ſit Dei, non eſt hymnus. Si ſit laus, & Deu laus, & non cantetur, non eſt hymnus. Oportet er- gò, ut ſi ſit hymnus, habeat hæc tria, & laudem, & Dei, & canti- cum. Woraus den ſo viel zu nehmen/ das es mit inſtrumental muſic/ nach dieſer heiligen Vaͤter meinung/ ſo ungereimt nicht ſei/ gute an- dacht/ hertzliche freude in GOtt/ wie auch geziemendes lob deſſelben zubefoͤrdern; anderſt wuͤrden ſie wohl ſolcher inſtrument ſo hoch nicht geachtet haben. Was der Moͤnche und Nonnen ihr unvernuͤnfftiges Lohn-Geſaͤnge in Kloͤſtern betrifft/ da der Zehende/ ja kaum der Hunder- te/ verſtehet/ was er ſinget/ und es recht heiſſet/ wie der HErr zu den Soͤhnen Zebedei ſagte: ihr wiſſet nicht/ was ihr bittet/ (Matth. 20, 22.) da auch bei dem lateiniſchen geloͤre die wenigſten Zuhoͤrer das Amen ſprechen koͤnnen/ (1. Corinth. 14, 16.) wollen wir auch nicht viel Zeit verlieren. Was das heiſſe/ was Hoſe. 7, 14. ſtehet: ſie ruffen mich nicht an von Hertzen/ ſondern _ loͤren (bloͤken und heulen) auff ihren lagern/ geben wir ihnen in deſſen zu bedencken. Gleichwohl aber werden viel auch unter uns nicht von Grunde ihres Hertzens mit David ſprechen koͤnnen: Deine rechte ſind mein Lied in meinem Hauſe/ in dem ihrer viel gar ſchlechte beliebung dazu tragen. Zwar Lieder ſind noch wohl zu hoͤren; aber was fuͤr lieder? ſauff-lieder/ ſchandbare bulen-lieder/ hoͤniſche ſpott-lieder/ und was der- gleichen uͤppigkeit befoͤrdert. Da finden ſich manche geile Ovidii und Catulli, E

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Zitationshilfe: Geier, Martin: Die köstlichste Arbeit/ aus dem 119. Psalm v. 54. [...] bei Ansehnlicher und Volckreicher Leichbestattung Des [...] Herrn Henrich Schützens [...]. Dresden, 1672, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geier_schuetz_1672/29>, abgerufen am 28.03.2024.